Pilotversuch der Telekom:Kein Festnetz mehr im Neubaugebiet

Das Neuverlegen von Kupferkabeln ist teuer, der Telekom mancherorts zu teuer. Der Konzern überlegt, ob die Kunden in kleinen oder abgelegenen Neubaugebieten künftig drahtlos telefonieren und surfen sollen. Eine Pilotphase ist schon in Planung - doch bei Politikern stößt das Vorhaben auf Kritik.

Die Telekom will in kleinen oder abgelegenen Neubaugebieten künftig möglicherweise keine Festnetz-Anschlüsse mehr anbieten. Derzeit würden Überlegungen angestellt, in Neubaugebieten eine drahtlose, wirtschaftlich günstigere Lösung einzuführen, sagte ein Telekom-Sprecher am Samstag der Deutschen Presse-Agentur und bestätigte damit einen Bericht der Saarbrücker Zeitung und der Nordsee-Zeitung. Derzeit liefen Vorgespräche für einen mindestens einjährigen Pilotversuch.

Das Verlegen von Kupferkabeln für einen Festnetz-Anschluss sei in manchen Gegenden sehr teuer. "Da stellt sich für uns die Frage, geht das nicht auch günstiger", sagte der Telekom-Sprecher. Daher wolle die Telekom den drahtlosen Telefonanschluss als sogenannte Universaldienstlösung testen. Dabei könne das alte Telefongerät weiter genutzt werden. Auch die Möglichkeiten seien dieselben wie beim Festnetz-Anschluss. Voraussetzung für die Einführung eines drahtlosen Anschlusses sei letztlich, dass sich die Qualität der Versorgung nicht verschlechtere und die Kosten für die Kunden nicht stiegen, erklärte die Telekom.

Das Unternehmen ist laut Telekommunikationsgesetz bundesweit zur Mindestversorgung der Bevölkerung verpflichtet. Dazu gehört neben öffentlichen Telefonzellen ein Anschluss für jeden Haushalt zu einem erschwinglichen Preis - egal, wo sich der Haushalt befindet. Eine drahtlose Telefonverbindung sei grundsätzlich möglich, da nicht gesetzlich vorgeschrieben werde, wie die Telekom ihre Pflicht zur Universaldienst-Versorgung technisch zu erfüllen habe, erklärte das Unternehmen.

Politiker äußerten sich kritisch zu den Plänen der Telekom

Bevor die Telekom einzelne Neubaugebiete an Stadträndern oder auf dem Land, bei denen sich ein Ausbau des Festnetzes als unwirtschaftlich herausstelle, mit drahtloser Telefonversorgung ausstatte, müssten zunächst Erfahrungen gesammelt werden, betonte der Sprecher. Daher solle in Absprache mit der für die Telekommunikationsunternehmen zuständigen Bundesnetzagentur und den kommunalen Spitzenverbänden ein Pilotversuch gestartet werden. Dazu liefen derzeit Gespräche.

Die betroffenen Neubaugebiete sollen dem Sprecher zufolge aber parallel mit Festnetz ausgestattet werden. Der Pilotversuch soll mindestens ein Jahr laufen. Wie genau die drahtlose Technik aussehen wird, soll dem Sprecher zufolge in der Pilotphase getestet werden. Erst nach dem Test soll festgestellt werden, ob sich ein drahtloser Anschluss als gleichwertige Alternative eignet. Auf jeden Fall müsse sie einen adäquaten Ersatz für die bisherigen Festnetz-Anschlüsse bieten. Ein Vorteil der drahtlosen Versorgung werde aber eine höhere Bandbreite, also ein schnelleres Surfen im Internet, sein.

Die Bundesnetzagentur in Bonn war bisher nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Pläne stoßen jedoch auf Kritik bei Bundespolitikern, wie Saarbrücker Zeitung und Nordsee-Zeitung berichten: Die Telekom habe nicht nachgewiesen, dass das Mobilangebot gleichwertig mit dem Festnetz sei. "Da bestehen hohe Zweifel", sagte Bernhard Kaster (CDU), parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, den Zeitungen. Kaster ist auch Mitglied des Beirats bei der Bundesnetzagentur. "Wir werden darauf pochen, dass es zu keiner Verschlechterung kommt." Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn, sagte den Zeitungen: "Was nicht eintreten darf, ist, dass die Kunden für weniger Qualität mehr bezahlen müssen."

In den vergangenen Wochen hatten Pläne der Telekom für Protest gesorgt, fürs schnelle Internet-Surfen über den Festnetzanschluss zu Hause eine Datenvolumengrenze einzuführen. Die Begrenzung soll für neue Verträge gelten, die seit dem 2. Mai abgeschlossen werden. Technisch wird das Vorhaben voraussichtlich nicht vor 2016 umgesetzt. Kritiker warfen der Telekom eine Verletzung der Netzneutralität vor, da eigene Dienste nicht auf das Datenvolumen angerechnet werden sollen. Die Telekom begründet ihre Pläne zur Drosselung mit den hohen Kosten für den Netzausbau. Allein in den Festnetzausbau müssten in den nächsten Jahren sechs Milliarden Euro investiert werden, so der Konzern.

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