Presseschau: Google:Chinas große Firewall

Google lässt die Muskeln spielen: In China umgeht der Suchmaschinenanbieter die Zensur - doch die Kommentatoren überzeugt dieser Schritt nicht. Wird die Kraftprobe zum "Lose-Lose-Szenario"?

Neue Runde im Schlagabtausch zwischen Google und China: Nachdem der Internetkonzern seine Internet-Suche von Peking nach Hongkong verlegt und die Filterung der Suchergebnisse entsprechend den chinesischen Zensurbestimmungen eingestellt hatte, warnten die Behörden, Google verletze damit schriftliche Zusagen, die beim Einstieg in den Markt gemacht wurden. Das sein ein völlig falscher Schritt. Unter den Zeitungskommentatoren werden Zweifel an Googles Schritt laut.

Mit der Geschäfts-Verlagerung nach Hongkong riskiert Google den Rausschmiss aus China, das britische Wochenmagazin Economist schreibt dazu, dass das eine beunruhigenden Nachricht an die Firmen sende, die bleiben. Sowohl Werbende als auch Angestellte bekommen vor Augen geführt, dass sie bei lokalen Firmen besser aufgehoben sind.

Ein Rückzug könnte gleichzeitig auch ein neues Licht auf Google selbst werfen. Der Erfolg des Unternehmen wird oftmals auf die fortschrittliche Technik zurückgeführt. Wie der Fall China allerdings zeigt, greift das nur so lange, wie die lokale Gesetzgebung die Verlinkung und Verbreitung von Inhalten nicht beeinträchtigt. Bei veränderter Rechtslage fällt auch das wirtschaftliche Ergebnis deutlich anders aus, schreibt der Economist.

Für die Financial Times stellt die Entscheidung ein "Lose-Lose-Szenario" dar. "Sollte Google darauf gehofft haben, im Konflikt mit der chinesischen Regierung auf die Unterstüzung der Konkurrenz zählen zu können, hat sich der Konzern getäuscht." Microsoft-Chef Steve Ballmer ließ schnell wissen, dass es allein ein "Google-Problem" sei.

Sollte es Absicht des Konzerns gewesen sein, China vorzuführen, habe sich Google auch in diesem Punkt verrannt. Die großen Sino-amerikanischen Streitpunkte seien andere, heißt es in dem Bericht: Taiwan, Tibet und der Handelsüberschuss. In Internetcafés außerhalb der großen chinesischen Städte werde das Fehlen von Google wohl ohnehin kaum auffallen, schreibt das Blatt. Die digitale chinesische Mauer scheint furchterregender und undurchdringlicher denn je.

Für das Wall Street Journal wirkt Googles nur auf den ersten Blick wie ein cleverer Kompromiss zum moralischen Dilemma, das dem Konzern durch Chinas Zensurregeln auferlegt wird. Google riskiere aber, dass die wütenden Chinesen den Zugang zur Hongkong-Seite vom Festland einfach blockieren werden. Auf unabsehbare Zeit werde das dem Suchmaschinenbetreiber das Leben erschwerden. "Google scheint die chinesische Regierung geradezu herausfordern zu wollen", schreibt die Zeitung. Das Drama sei noch lange nicht zu Ende. "Allerdings hat Google China jetzt in Zugzwang gebracht", heißt es in dem Artikel.

Vorwurf aus China: Google hilft "feindlichen Kräften"

Das Center for Democracy & Technology (CDT) reagierte begeistert auf die Google-Entscheidung. In einer Presseerklärung teilte Instituts-Chefin Leslie Harris mit: "CDT applaudiert Google für das Bekenntnis zum Schutz der Menschenrechte und für den Einsatz, den Chinesen ungefilterten Zugang zu Informationsquellen von der ganzen Welt zu verschaffen. Ob die Bürger von Googles Manöver profitieren können, hängt jetzt voll und ganz von der Regierung ab. Wenn China den Zugang blockiert, wird den Chinesen allerdings vor Augen führen, wer in dem Land die Zensurhebel zieht."

Chinesische Medien attackierten den Internetkonzern hingegen heftig. In Kommentaren wurde Google vorgeworfen, mit seinem Engagement politische Ziele zu verfolgen. Der Konzern helfe feindlich gesinnten Kräften im Ausland, China und seine Gesetze zu verletzen. Dies seien aber "lächerliche" Versuche, die nichts an der Haltung der Regierung ändern würden.

In einem Kommentar, der von der offiziellen Nachrichtenagentur Xinhua verbreitet wurde, hieß es, Google müsse endlich einsehen, dass es sich an die Gesetze des Landes halten müsse, in dem es tätig sei. Ob Google nun China verlasse oder nicht, die Gesetze zur Regulierung des Internets blieben unverändert.

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