Smart-TV:Warum ein teurer Internet-Fernseher nicht notwendig ist

Wer Internet-Fernsehen haben und nicht auf Google-TV warten möchte, braucht trotzdem kein neues und teures Gerät. Ein normaler Computer reicht, denn Home Theater PC macht Internet-Fernsehen jetzt auch für den Normalanwender ganz einfach.

Peter Stelzel-Morawietz

Die Werbung mit den Begriffen Smart-TV oder Internet-Fernseher verspricht all die Möglichkeiten, die das weltumspannende Netz so bietet. Doch schaut man sich internetfähige TV-Geräte einmal genauer an, fällt die Bilanz ernüchternd aus: Da stehen dann bestenfalls ein paar Dutzend vorgefertigte Anwendungen zur Verfügung, darunter reine Sparten-Apps wie Audi-TV oder Tennis-Nachrichten. Das Internet auf der Couch stellt man sich anders vor.

Wer nicht mit den Einschränkungen der Fernsehhersteller leben oder auf Google-TV warten möchte, holt sich mit einem richtigen Computer deutlich mehr Möglichkeiten ins Wohnzimmer. Das klingt nach grauer Kiste, die mit einer Tastatur zu bedienen ist. Doch das muss nicht so sein: Geräte mit der Bezeichnung Home Theater PC, abgekürzt HTPC, bieten nicht nur ein formschönes Gehäuse, sondern bringen auch eine Fernbedienung mit, wie man sie vom Fernseher kennt.

Die Auswahl solcher HTPCs ist mittlerweile groß, mehrere hundert Modelle stehen zur Auswahl. Einige Hersteller bieten nur Gehäuse an, sodass man die weiteren Komponenten selbst zusammenstellen kann. Andere Anbieter wiederum haben komplette HTPCs zu Preisen von etwa 350 Euro an im Programm. Die Größe reicht vom Hi-Fi-Maß aus früheren Zeiten bis zum Mini-PC, der kleiner als eine CD-Hülle ist. Da steckt dann natürlich kein DVD- oder Blu-ray-Laufwerk mehr drin, doch in Zeiten von Online-Videotheken und Streaming stellt sich durchaus die Frage, ob man ein optisches Laufwerk noch braucht.

Bereit für den Normalanwender

Von der Erstkonfiguration abgesehen werden die Wohnzimmerrechner per Fernbedienung über eine Bedienoberfläche mit großen Schaltflächen wie bei modernen Fernsehern gesteuert. Diese sogenannte Media-Center-Software wird auf das Betriebssystem - also Windows, Mac OS oder Linux - aufgespielt. Von den PC-typischen Symbolen oder dem Desktop sieht man dann nichts mehr, weil der Rechner direkt mit der Fernsehoberfläche startet - aus dem Stand-by-Modus in zwei oder drei Sekunden.

Im Prinzip lässt sich das alles schon lange realisieren, doch erst jetzt ist es so einfach, dass ein Home-Theater-Gerät auch für Normalanwender zu beherrschen ist. So steckt ein Media Center in allen Versionen von Microsofts aktuellem Betriebssystem Windows 7. Ein paar Minuten zum Einrichten genügen also.

Deutlich mehr Möglichkeiten bietet die kostenfreie Software MediaPortal, die sich auf jedem Windows-Computer installieren lässt. Media Portal kann deshalb mehr als Internet-Fernseher, weil das System offen ist und nicht auf Apps begrenzt, die man herunterladen muss oder vom Hersteller aufgespielt bekommt.

Über eine Schnittstelle für Erweiterungen lassen sich auf HTPCs eine Menge Zusatzprogramme aus dem Internet installieren. Der einfache Zugriff auf die Online-Mediatheken der Fernsehsender, das Stöbern in Youtube oder Wikipedia, das komplette Fernsehprogramm, die Mails aus Outlook, ein bequemer und sogar für Serien geeigneter Videorekorder und vieles mehr steht dann im Wohnzimmer zur Verfügung.

Sogar für die weitverbreitete Fritzbox, also die Kombination aus Internet-Router und Telefonzentrale, existiert ein Plug-in. Wenn das Telefon klingelt zeigt der Fernseher an, wer anruft.

Der Zugriff auf Videos und Fotos sowie auf die eigene Musiksammlung ist mit einer Media-Center-Software selbstverständlich. Die Inhalte können dabei sowohl auf dem HTPC selbst gespeichert sein, als auch irgendwo im Netzwerk liegen, beispielsweise auf einer Netzwerkfestplatte. Ein Netzwerkanschluss im Wohnzimmer ist für die Online-Videotheken und auch alle übrigen Internet-Inhalte ohnehin Voraussetzung. Fehlt der Internetanschluss im Wohnzimmer, kann man das Signal entweder per Wlan oder Powerline-Adapter über die Steckdose zum Fernseh-PC holen.

Zweite Voraussetzung ist ein TV-Empfänger am Wohnzimmer-PC. Bei größeren Rechnern empfiehlt sich eine TV-Karte zum Einbauen, bei Mini-PCs schließt man den Empfänger, der nur so groß ist wie ein normaler USB-Stick, per USB an den Rechner an. Für die Auswahl des richtigen Empfängers kommt es dann insbesondere auf die Art des Empfangssignals an. Wer über Kabel fernsieht, benötigt einen Tuner für DVB-C, bei Satellit muss DVB-S2 draufstehen und für digitales Fernsehen über Antenne ist eine DVB-T-Karte oder -Stick erforderlich. Nur für IPTV, das Fernsehsignal über das Internet, braucht man keine separate zusätzliche Empfangseinheit.

Kein Netzwerkanschluss notwendig

Da jeder halbwegs moderne Fernseher ebenso wie ein HTPC über einen HDMI-Anschluss verfügt, verbindet man beide Geräte für die Bild- und Tonübertragung einfach mit einem HDMI-Kabel. Full-HD-Auflösung (1920 x 1080) ist zwar wünschenswert, aber keineswegs Voraussetzung. Im Prinzip eignen sich die meisten der in den letzten fünf Jahren gekauften Fernseher zusammen mit einem Rechner im Wohnzimmer als echtes Smart-TV. Insbesondere der Fernseher selbst benötigt keinen Netzwerkanschluss, das übernimmt der PC.

In der Praxis bietet die Kombination aus PC, TV-Gerät und Software weit mehr Möglichkeiten, als die Industrie selbst bei der neuesten Fernsehergeneration bereithält. Weil man damit die smarten Funktionen in den PC auslagert, kann man auch ein etwas günstigeres Fernsehgerät kaufen und zahlt so kaum mehr. Die Einrichtung von Microsofts Media Center oder von MediaPortal ist nicht schwierig, gewöhnliche PC-Kenntnisse wie das Installieren von Programmen genügen.

Wer sich die Kosten für eine Windows-Lizenz sparen möchte, bekommt zwar mit XBMC ebenfalls ein gutes Media Center für das kostenlose Linux-Betriebssystem. Das aber ist dann nichts mehr für Otto-Normal-Anwender.

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