Open Data:So nutzen die USA und Großbritannien offene Daten

In den USA zeigt der Staat die Verbreitung von Grippeviren. In Großbritannien kann jeder Bürger auf die Sterblichkeitsrate bei Asthma zugreifen. Open Data ist in anderen Ländern bereits weiter verbreitet als in Deutschland. Die Behörden machen aber auch dort nicht immer freiwillig mit.

Von Johannes Boie

Andere Länder sind den Deutschen weit voraus, wenn es um die Idee des "Open Government" geht. Während hierzulande an diesem Dienstag der Start des Portals govdata.de den ersten großen Schritt zu einem transparenten Umgang von Verwaltung und Regierung mit den Daten der Bürger markiert, verfügen die Amerikaner schon seit dem Frühjahr 2009 über ihr Portal data.gov. Mit nur 47 Datensätzen ging die Webseite an den Start, heute findet man dort 373.029 gesammelte Zahlenkolonnen. Und es werden immer mehr.

Spezielle Angebote für Lehrer und Schüler sorgen dafür, dass die Daten nicht nur für Techniker und Journalisten einfach zugänglich sind, sondern auch in der Lehre verwendet werden können. Hinweise für Programmierer, wie die Einbindung in weitere Webseiten oder Programme funktioniert, haben unter anderem zur Entwicklung von mittlerweile 137 Apps geführt, also kleinen Programmen, die zum Beispiel auf Mobiltelefonen funktionieren. Darunter ist zum Beispiel ein Programm, das die aktuelle Anzahl der gemeldeten Grippeerkrankungen in den USA auf einer Karte visualisiert und den Verlauf der jungsten Grippewellen darstellt.

Dabei kommt den Amerikanern zugute, dass Auseinandersetzungen um staatliche Daten in den USA schon seit Jahren zum Alltag gehören. Zum Beispiel trotzte die Los Angeles Times der Polizei in der kalifornischen Metropole mit juristischen Drohungen das Zugeständnis ab, alle Kriminalitätsstatistiken so zu veröffentlichen, dass sie von den Computerprogrammen der Journalisten direkt weiterverwendet werden konnten. Die Projekte, die die Times damit verwirklichte - darunter eine umfangreiche Übersicht über die zahlreichen Morde in der Stadt -, gelten weltweit als Vorbild für Journalismus auf der Basis von großen Datenmengen.

Open Data in Deutschland vor allem auf lokaler Ebene

Auch in Großbritannien gibt es nach einer umfangreichen Testphase seit Jahresbeginn 2010 eine entsprechende Webseite, erreichbar unter data.gov.uk. An der Entwicklung der Webseite war einer der Gründerväter des Internets beteiligt, der Informatiker Tim Berners-Lee. Die Webseite umfasst derzeit 9045 Datensätze, 1270 davon betreffen den Gesundheitsbereich, zum Beispiel Statistiken zu Schlaganfällen, der Sterblichkeitsrate bei Asthma und zu Rauchen in der Schwangerschaft. Wie die Amerikaner können sich auch die Briten Apps herunterladen, die auf Basis der Daten programmiert sind - beispielsweise eine Übersicht zu den Verkehrsunfällen auf der Insel.

In Deutschland sind offene Daten bislang vor allem auf lokaler Ebene ein Thema gewesen. Bekannt ist das Projekt "Open Data Hamburg". Die Hansestadt bietet allen Interessierten Datensätze aus unterschiedlichen Bereichen wie Bevölkerungsentwicklung, Justiz, Gesundheit, Soziales, Transport und Verkehr oder Umwelt und Klima an. Das Portal gilt in der Datenschutz-Szene als vorbildlicher Vorstoß auf Städteebene.

Auch kleine Städte wie Moers am Niederrhein haben sich der Idee des "Open Government" verschrieben und werben für ihre Idee mit einem eigenen Twitteraccount unter @OpenDataMoers. Die Stadt stellt alle Datensätze, zum Beispiel aus den Bereichen Familie, Verwaltung und Tourismus, zur vollkommen freien Verfügung, explizit auch für die kommerzielle Weiterverwendung. Netzexperten bewerten das als vorbildlich.

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