Open Source:Der Staat macht sich für Linux stark

Innenminister Schily hat einen Kooperationsvertrag mit dem Computerkonzern IBM geschlossen.

Detlef Borchers

(SZ vom 5.6.2002) - Bundesinnenminister Otto Schily und Erwin Staudt, Deutschlandchef der IBM haben einen Kooperationsvertrag unterschrieben, der es Einrichtungen der öffentlichen Verwaltungen ermöglichen soll, von IBM Hard- und Software sowie Dienstleistungen zu besonderen Konditionen zu beziehen. Dabei sollen alle Lieferungen auf quelloffenen Standards basieren. Eine besondere Rolle spielt dabei das quelloffene Betriebssystem Linux, das auf allen von IBM gelieferten Servern installiert sein soll. Es wird von dem Nürnberger IT-Unternehmen SuSE Linux geliefert, was vom Innenministerium sowie von IBM als Beitrag zur Stärkung des IT-Standorts Deutschland gewertet wird.

Open Source: Sparen am Bildschirm: Bundesinnenminister Otto Schily hat mit dem IBM-Konzern einen Vertrag geschlossen, der den Behörden den Bezug von Hard- und Software zu besonderen Konditionen erlaubt.

Sparen am Bildschirm: Bundesinnenminister Otto Schily hat mit dem IBM-Konzern einen Vertrag geschlossen, der den Behörden den Bezug von Hard- und Software zu besonderen Konditionen erlaubt.

(Foto: Foto: AP)

Spezielle Hotline

Weitere Details zum Kooperationsvertrag wurden nicht bekannt gegeben. In der von IBM herausgegebenen Pressemeldung zur Kooperation ist davon die Rede, dass der Konzern neben der Lieferung von Hard- und Software ein Open-Source-Portal einrichten soll, also ein Internet-Angebot, mit dem sich alle Behörden über den Einsatz von quelloffener Software informieren können. Weiterhin soll IBM eine spezielle Hotline einrichten und Testlizenzen zur Verfügung stellen. Mit dem Kooperationsvertrag hat IBM einen wichtigen Schritt in seiner Strategie vollzogen, Staat und behördenähnliche Institutionen als Vorreiter für große Installationsprojekte auf der Basis von Linux zu gewinnen. Ähnliche Projekte laufen in Großbritannien, Frankreich, Belgien und Italien, doch ohne mit dem deutschen Vertrag vergleichbare Kooperationsabkommen. Für das E-Government der Zukunft ist es nach Aussage von IBM-Chef Staudt "unerlässlich, das freie Betriebssystem Linux als Plattform dieser Aktivitäten als eine Art Computerweltsprache zu pflegen."

Auch in anderen Teilen der Welt gibt es Bestrebungen von Staaten und Behörden, mit quelloffener Software (engl. Open Source) eine preiswerte IT-Infrastruktur aufzubauen, von der die nationale Industrie profitieren kann. Software, deren Quellcode (Source Code) offen einsehbar ist, kann von ausgebildeten Spezialisten vor Ort gepflegt und verändert werden, so die Überlegung. So veröffentlichte Taiwan am Montag den "National Open Source Plan". Er sieht vor, dass Regierungsbehörden und Schulen in den nächsten drei Jahren soweit wie möglich auf quelloffene Software umstellen. Ein eigens für den Plan entwickeltes "Chinese Open Source Software Environment" soll sicherstellen, dass geeignete Software vorhanden ist. Im Unterschied zum deutschen Kooperationsabkommen geht Taiwan mit keinem Lieferanten eine besondere Bindung ein, sondern will alle nationalen Firmen beteiligen.

Der taiwanesischen Plan hat seine Vorgeschichte in einem Streit zwischen Microsoft und der taiwanesischen Regierung über die Höhe von Lizenzzahlungen für Server- und PC-Software. Eine taiwanesische Untersuchungskommission sollte klären, ob die Zahlungen überhöht sind. Der nunmehr verkündete National Open Source Plan nennt Einsparungen von 59 Millionen US-Dollar, die in der Größenordnugn der strittigen Lizenzzahlungen liegen.

Während in Taiwan Server und PC umgestellt werden sollen, ist im Kooperationsabkommen zwischen IBM und den deutschen Behörden nur von Servern die Rede. Gemeint sind die Rechner, die das Rückgrat eines Informationsnetzes bilden, also etwa Datenbanken beherbergen. Die PC der Mitarbeiter sind außen vor. Aus diesem Grunde gibt sich Microsoft gelassen. "Soweit ich es den Mitteilungen vom Ministerium entnehmen kann, ist das Kooperationsabkommen etwas ähnliches wie das Abkommen, das vom Bundesinnenministerium im September letzten Jahres mit Microsoft abgeschlossen wurde, also ein Select-Vertrag, der zu besonders günstigen Konditionen berechtigt", sagte ein Microsoft-Sprecher der SZ.

Prominentes Projekt

Seit längerem befassen sich Behörden damit, Informationstechnologien kostengünstig einzurichten. Das prominenteste Projekt heißt "BundOnline 2005" (www.staat-modern.de), das bis 2005 Behörden und Bürger mit der modernsten Technik vernetzen soll. Welche Systeme dabei zum Einsatz kommen, ist vorrangig eine Frage der Anbieter. Entsprechend experimentiert man mit Ausschreibungen, bei denen das günstigste System den Zuschlag erhält (www.e-vergabe.info).

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