Sexismus in Videospielen:Schlechtere Spieler beleidigen Frauen öfter

Screenshot aus dem Videospiel Halo 3

Screenshot aus dem Videospiel. Im Multiplayer-Modus von Halo 3 geht es allein darum, das gegnerische Team zu töten. Das Bild zeigt einen typischen Charakter in Panzerung.

(Foto: Screenshot Microsoft)
  • Männer, die Frauen in Videospielen beleidigen, sind gleichzeitig die schlechteren Spieler.
  • Das haben Wissenschaftler in einer Studie herausgefunden, die in einem renommierten Wissenschaftsmagazin erschienen ist.
  • Die schlechten Spieler befürchten, dass sie von den Frauen in der Hierarchie überholt werden.

Von Caspar von Au

Es gibt schlechte und weniger schlechte Verlierer. Erstere fallen dadurch auf, dass sie schon mal ihre Game-Controller durch das Zimmer pfeffern. Und sie werden wohl auch Frauen gegenüber schneller ausfällig, wie eine kürzlich im renommierten Wissenschaftsmagazin PLOS One veröffentlichte Studie zeigt. Männer, die Frauen beim Computerspielen beleidigen, sind gleichzeitig die schlechteren Spieler.

In ihrer Studie haben Michael Kasumovic und Jeffrey Kuznekoff beobachtet, wie Männer mit ihren Mitspielerinnen beim Videospiel Halo 3 umgehen. Halo 3 ist ein Ego-Shooter für die Konsole Xbox 360, bei dem die Spieler online gegeneinander spielen können. Das Spiel eignete sich nach Aussagen der Forscher deshalb gut für die Studie, weil das Ziel so simpel ist: Es geht allein darum, das gegnerische Team zu töten. Je mehr Gegner ein einzelner Spieler tötet, desto besser, so die Logik des Spiels.

Anzahl positiver Kommentare im Verhältnis zum Können (Studie: PLUS ONE)

Ein Diagramm aus der Studie verdeutlicht: Während Männer untereinander sich immer ähnlich freundlich behandeln (gestrichelte Linie), sind nur die besseren Spieler nett zu ihren Mitspielerinnen (durchgängige Linie).

(Foto: Diagramm/Kusamovic und Kuznekoff, 2015)

Während des Spiels kann man sich mit den anderen Spielern über einen Voice-Chat unterhalten. Die Mitspieler erkennen also, ob sie es mit einer Frau oder einem Mann zu tun haben. Dazu kommt: Die Spieler sind anonym und die Chance, dass sie jemanden nochmal treffen, ist verschwindend gering - das senkt die Hemmschwelle, sich unerkannt verbal auszutoben.

Männliche Spieler gehen untereinander freundlich miteinander um

Kazumovic und Kuznekoff haben in ihrer Studie 163 Partien untersucht, in denen die Mitspieler mit dem Versuchsspieler kommunizierten. Im Vorhinein haben sie vergleichsweise harmlose Aussagen mit einer Frauen- und einer Männerstimme aufgenommen."That was a great kill you just had", sagte zum Beispiel der Versuchsspieler. Das sollte die Mitspieler dazu animieren, selbst den Voice-Chat zu nutzen. Die Dialoge und Aussagen, die Kazumovic und Kuznekoff im Rahmen des Experiments sammelten, haben sie analysiert.

Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Männer untereinander relativ freundlich miteinander umgingen - unabhängig davon, wie gut oder schlecht sie das Spiel spielten. In gemischten Teams machten die besseren Spieler ihren Mitspielerinnen und Mitspielern sogar Komplimente. Die Männer aber, die selbst schlecht spielten, äußerten gemeine Kommentare gegenüber ihrer Mitspielerinnen und beleidigten sie. "Should've made me a sandwich, bitch", ist noch einer der netteren Sätze, die Kasumovic und Kuznekoff in ihrer Studie gesammelt haben. Explizit sexistische Kommentare gegenüber Frauen machten während der Beobachtung elf von 82 Spielern.

Die Beobachtungen zeigen: Das Internet ist teilweise noch immer ein Ort der Privilegierten: weiß, männlich, gebildet. Dort wehren sich die Nutzer gegen "Eindringlinge" - beispielsweise Frauen - und die Abschaffung der Diskriminierung. Im vergangenen Jahr löste etwa die #Gamergate-Affäre weltweite Empörung aus; gegen Reddits ehemalige Chefin Ellen Pao gab es vor einigen Wochen eine Petition mit 200 000 Unterschriften, die auch deshalb so erfolgreich war, weil Pao diskriminierende Subreddits abschaffen wollte.

Die Verlierer befürchten, von den Frauen überflügelt zu werden

"Männer setzen häufig auf Aggression, um ihren überlegenen sozialen Status zu wahren", sagte Michael Kasumovic der Washington Post. "Dass Männer mit niedrigem Status frauenfeindlicher sind, kann ein Versuch sein, die Leistung von Frauen zu schmälern, um den eigenen sozialen Rang zu behalten." Die Verlierer fürchten, von den Frauen in der Hackordnung überholt zu werden.

Doch auch die männerdominierten Gaming-Szene ändert sich: Eine Studie des Marktforschungsunternehmens Entertainment Software Association (ESA) zeigt: In den USA sind mittlerweile 46 Prozent der Gamer weiblich. Bald dürfte das Verhältnis komplett ausgeglichen sein.

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