Playstation 4 und Xbox One:Konsolen-Kampf im Wohnzimmer

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Waffen im Konsolen-Kampf: Die Controller von Playstation 4 (links) und Xbox One

(Foto: AFP)

Was haben Zombies, Mr. Spock und Steven Gerrard gemein? Sie machen Werbung für die neuen Spiele-Konsolen, die Sony und Microsoft gleichzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt bringen. Es ist der Auftakt für eine wahre Werbeschlacht - obwohl über Erfolg und Misserfolg ganz andere Faktoren entscheiden.

Von Helmut Martin-Jung und Jürgen Schmieder, Los Angeles

Nein, es wird kein Fernsehduell geben, das haben die beiden Kontrahenten schon vor Wochen ausgeschlossen. Dabei wäre eine Live-Debatte durchaus interessant für all jene, die sich erst Ende November entscheiden wollen. Es geht auch nicht um die amerikanische Präsidentschaft, ja noch nicht einmal um den bayerischen Landtag. Es geht um die Frage, welche Konsole sich Millionen Fans von Videospielen in den Wochen vor Weihnachten besorgen werden. Aber die Werbemaschinerie läuft auf Hochtouren wie bei einer wichtigen Wahlentscheidung.

Zum ersten Mal bringen die beiden Hersteller Microsoft und Sony die jeweils nächste Generation ihrer Geräte innerhalb weniger Tage auf den Markt: Die Xbox One kommt weltweit - bis auf wenige Ausnahmen - am 22. November in die Läden, die Playstation 4 erscheint in den Vereinigten Staaten eine Woche früher, in Europa sieben Tage später. Dann beginnt das Weihnachtsgeschäft, Brancheninsider prognostizieren, dass innerhalb der ersten vier Monate etwa zehn Millionen Geräte verkauft und für einen Umsatz von 4,5 Milliarden US-Dollar sorgen werden.

Es ist also ein immens großer Kuchen, um den die beiden Unternehmen konkurrieren. Deshalb wird in Kürze die Zielgruppe mit Werbung bombardiert werden wie unentschlossene Bürger im Wahlkampf. Das Marketingbudget beider Firmen wird auf jeweils mehr als 100 Millionen Dollar geschätzt. Die ersten Werbespots laufen bereits. Bei Microsoft laden der Fußballer Steven Gerrard, Mr. Spock aus der TV-Serie Raumschiff Enterprise und ein Zombie zum Mitmachen ein, Sony kontert mit einem Spot des Oscar-nominierten Regisseurs Bryan Buckley.

"Es ist eine spannende Zeit"

Dazu gibt es immer wieder kleine Sticheleien: Wenn ein Unternehmen verkündet, ein bestimmtes Merkmal nicht anzubieten - die PS 4 etwa wird zunächst keine Audio-CDs abspielen -, versucht der Konkurrent meist sogleich, genau das ins Programm zu nehmen. Wie es eben zugeht beim Werben um die Gunst derer, die sich noch nicht festgelegt haben.

"Es ist eine spannende Zeit", sagt Microsoft-Vizepräsident Phil Spencer: "Millionen von Menschen werden in die Läden gehen und sich ein Gerät aussuchen. Wir hoffen natürlich, dass viele davon die Xbox One wählen werden." Und Jim Ryan, Chef von Sony Computer Entertainment Europe, legt sich sogar auf eine Zahl fest: Fünf Millionen Geräte will seine Firma bis März 2014 verkaufen, die meisten davon fallen wohl in seinen Verantwortungsbereich, denn in Europa und den angrenzenden Regionen hatte die Playstation bisher stets mehr Marktanteile als Microsofts Xbox.

Der Wahlkampf der beiden Unternehmen verlief recht unterschiedlich. Für Microsoft begann er holprig, es gab Kritik an geplanten Kopierschutz-Einschränkungen und Online-Zwang - beides wurde mittlerweile gestrichen und sogar der verantwortliche Manager entlassen. Dann gab es Meldungen, dass etwa "Call of Duty: Ghosts" auf Microsofts Gerät zunächst nur mit einer Auflösung laufen werde, wie sie auch die alte Konsole schon beherrschte. Spencer sagt dazu: "Ich spiele keine Zahlen und auch keine Auflösung - ich spiele, weil mir ein Spiel Spaß macht."

Sony startet mit einem Preisvorteil

Danach wurde es richtig ungemütlich: Microsoft bewarb offensiv die Kinect-Technologie, die nicht nur Stimme und Gesicht der Kunden erkennt, sondern mit ihrer hochauflösenden Kamera am Wechsel der Gesichtsfarbe sogar die Herzfrequenz messen kann. Es gab Gerüchte, Microsoft könne Kinect dazu nutzen, um Daten zu sammeln: Wer lacht bei welchen Filmen, wessen Herz schlägt bei welchen Spielen schneller - und wer steht in Werbepausen auf, obwohl der Fernseher weiter läuft? Das wären natürlich hochinteressante Informationen für Entwickler und noch mehr für Werbetreibende. Für viele Kunden indes klang diese Vorstellung beängstigend. Spencer ist das bewusst, deshalb hebt er immer wieder hervor: "Der Kunde behält stets die Kontrolle, er bestimmt, wann Kinect eingeschaltet ist und welche Funktionen genutzt werden."

Diese Probleme bei Microsoft und womöglich auch der Preisunterschied (die Playstation 4 kostet 399 Dollar, die Xbox One inklusive Kinect 100 Dollar mehr) führten dazu, dass die PlayStation 4 häufiger vorbestellt wurde als das Gerät der Konkurrenz. "Wir starten mit einem Preisvorteil", freut sich Sony-Mann Ryan, "100 Euro, das ist schon was." Aber auch bei Sony ist nicht alles eitel Sonnenschein. Das von vielen Spielern heiß erwartete Hacker-Game "Watch Dogs" verzögert sich bis nächstes Jahr - viele Kunden aber haben die neue Playstation zusammen mit diesem Spiel vorbestellt. Mit einem unfertigen Spiel aber wollte man sich nicht präsentieren, sagt Ryan, der nun nach anderen Lösungen suchen muss.

All-In-One-Entertainment-Box fürs Wohnzimmer

Microsoft, anfangs nur in der Defensive, hat seine Strategie des Kunden-Bezirzen mittlerweile ein wenig geändert, die Verantwortlichen preisen neben den exklusiv auf Xbox One erscheinenden Spielen wie "Ryse: Son of Rome" die Vielseitigkeit (Spencer: "Durch Innovationen wie Smartglass wird unser Gerät zur All-In-One-Entertainment-Box") und die sozialen Fähigkeiten der Konsole: Es ist möglich, mit einem Freund, der möglicherweise Tausende von Kilometern entfernt in seinem Wohnzimmer sitzt, ein Fußballspiel zu gucken und sich darüber zu unterhalten, danach gegeneinander zu zocken und sich dann per Videochat zuzuprosten. "Man bleibt verbunden mit seinen Freunden", sagt Spencer. Die Xbox eignet sich darüberhinaus auch dazu, Filme und Musik aus dem heimischen Computer-Netz als Datenstrom auf einen Fernseher zu übertragen.

Auch Sonys Konsole beschränkt sich nicht auf Computerspiele: "Die PS 4 wurde zwar als Spiele-Maschine konzipiert", sagt Jim Ryan, "aber sie bietet auch viele Funktionen, um sich zu vernetzen." Ein Spieler kann beispielsweise mit nur einem Knopfdruck eine besonders gelungene Spielszene ins Netz hochladen und darüber mit seinen Online-Freunden chatten. "Und", ergänzt er, "die Playstation ist auch eine Zentrale für Aktivitäten, die nichts mit Spielen zu tun haben". Man könne damit auch Filme aus Online-Videotheken gucken.

Beide Unternehmen übrigens betonen, sie wollten die ersten Verkaufszahlen nicht überbewerten. Spencer etwa sagt: "Der Erfolg oder Misserfolg dieser Konsolen-Generation wird nicht über dieses Weihnachtsgeschäft bestimmt werden, sondern über das im kommenden Jahr oder gar im Jahr darauf." Dann wird sich zeigen, welchem System die Kunden den Vorzug geben.

Oder ob sie das überhaupt im erwarteten Umfang tun. Denn die Spielebranche steckt längst in einem tief greifenden Wandel. Die Intelligenz wandert zunehmend in die Rechenzentren - leistungsfähige Spielecomputer sind dann nicht mehr nötig. Und viele spielen statt teurer Blockbuster-Games lieber am Handy. Für Smartphones gibt es viele Spiele kostenlos oder für wenige Euro.

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