Powerpoint:Etwas Poetry Slam, ein bisschen Karaoke

20 Folien in jeweils 20 Sekunden: Die Präsentationstechnik Pecha Kucha soll Powerpoint-Vorträge endlich wieder spannend machen.

Laura Gitschier

Ein Abend in einem schicken Restaurant in Nürnberg. Über Computer, Beamer und das Programm Powerpoint präsentieren verschiedene Unternehmen ihre neuesten Ideen. Da wird vorgestellt, argumentiert, geklickt und wild gestikuliert.

Powerpoint: Werden Präsentationen spannender, wenn pro Folie nur 20 Sekunden Zeit bleibt?

Werden Präsentationen spannender, wenn pro Folie nur 20 Sekunden Zeit bleibt?

(Foto: Foto: iStock)

Auf den ersten Blick eine vertraute Situation, ein normaler Abend mit den üblichen Business-Utensilien. Aber nur auf den ersten Blick. Denn hier gibt es eine wichtige Regel: Schnell muss es gehen, ein Vortrag darf keinesfalls länger als 6.40 Minuten dauern.

Powerpoint, die überstrapazierte Präsentationsform der letzten Jahre, wird jetzt aufgemotzt. Der Powerpoint-Vortrag der nächsten Generation heißt Pecha Kucha, was aus dem Japanischen übersetzt soviel heißt wie Stimmengewirr oder wirres Geplapper. Dabei gelten ganz strikte Regeln, an die sich weltweit jeder halten muss, egal ob in London, Tokio oder Berlin: Jeder Redner hat für jede seiner 20 Folien genau 20 Sekunden Zeit.

Keine Zeit für ausschweifende Erklärungen

Die Folien werden per PC automatisch weitergeschaltet, damit eine Verzögerung nicht möglich ist. So hat jede Präsentation insgesamt eine Dauer von sechs Minuten und 40 Sekunden. Es bleibt also keine Zeit die Zuhörer mit ausschweifenden Erklärungen zu langweilen.

Pecha Kucha ist eine Mischung aus Poetry-Slam und Powerpoint-Karaoke. Schnell und einzigartig sollen die neuen Stegreif-Präsentationen sein - und im besten Fall auch originell und unterhaltsam.

Edgar Jehnes vom Bundesverband mittelständischer Wirtschaft (BVMW) hat eine der ersten Pecha-Kucha-Nächte in Deutschland organisiert, die sich speziell an regionale Unternehmen richtet. "Das Konzept dahinter hat mir einfach gefallen", sagt der Leiter der BVMW-Geschäftsstelle in Nürnberg, "man kann in relativer kurzer Zeit einem breiten Publikum neue Projekte und Ideen präsentieren."

Steuerberater in Hektik

Schon die Vorbereitung lief ganz im Pecha-Kucha-Stil: In nur acht Wochen organisierte Jehnes den ersten Abend, der dazu dienen soll, Unternehmen in der Stadt schneller zu vernetzen und den Austausch von Ideen zu beschleunigen. Die Möglichkeit stieß auf gewaltige Resonanz, Jehnes musste sogar Unternehmen absagen.

In dem Nürnberger Nobelrestaurant halten an diesem Abend Vertreter von zehn Unternehmen Schnellpräsentationen, unter anderem eine lokale Beratungsfirma, eine Bank und eine Steuerkanzlei. In ihren Vorträgen agieren die Unternehmer aufgeregt und werben natürlich für ihre Marke - und halten sich alle strikt an die 20-mal-20-Vorgabe.

Da stellt einer Erfolgsformeln für die Globalisierung vor, ein anderer spricht über Mitarbeitermotivation und eine Kanzlei gibt Tipps für den Unternehmensalltag - und selbst die Einführung von Organisator Jehnes wird im Pecha-Kucha-Stil gehalten.

Ein Experiment zum kreativen Austausch

"Es ist erst mal ein Experiment", sagt Jehnes über seine erstes Pecha Kucha. Nach der Veranstaltung, zu der rund 80 Menschen gekommen sind, ist der Organisator zufrieden. Auch in Zukunft will Jehnes Pecha-Kucha-Nächte veranstalten: "Das kann hier dann eine Plattform werden für innovative Unternehmen, die gute und frische Ideen haben."

Das Phänomen Pecha Kucha nahm seinen Anfang im Jahre 2003, als das Architektenbüro Klein Dytham Architecture in Tokio jungen Designern die Möglichkeit geben wollte, sich schnell mit anderen Kreativen austauschen zu können. Astrid Klein und Mark Dytham suchten nach einer originellen Alternative zu den klassischen Powerpoint-Präsentationen.

Ihre erste Pecha-Kucha-Veranstaltung wurde gleich ein so großer Erfolg, dass sich bald weitere Veranstaltungen anschlossen. "Plötzlich sind die Vorträge der Menschen frei von jedweden Allüren", beschreibt Dytham die Philosophie von Pecha Kucha.

Knackige Tipps, passende Stichworte

Nach der Kunstszene entdeckte auch die Wirtschaft den Trend, inzwischen werden in mehr als 170 Städten Abende dieser Art veranstaltet - in Tokio kamen einmal sogar 2000 Zuhörer. Von solchen Zahlen sind deutsche Events noch weit entfernt, doch fand zumindest auf der diesjährigen Computermesse Cebit erstmals ein Pecha Kucha unter Managern statt.

Das Publikum in Nürnberg ist überwiegend gutsituiert, neugierig, aber auch kritisch: Wer auch im Kurzvortrag nicht zum Punkt kommt, weckt Unruhe und Desinteresse im Publikum. Auch Pecha Kucha macht aus einem schlechten Präsentator eben keinen guten. Oft fehlt auch das Gefühl für den Rhythmus, den 20 mal 20 Sekunden Powerpoint benötigen. Knackige Tipps und passende Stichworte funktionieren, Detailverliebtheit hat keine Chance.

Eine Rednerin bei der Nürnberger Pecha-Kucha-Nacht formuliert die Schwierigkeit bei der Kurzpräsentation so: "Die Vorbereitung ist eine ganz andere als bei normalen Präsentationen. Man wird gezwungen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren."

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