Neues Betriebssystem:Was Microsoft mit Windows 10 besser machen will

Neues Betriebssystem: Illustration: Stefan Dimitrov

Illustration: Stefan Dimitrov

  • Mit Windows 10 könnte das Ende einer Ära beginnen. Unter dem neuen Chef Satya Nadella ändert sich Microsoft rasant.
  • Statt neuer Windows-Versionen will Microsoft fortan kleinere Updates veröffentlichen.
  • Der Kern des Betriebssystems soll auf mehreren Plattformen funktionieren: PC, Tablet und Smartphone. Das ist gut für die Entwickler.

Von Helmut Martin-Jung

Es könnte das Ende einer Ära sein. Einer Ära, die so aussah: Wann immer der Software-Konzern eine neue Version seines Betriebssystems Windows fertiggestellt hatte, mussten die Kunden in einen Laden gehen, sich eine hübsch bedruckte Schachtel mit Datenträgern darin holen und die Software auf ihrem Computer installieren. Später luden es sich mehr und mehr Nutzer auch herunter. Doch wenn im Sommer Microsofts Windows 10 auf den Markt kommt, wird es wohl das letzte Mal sein, dass der Konzern seinen Nutzern einen größeren Versionssprung zumutet, bei dem mit einem Mal vieles anders ist als gewohnt. Und es ist nicht das Einzige, was sich mit dem neuen Windows ändert.

Die am wenigsten erwartete Neuerung dürfte diese sein: Windows 10 soll für jene Nutzer ein Jahr lang kostenlos sein, die bereits Windows 8.1 haben. Ob man für etwas Grundlegendes wie ein Betriebssystem überhaupt noch etwas verlangen kann, darüber diskutieren Experten ohnehin schon länger. Das jüngste Apple-System, Yosemite, ist gratis, Linux gab es schon immer frei zum Herunterladen. Dass aber Microsoft diesen Schritt geht - in China sollen womöglich sogar PC mit raubkopierten Windows-Versionen das Update bekommen - ist schon ungewöhnlich. Aber was ist noch wirklich ungewöhnlich bei dieser Firma, die sich unter der Führung ihres neuen Chefs Satya Nadella so rapide wandelt?

Windows 10 bedeutet wohl vor allem deshalb das Ende einer Ära, weil danach wohl keine neue Version im bisherigen Sinne mehr erscheinen wird. Stattdessen wird es eher ständige kleinere Updates geben, so dass sich das System neueren Entwicklungen schneller anpassen kann und man nicht auf den nächsten großen Wurf warten muss. Der barg schließlich immer auch ein Risiko: Ging er in die Hose wie einst Windows Millennium, Windows Vista oder zuletzt Windows 8, war das Geschäft der nächsten Jahre in Gefahr. Denn es dauerte, bis Microsoft eine verbesserte Version nachliefern konnte.

Über die Jahre hat das Betriebssystem ganz schön Speck angesetzt

Die zweite wichtige Neuerung: Microsoft wagt es, denselben Kern seines Betriebssystems für eine Vielzahl von Geräten zu verwenden. Die Systeme für Handys, Tablets, Laptops und Schreibtisch-PC werden künftig nicht zwingend eine Oberfläche haben, die sehr ähnlich aussieht, dafür aber eine gemeinsame Grundlage. Ein Grund für den Misserfolg von Windows 8 war ja, dass Microsoft den Nutzern der PC-Version zumutete, mit einer Oberfläche zurechtzukommen, die sich vor allem für Tablets eignete. Nun darf ein PC wieder PC sein - also eher optimiert für die Bedienung mit Maus und Tastatur.

Im Gegenzug steckt aber auch in den für Handys oder Tablets optimierten Versionen von Office derselbe Programm-Kern. Etwas wie Familienähnlichkeit bleibt trotzdem erhalten - die von den Mobilsystemen und Windows 8 her bekannten Kacheln leben im Startmenü von Windows 10 weiter, auf Wunsch geht das auch bildschirmfüllend.

Das viel Entscheidendere aber ist, dass sich die Apps, also die Programme, in ihren Grundlagen nicht unterscheiden müssen. Egal, ob sie auf dem Bildschirm eines Smartphones angezeigt werden oder auf einem 2,50 Meter großen Riesenbildschirm. Das ist gut für die Anwender, die dieselben Programme auf verschiedenen Plattformen nutzen können, aber auch für Programmierer, denen Microsoft einen Großteil der Programmierarbeit abnimmt.

Das Anmelden am Rechner soll einfacher und sicherer werden

Startet man Windows 10 auf einem Bürorechner, unterscheidet sich die Oberfläche kaum vom beliebten Vorvorgänger Windows 7. Anstatt also die Oberflächen auf Kosten der Bedienerfreundlichkeit zu vereinheitlichen wie bei Windows 8, konzentriert sich Microsoft diesmal darauf, die Funktionalitäten zu erhalten.

Ganz leicht ist dieses Unterfangen nicht, denn über die Jahre hat Windows ganz schön Speck angesetzt, gut 30 Gigabyte waren schnell weg, bis ein volles Windows installiert war. Was nicht heißt, dass die Funktionalität eingeschränkt wird. Das Windows mit der runden Nummer wird zwei Neuerungen bringen, die den Umgang mit Computern auf Sicht verändern könnten.

Zum einen arbeitet Microsoft an einer biometrischen Zugangssicherung, die das ungeliebte - und oft genug auch unsichere - Passwort ersetzen kann. Microsoft ist zu diesem Zweck der Standardisierungsgruppe Fido beigetreten, deren Ziel es ist, mit einer sogenannten Zwei-Faktor-Authentifizierung dem Abfischen von Zugangsdaten und dem Knacken von Passwörtern zu begegnen. Zwei-Faktor-Authentifizierung heißt, dass nicht mehr wie bisher Benutzerkennung und Passwort ausreichen. Stattdessen könnten beispielsweise ein Scan der Iris und ein Zifferncode kombiniert werden, den ein spezieller Schlüsselanhänger auf einem kleinen Display anzeigt.

Sprachsteuerung mit der Assistentin Cortana

Die zweite größere Neuerung hört auf den Namen Cortana. Das ist eigentlich eine Figur aus der Computer-Spielereihe "Halo", und Kenner ahnen schon, warum sich der Konzern diesen Namen ausgesucht hat: Cortana ist ein Wesen der künstlichen Intelligenz und sehr lernfähig. Bisher gibt es sprachgesteuerte digitale Assistenten nur für Handys und Tablets. Microsoft hat mehr vor, will Sprachsteuerung auf allen Windows-Geräten etablieren. "Wenn man zum Beispiel etwas schreibt und zwischendurch eben schnell etwas ausrechnen muss, das könnte man so lösen", sagt Marcus Ash. "Das Beste wäre, wenn die Leute sagen würden, hey, ich wusste gar nicht, dass das so einfach geht."

Ash ist bei Microsoft Programm-Manager für Cortana. Derzeit liegt der Fokus seines Teams darauf, Sprachsteuerung für den PC fit zu machen: "Wie können wir besser helfen, zum Beispiel, um Mails abzurufen und zu senden?" Je mehr Cortana über den Nutzer weiß und damit über ihn auf den Microsoft-Servern gespeichert ist, desto besser kann die digitale Assistentin funktionieren. Aber Ash weiß auch, dass die Nutzer die Kontrolle über ihre Daten behalten wollen. Deshalb fragt Cortana jedes Mal nach, wenn sie Zugang etwa zu den Mails haben möchte.

Da sie die Abfahrtszeiten aus der Flugbestätigung kennt, könnte sie warnen, wenn der Verkehr zum Flughafen dicht ist und es knapp werden könnte, die Maschine zu erreichen. Mit der englischsprachigen Version ist Microsoft schon weiter, die deutsche ist noch im Versuchsstadium. Ganz bewusst, denn das Feedback der Nutzer hilft den Entwicklern, die digitale Helferin an die Besonderheiten jedes Landes anzupassen - von Dialekten bis zu den Lebensgewohnheiten.

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