Panne bei Apple:iPhone-Enthüllung dank deutschem Bier

Eigentlich ist das nächste iPhone streng geheim: Doch weil ein Apple-Programmierer betrunken sein Testmodell verlor, wurden bereits jetzt Details bekannt.

J. Kuhn

Gray Powells letzte Facebook-Nachricht an diesem Abend klingt beschwingt: "Ich habe unterschätzt, wie gut deutsches Bier ist", tippte er am 18. März in einer Bar mit angeschlossenem Biergarten im kalifornischen Redwood City in sein iPhone. Er sollte nicht ahnen, dass es eine folgenschwere Nacht werden sollte.

iPhone 4G Bilder und Review, dpa

iPhone 3G und 3GS waren gestern - für Juni wird die Vorstellung des neuen Modells erwartet.

(Foto: Foto: dpa)

Gray Powell ist 27, er ist Programmierer bei Apple und hat einen eigenen Foto-Account bei Flickr. Das ist soweit nichts Besonderes, wäre er nicht offenbar einer der Apple-Mitarbeiter, die derzeit unter strengster Geheimhaltung das nächste iPhone testen - und hätte er nicht an jenem Abend sein iPhone 4G in jener Bar vergessen.

Informationen über ein Apple-Gerät vor dessen Veröffentlichung zu ergattern, gilt bei US-Technologiebloggern als Königsdisziplin: Mitarbeiter der Entwicklungs- und Testabteilung des Unternehmens werden Berichten zufolge von Videokameras überwacht, ständig neue Zugangscodes sollen dafür sorgen, dass nur ein Kern-Team Zugriff auf die Geräte hat. Volle Kontrolle, lautet das Motto des Konzerns.

Als aktuelles Modell getarnt

Auch der unglücksselige Gray Powell war eigentlich an diese Regeln gebunden - ob er sein iPhone außer Haus testen durfte oder es einfach hinausschmuggelte, ist unklar.

Zumindest war das Gerät durch eine Extra-Schale als aktuelles Modell getarnt - weshalb seinem Banknachbarn, der es nach dessen Aufbruch entdeckte und mitnahm, der Fund beinahe nicht aufgefallen wäre. Einzig eine Kamera auf der Vorderseite verriet, dass es sich um kein herkömmliches Smartphone handeln könnte.

Bevor sich der Finder am nächsten Morgen genauer mit dem Gerät auseinandersetzen könnte, hatte es Apple offensichtlich bereits deaktiviert. Doch anstatt das Telefon zurückzugeben - er hatte am Vorabend beim Ausprobieren der Facebook-Applikation Powells Namen und Arbeitgeber gesehen - beschloss der unbekannte Finder, das neue iPhone zu Geld zu machen: Wie Verantwortliche der US-Technologieseite Gizmodo inzwischen eingeräumt haben, zahlten sie dem Mann 5000 Dollar für die Überlassung des Geräts.

Nach einer mehrtägigen Untersuchung veröffentlichte Gizmodo am Montag Details und Bilder zum neuen Gerät. Es ist demnach mit einer zweiten Kamera ausgestattet, die auf der Vorderseite angebracht ist; die eigentliche Kamera soll größer sein und ein Blitzlicht integrieren. Ein zweites Mikrofon zur Geräuschreduzierung und zwei verschiedene Lautstärkeregler sind ebenfalls integriert. Die Auflösung ist dem Gizmodo-Eindruck nach höher als bei den bisherigen Modellen, dafür ist das Display etwas kleiner.

Panne oder Marketing-Aktion?

Die 5000 Dollar waren offenbar gut angelegt: In der Apple-Fangemeinde machte der Artikel innerhalb weniger Minuten die Runde. Auf Twitter, der Gebetsmühle für Gerüchte aus dem Silicon Valley, wurde die Phrase sofort zum Trendthema: Sekündlich zwitscherten Dutzende Nutzer den Satz "This is the new", "das ist das neue" - iPhone, was sonst - ein.

Doch die Freude über die Enthüllung dürfte bei den Gizmodo-Autoren inzwischen etwas verflogen sein: Weil das iPhone inzwischen als gestohlen gemeldet wurde, könnte sich das Blog des Ankaufs von Diebesgut schuldig gemacht haben, schreibt der Guardian-Autor Charles Arthur. Auch dem Finder droht Ärger, er wäre durch das kalifornische Gesetz verpflichtet gewesen, den Besitzer zu informieren und das Fundstück zurückzugeben.

"Hab es verloren"

Apple hat sich zu dem Fall noch nicht öffentlich geäußert, jedoch inzwischen die Rückgabe des Telefons gefordert - ein Indiz für seine Echtheit. In Technologiekreisen wird allerdings auch spekuliert, dass es sich bei dem verlorenen iPhone um eine geschickte PR-Aktion gehandelt haben könnte - zum einen, um das Apple-Produkt bis zur offiziellen Vorstellung am 22. Juni in den Schlagzeilen zu halten, zum anderen, um die Reaktion der Nutzer zu testen.

Ob Gray Powell noch bei Apple arbeitet, ist derweil unklar. Zumindest auf Facebook hat sich bereits ein Kult um seine Person entwickelt. Neben verschiedenen Dankesgruppen ist inzwischen auch ein offensichtlicher falscher Gray Powell aufgetaucht und hat bereits mehr als 2200 Fans gefunden. Sein Motto lautet "Hallo, mein Name is Gray und ich arbeite für Apple. Ich mag auch Bier", unter Telefon gibt er "Hab es verloren :( " an und in seinen Statusmeldungen fragt er, ob es Auslieferungsabkommen mit Kanada gebe.

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