Pläne für Musik-Streamingdienst:Apple kriegt zweiten Musikkonzern rum

Apple ist in den zähen Verhandlungen mit den Musikkonzernen offenbar vorangekommen. Inzwischen soll mit Warner Music das zweite der drei weltgrößten Labels die Lizenz für Apples hauseigenen Radiodienst erteilt haben. Anderswo aber droht dem Konzern Ärger.

Von Varinia Bernau

Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Platte noch im Regal stehen musste. Immer mehr Menschen wollen Musik nur noch hören - und nicht mehr unbedingt besitzen. Fast jeder zweite Deutsche, der im Internet unterwegs ist, nutzt inzwischen sogenannte Streamingdienste. So wie das digitale Radio Pandora zum Beispiel. Dort können sie einer vom Anbieter zusammengestellten Liste an Liedern folgen, anstatt diese Songs selbst auszusuchen. Ein Internetanschluss genügt. Das Ganze ist auch noch kostenlos, zwischendurch wird Werbung eingespielt. 200 Millionen Menschen nutzen den Dienst inzwischen - mehr als doppelt so viel wie noch vor einem Jahr.

Diesen Aufschwung hat man bei Apple aufmerksam und wohl auch etwas neidisch beobachtet. Seit einem knappen Jahr bastelt der Technologiekonzern an einem ähnlichen Angebot. Und es deutet einiges darauf hin, dass Apple dieses bereits in der nächsten Woche auf seiner Entwicklerkonferenz in San Francisco präsentiert. Das iRadio, wie es all jene nennen, die in den vergangenen Monaten schon darüber getuschelt haben. Der Dienst soll kostenlos sein, Werbung einspielen - und bestimmte Musikrichtungen, aber keine einzelnen Lieder zur Auswahl anbieten. Ganz so wie das Internetradio Pandora.

Eine wesentliche Hürde für sein eigenes Radio hat Apple jetzt offenbar genommen: Warner Music, neben Universal und Sony einer der größten Musikkonzerne, habe eine Lizenz für seine Songs erteilt, berichteten mehrere US-Medien. Die Einigung könnte auch die anderen Labels umstimmen. Die hatten bislang so eisern gepokert, dass Apple das Projekt iRadio immer wieder aufschieben musste - anstatt es schon, wie ursprünglich geplant, passend zum iPhone5 im vergangenen September zu präsentieren. So hätte Apple auch jene Kundschaft gewinnen können, die inzwischen mit einem Smartphone von der Konkurrenz liebäugelt.

Bei Apple müsse doch mehr drin sein

12,5 US-Cent für 100 abgespielte Songs hatte der Technologiekonzern den Musikkonzernen angeboten, hieß es vor einigen Wochen noch in der Financial Times. Damit hätten die Labels von Apple zwar doppelt so viel erhalten wie von Pandora. Aber Warner und Sony war das trotzdem zu wenig: Bei den 144 Milliarden Dollar, die Apple auf der hohen Kante hat, so argumentierten sie, sei doch wohl etwas mehr drin. Und erst recht bei den 400 Millionen Musikliebhabern, die Apple bereits mit seinem digitalen Plattenladen iTunes bedient.

Dort werden einzelne Lieder oder ganze Alben allerdings zumeist noch gegen Bares heruntergeladen. Über den Dienst iTunes Match kann man Musik dort aber auch für eine Jahresgebühr auf den Servern von Apple lagern - und von dort mit verschiedenen Geräten anzapfen. Dieses lukrative Geschäft, das allein im jüngsten Quartal 4,1 Milliarden Dollar eingespielt hat, sollte Apple natürlich nicht selbst aushöhlen. Genauso wenig aber kann es sich der Konzern leisten, Trends zu ignorieren. Es sind ja nicht nur kleine Rivalen wie Pandora. Auch Google hat gerade erst einen Streamingdienst vorgestellt. Und Samsung hat einen solchen ebenfalls im Angebot.

Illegale Preisabsprachen bei Ebooks

Das Gezerre um das Projekt iRadio zeigt auch, wie sehr sich Apple ins Zeug legt, wenn es um das Geschäft mit all jenen schönen Dingen geht, ohne die iPhones oder iPads letztlich nutzlos sind. Das Geschäft mit Apps, Musik - oder auch Büchern. Denn nun haben amerikanische Wettbewerbshüter auch Manager von mehreren großen Verlagen vor Gericht zitiert. Sie wollen klären, ob es zwischen ihnen und Apple womöglich illegale Preisabsprachen für digitale Bücher gab.

Anders als in Deutschland, gibt es in USA keine Buchpreisbindung. Wie viel ein Buch kosten soll, das bestimmt meist der Händler, nicht der Verleger. Das hatte sich der Internetkonzern Amazon zunutze gemacht - und setzte den Preis bei den digitalen Büchern auf seinem Lesegerät Kindle eher niedrig an. So sicherte sich Amazon Kunden und verärgerte die Verlage. Deshalb sollen die Vertreter von Hachette, Harper Collins und Penguin, so sehen es die Kartellwächter, äußerst aufgeschlossen für jene Idee gewesen sein, die ihnen ein gewisser Steve Jobs vor etwas mehr als drei Jahren machte. Als Apple noch an seinem iPad tüftelte, soll sich der damalige Konzernchef mit Verlegern getroffen und ihnen ein Angebot gemacht haben: Sie dürften die Preise für digitale Bücher im App-Store bestimmen, sich auch untereinander absprechen, Apple würde beim Verkauf ein Drittel davon kassieren.

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