Ölkatastrophe im Golf von Mexiko:BP googelt sich die Welt schön

Mit gekauften Suchergebnissen will der BP-Konzern seine Sicht der Ölkatastrophe im Netz populär machen. Doch den Kampf um die öffentliche Meinung hat das Unternehmen dort längst verloren.

Johannes Kuhn

Es ist für BP die zweite Front rund um die Ölpest im Golf von Mexiko: Während die Mitarbeiter vor der US-Küste verzweifelt versuchen, das Ölleck in 1600 Meter Tiefe zu schließen, kämpft die PR-Abteilung des Konzerns im Netz um das, was vom Ruf des Konzerns übrig ist.

Ölkatastrophe Golf von Mexiko Aufräumarbeiten PR

Kein Öl in Sicht: Auf den PR-Bildern des Ölkonzerns BP sieht die Katastrophe an den Stränden der amerikanischen Golfküste recht harmlos aus.

(Foto: BP)

Je weiter sich der Ölteppich ausbreitet, desto lauter wird die Kritik von Aktivisten und Internetnutzern. Dass BP sich mit dem Slogan "Beyond Petroleum" einst ein umweltfreundliches Image geben wollte, ist Makulatur.

Nichts zeigt dies besser als der Wettbewerb, den die Umweltorganisation Greenpeace ausgerufen hat: Sie forderte die Netzgemeinde auf, ein neues Logo für den Konzern zu entwerfen.

Der Sensenmann mit zwei Buchstaben

Mehr als 900 Vorschläge gingen bislang ein, sie zeigen die Buchstaben des Unternehmen in triefendes Öl getränkt oder einen Sensenmann, der einen ölverschmierten Vogel in der Hand hält. Ein Nutzer machte die Initialen BP schlicht zur Abkürzung für "Bullshit Propaganda" - ein deutlicher Verweis auf die missglückten Versuche, die Ölkatastrophe vor allem in den ersten Wochen herunterzuspielen.

Um nun für einen Meinungsumschwung zu sorgen, hat sich die PR-Abteilung des Konzerns eine neue Methode einfallen lassen: Das Unternehmen kauft Suchbegriffe bei Google und Yahoo. Der Ankauf solcher Schlagworte ist erst einmal nichts Besonderes: Viele Unternehmen nutzen diese Möglichkeit, um beispielsweise bei der Sucheingabe "Auto" mit ihrem Modell als gesponsertes Ergebnis zu erscheinen.

BP hat nun offensichtlich Schlagworte wie "Oil Spill", "Gulf of Mexico" oder "BP oil" gekauft. Sucht ein Nutzer bei Google danach, erscheint als erster Link eine Seite auf der Homepage des Energiekonzerns. Dort werden die Anstrengungen gezeigt, der Katastrophe Herr zu werden; Öl, geschweige denn dessen Folgen für Umwelt und Tiere, sind auf den dort veröffentlichten Bildern erwartungsgemäß nicht zu finden.

Warum BP den Kampf im Netz verliert

Im Netz wird diskutiert, ob solche Maßnahmen ethisch sind und wirklich dabei helfen, den ramponierten Ruf des Unternehmens zu verbessern. Matthew Whiteway von der Britischen Firma Greenlight bezeichnet den Schritt als "PR-Meisterstück" - kein Wunder, ist Greenlight doch ein Unternehmen für Suchmaschinenmarketing.

Der Großteil der Beobachter im Netz hingegen kritisiert den Konzern für diese Art Öffentlichkeitsarbeit: "Wenn der Kauf eines Top-Google-AdWords eine Sünde ist, steht sie sicherlich ganz unten auf einer langen Liste", schreibt Öko-Entrepreneur Karl Burkart, "Aber wenn man den Link zur offiziellen BP-Webseite klickt und die wundervollen, schneeweißen Strände dort sieht, fällt es schwer, nicht durchzudrehen."

Colin Delany, der für die Plattform e.politics die Wirkung von Kampagnen im Netz beobachtet, ergänzt, dass die PR-Abteilung des Unternehmens zwar in der Pflicht sei, solche Mittel anzuwenden. Aber: "Der Spin eines Unternehmens funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad, und vielleicht nerven mich die BP-Suchanzeigen vor allem deshalb nicht, weil sie kaum etwas bewirken werden."

Verwehrt BP Journalisten den Zugang?

Zeitgleich mit den Suchanzeigen startete BP in den USA auch eine großangelegte TV-Kampagne im Wert von 50 Millionen Dollar. Im Netz dürfte die Kritik indes nicht abreißen. Der kalifornische Designer Mike Monteiro veröffentlicht beispielsweise fiktive BP-Werbeplakate und verbreitet unter dem Twitter-Namen "BPGlobalPR" zynische Mitteilungen, die den Verharmlosungssprech des Konzerns entlarven sollen. Inzwischen musste er auf Druck des Unternehmens klarstellen, nicht für BP zu sprechen. Das dürfte ihm wenig ausmachen: Mit mehr als 155.000 Followern erreicht er über diesen Kanal längst zehn Mal mehr Menschen als die offiziellen BP-Mitteilungen dort.

Während in einer Facebook-Gruppe mehr als 540.000 Nutzer zum BP-Boykott aufrufen und Parodie-Videos zu YouTube-Hits werden, werden in US-Medien schwere Vorwürfe gegen die PR-Abteilung des Konzerns laut: Derzeit häufen sich die Berichte, wonach BP-Offizielle Journalisten den Zugang zu den ölverseuchten Stränden verwehren und Mitarbeiter, Fischer und Kapitäne von Mietbooten dazu drängen, Medienvertretern keine Auskünfte zu geben. Der Konzern dementiert dies.

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