Nordkoreas erste Webseite:Kim Jong Online

Nordkorea geht in die Internet-Offensive: Im Netz verbreitet die staatliche Nachrichtenagentur Propaganda-Meldungen in spanischer und englischer Sprache. Ein bizarres Schauspiel.

Johannes Kuhn

Kim Jong Il ist ein Internetexperte. Sagt er zumindest selbst, so geschehen im Jahre 2007: Damals hatte Südkorea angeboten, einen Industriepark im Nachbarland mit dem Internet zu verbinden. Weil er ein Internetexperte sei, so Kim damals, könne er die Probleme vorhersehen, die das Internet für Nordkorea bringen könnte.

Weil der 69-Jährige neben der Rolle des Netz-Sachverständigen auch die eines hauptberuflichen Diktators einnimmt, hat diese Einschätzung für sein Land fatale Folgen: Als einzige Nation nutzt Nordkorea seine Länderkennung nicht, keine einzige Webseite mit der Endung .nk ist im Netz zu finden.

Zugang zum Internet für die Bürger? Fehlanzeige.Das Volk von jeglichem Einfluss ausländischer Medien fernzuhalten gehört zu den zentralen Zielen des Regimes - auch wenn der "liebe Führer" selbst gerne mit seiner Vorliebe für Hollywood-Filme kokettiert.

Nun aber hat sich der alternde Despot jedoch offenbar eines Besseren belehren lassen. Nicht, was die Abschottung seines Landes angeht - sondern vielmehr hinsichtlich der Präsenz im Internet. Unter der Zahlenfolge 175.45.179.68/ findet sich seit einigen Tagen die Webseite der nordkoreanischen Nachrichtenagentur online - erstmals auf nordkoreanischen Servern gehostet.

Die staatstreuen Meldungen werden dabei ins Englische und Spanische übersetzt. Allerdings dürfte die Themenauswahl erst einmal bei einem kleinen Kreis für Begeisterung sorgen - dem Politbüro. Schon auf der Startseite ist der lächelnde Kim, umgehen von Generälen und Parteifunktionieren zu sehen. Der trockene Untertitel "Kim Jong Il sieht sich eine Militärparade an".

Auch die weiteren Nachrichten schwanken zwischen Propaganda und Agitation: Kambodschanische Botschaftsangehörige helfen nordkoreanischen Bauern mit "Freundschaftsarbeit" bei der Reisernte; glückliche Gäste und Nordkoreaner feiern den 65. Geburtstag der kommunistischen Partei; der südkoreanische "Puppenminister" für die Einheit des Landes ist ein "Verräter" und hat keine Ahnung über die Zustände im Norden.

Hier twittert die Partei

Bereits in der Vergangenheit hatte Nordkorea Propagandemeldungen der Agentur im Netz veröffentlicht - allerdings wurden Seiten wie KCNA und urimzokkiri auf Servern im Ausland gehostet.

Die erste echte nordkoreanische Seite wurde offenbar anlässlich der Feierlichkeiten zum 65. Jahrestag der Gründung der kommunistischen Partei ins Netz gestellt.

Wie verschiedene Medien berichten, hatte eine Delegation ausländischer Journalisten am vergangenen Wochenende mit ihren Laptops freien Zugang zum Internet erhalten. Normalerweise müssen Ausländer hierfür besondere, staatlich kontrollierte Computer nutzen.

Dies und die neue Internetseite als Öffnung zu interpretieren, dürfte allerdings kaum jemandem in den Sinn kommen: Immerhin nutzt die Regierung bereits heute so moderne Medien wie YouTube und Twitter für die Verbreitung ihrer Botschaft, ohne dass dies dazu geführt hätte, dass Nordkoreaner Zugriff zum Internet erhalten hätten.

Dessen Nutzung bleibt weiterhin der politischen Führung und hohen Beamten vorbehalten.

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