Panne bei den Grimme Online Awards:"Schämt euch!"

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Der "Grimme Online Award" kürt herausragende Seiten im Internet. Nach einer Pannenserie steht der Wettbewerb jetzt im Kreuzfeuer der Kritik. Unter anderem wurden Gewinner vor Abstimmungsende bekanntgegeben.

Jörg Donner

Zu den prominenten Preisträgern des Grimme Online Awards zählt der Video-Podcast Ehrensenf , das Nachrichtenportal Spiegel Online, das Angebot jetzt.de des Süddeutschen Verlages, der Weblog Spreeblick, der kritische Medienblog Bildblog.de oder auch die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Seit sechs Jahren verleiht das renommierte Grimme-Institut in Marl neben dem Adolf-Grimme-Preis auch Awards für "qualitativ hochwertige Websites in drei Kategorien".

(Foto: N/A)

Auf der Webseite des Instituts heißt es: "eine unabhängige Nominierungskommission und Jury bewerten sowohl inhaltliche, funktionale als auch gestalterische Aspekte".

Am Mittwoch sollten nun die Gewinner der diesjährigen Abstimmung gekürt werden. Welche der 23 nominierten Web-Angebote die Jury überzeugt haben, wollte das Institut im Rahmen einer festlichen Preisverleihung in der Kölner Vulkanhalle bekanntgeben.

Gewinner vorab veröffentlicht

Die Spannung dürfte sich bei der Feier morgen Abend allerdings in Grenzen halten. Bereits in der Nacht von Montag auf Dienstag veröffentlichte das Institut alle Gewinner auf seiner Webseite. Besonders brisant: Die Meldung war bereits um 23 Uhr einsehbar, eine Stunde vor dem offiziellen Ende der Abstimmung für den Publikumspreis. Angeblich war die entsprechende Seite eines Medienpartners schon seit dem späten Nachmittag nicht mehr erreichbar.

In einer Stellungnahme auf der Webseite bedauert das Grimme-Institut die versehentliche Veröffentlichung. Damit folge der Online Award unabsichtlich dem Modus des Grimme-Preises, bei dem die Gewinner immer vorab bekanntgegeben werden.

Die Veröffentlichung der Preisträger ist die Krönung einer Serie von Pannen und Ungereimtheiten. So erschien die Nominierung des Kandidaten hausgemacht.tv, einem Videoportal des Medienkonzerns ProSiebenSat1, durchaus fragwürdig: Die Webseite wurde kurz vor Ablauf der Frist am 31. März für den Preis vorgeschlagen, obwohl der Start der Webseite erst am 10. April bekanntgegeben wurde.

Im Blog medienpiraten.tv rechtfertigte Friedrich Hagedorn vom Grimme-Institut die Nominierung damit dass sie "noch in der Wettbewerbsphase vor dem 31. März eingereicht (wurden) und am 30.3. online (waren)". Inwieweit die Qualität einer Seite beurteilt werden kann, die bis zur Preisverleihung nur zwei Monate online ist, kann durchaus in Frage gestellt werden.

Nachnominierung mit Beigeschmack

Kritik musste sich das Grimme-Institut auch für die Entscheidung gefallen lassen, die Webseite elektrischer-reporter.de nachzunominieren. Der Macher der Seite, Mario Sixtus, saß zum Zeitpunkt der Nachnominierung in der Jury des Online Awards. Zwar betont Institutsdirektor Uwe Kammann in einer Klarstellung, dass Sixtus weder seine eigene Seite vorgeschlagen hätte, noch an einer Diskussion und Entscheidung der Jury teilgenommen habe. Stattdessen sei er aus der Jury zurückgetreten, sobald der elektrische Reporter als Kandidat ins Gespräch gekommen sei.

Dennoch hat die Entscheidung der Jury für die Webseite Sixtus' einen schalen Beigeschmack. Immerhin zieht das Institut in Betracht, die Statuten des Preises für das kommende Jahr hinsichtlich der Nominierung zu ändern.

Mit der Vorabveröffentlichung der Gewinner hat die Glaubwürdigkeit des Grimme Online Awards einen ernsthaften Schaden genommen - zumindest für dieses Jahr. Der Journalist Stefan Niggemeier schreibt in seinem für den Preis nominierten Blog : "Ich habe also diesen Grimme-Online-Award 2007 gewonnen. Will ich ihn haben?" und Blogger Don Alphonso fallen zur Wahl nur zwei Worte ein: "Schämt euch".

Von einer "Pannenserie" will man beim Grimme-Institut allerdings nichts wissen: "Durch einen technischen Fehler wurden die Gewinner zu früh bekannt gegeben", gibt Pressesprecherin Katrin Bernsmann zu. "Das ist ärgerlich, aber auch kein Drama." Nichtsdetotrotz halte man an der Feier morgen Abend fest. Die Gewinner würden für ihre Leistungen im Netz geehrt, daran ändere auch die verfrühte Bekanntgabe nichts. Im nächsten Jahr will das Institut die Statuten prüfen lassen, "wie wir das jedes Jahr machen", so Bernsmann.

Dass der Gewinner des Publikumspreises vor Ende der Abstimmungsfrist feststand, sei so nicht richtig, sagt sie. "Wir haben lediglich den 18. Juni als Enddatum festgelegt, eine Uhrzeit wurde nie kommuniziert."

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