Sexismus in der Technik-Szene:Eingeschüchtert und drangsaliert

Das Logo von Github: Die Octocat

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Sie sollte Frauen fördern - und hat nun bei dem Start-up gekündigt, weil sie das Arbeitsklima zu sexistisch findet. Der Fall von Julie Horvath und der Entwickler-Plattform Github zeigt, dass die amerikanische Technik-Community ein Problem damit hat, Frauen zu respektieren.

Von Hakan Tanriverdi

Julie Ann Horvath hatte eine besondere Stellung bei Github. Github ist eine Seite, auf der Programmierer gemeinsam an Projekten arbeiten können - einer lädt sein Projekt samt Code hoch, andere können diesen einsehen und kommentieren. Github hat sich so zu einer zentralen Anlaufstelle für Programmierer entwickelt, die Seite hat drei bis vier Millionen Nutzer, im vergangenen Jahr bekam das Unternehmen 100 Millionen US-Dollar Risikokapital.

Auf dieser Plattform sollte Horvath dafür sorgen, Frauen und ihre Arbeit in der Technik-Szene sichtbarer zu machen. Die Kampagne läuft unter dem Namen "Passion Projects". Sie sollte ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem Frauen sich willkommen fühlen und in der die von ihnen geleistete Arbeit respektiert wird. Der Chef von Github brüstet sich mit ihrem Erfolg. Doch ein Jahr nach dem Start von "Passion Projects" hat Horvath Github verlassen - weil ihr Arbeitsumfeld zu sexistisch sei.

Horvath hatte das Gefühl, dass sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wurde. "Ich wurde von einer 'Führungskraft' zwei Jahre lang belästigt", schrieb Horvath am Wochenende - es war einer von mehreren Tweets, in der die Programmiererin sich über die Situation äußerte (hier gebündelt). Dem Technik-Blog Techcrunch berichtete sie anschließend weitere Details.

Horvath sagt, dass die Männer, mit denen sie zusammenarbeitete, ihre Meinung geringgeschätzt und öffentlich über ihren Charakter diskutiert hätten. Ein weiterer Mitarbeiter habe ihr erst seine Liebe gestanden. Als er abgewiesen wurde, weil Horvath in einer Partnerschaft lebt, soll er die von Horvath geleistete Arbeit mehrfach sabotiert haben.

Sie schildert, wie einer der Gründer sie psychisch unter Druck gesetzt habe. Ihr sei gesagt worden, dass es Spione innerhalb des Unternehmens gebe und dass es möglich sei, alle Nachrichten der Mitarbeiter zu lesen. Horvath wurde drangsaliert und gedrängt, weder die Firma zu verlassen noch schlecht über sie zu reden.

Github hat in einer Stellungnahme beteuert, den Vorwürfen nachzugehen und sich bei Horvath entschuldigt. Github mache mit Horvaths Kündigung eine sehr schmerzhafte Erfahrung durch. Die von ihr genannten Personen wurden beurlaubt.

In den Vereinigten Staaten wird intensiv darüber debattiert, was die Technik-Szene unternehmen muss, um ein offensichtliches Problem zu lösen. Ein Problem, das sich statistisch ausdrücken lässt: 1985 wurden 37 Prozent aller Studienabschlüsse im Fach Informatik von Frauen gemacht; 2010 lag diese Zahl nur noch bei 18 Prozent (PDF). Der Technik-Industrie fehlen die Frauen.

Männer sind nur "Arschlöcher", Frauen wird sexistisch gedroht

Auch für die Aktivistin Jillian C. York ist diese Zahl ein Ausdruck dafür, wie weiß und männlich geprägt die Technik-Szene ist. Für manche Frauen könne das einschüchternd sein. "Wir entmutigen Frauen bereits in jungen Jahren, sich für dieses Feld zu interessieren", sagt sie. York leitet für die Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation - eine international angesehene Organisation, die zum Beispiel den Geheimdienst NSA erfolgreich verklagt hat - die Abteilung für Meinungsfreiheit. York gehört zu den Frauen, deren Stimmen durchdringen und wahrgenommen werden. Sie ist an einem Punkt, an dem sie gerne auch andere Frauen sehen würde.

York hat sich in einem Debattenbeitrag lautstark über die Technik-Szene und über die Art beschwert, wie dort Frauen missachtet werden. "Frauen kriegen viel weniger Aufmerksamkeit. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass Frauen weniger Risiken eingehen, um krasse Aussagen zu treffen", sagt sie. Denn wenn eine Frau sich derart stark positioniere, müsse sie umgehend massenhaft mit sexuellen Drohungen rechnen, so York. Das könne dazu führen, dass sich manche Frauen aus Selbstschutz heraus zurücknähmen. Ein Problem, das Männer in dieser Form nicht hätten, diese würden maximal als "Arschloch" betitelt.

York sagt: "Ein erster Schritt, um für mehr Gleichheit zu sorgen, ist es, aktiv nach Frauen zu suchen." Das gelte für viele Arbeitsfelder, auch für die Technikbranche. Aber dass dies allein anscheinend nicht ausreicht, zeigt nun der Fall von Horvath. Schließlich war genau das ihr erklärtes Ziel.

Mittlerweile hat Horvath eine Art Anleitung dafür erstellt, wie man gegen Belästigung vorgehen könne. Eine ihrer Forderungen lautet: "Jeder Mitarbeiter hat ein Recht auf ein sicheres Arbeitsumfeld und darauf, von seinen Kollegen respektiert zu werden. So etwas 'verdient' man sich nicht, das ist notwendig." Sie habe das nicht gehabt.

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