Neue Messenger-Dienste wie WhatsApp:Warum die SMS ein Auslaufmodell ist

Messenger-Dienste wie WhatsApp sind auf dem besten Weg, die klassische SMS abzulösen. Neben dem deutlichen Preisvorteil bieten die mobilen Dienste weitere Vorteile gegenüber der SMS.

Peter Stelzel-Morawietz

Viel Text ist es gerade nicht, den man mit 160 Zeichen schreiben kann, doch viele Mobilfunkprovider verlangen für Kurznachrichten nach wie vor 20 oder gar 30 Cent. Fast 20 Jahre lang war die SMS eine Art Goldesel. Denn investieren mussten die Provider praktisch nichts mehr, die Technik ist dieselbe wie bei der Einführung des Dienstes 1992: 160 Zeichen unformatierter Text, keine Links, Bilder, Videos oder sonstige Inhalte. Die dabei erzeugten Datenmengen sind winzig, für die Netzbetreiber also ein gutes Geschäft.

Zwar hat jeder Bundesbürger nach Angaben des Branchenverbandes Bitkom 2011 noch rund 700 SMS verschickt, dafür aber im gesamten Jahr weniger als 25 Euro bezahlt. Der monatliche Erlös sank damit erstmals auf rund zwei Euro pro Kunde, weil die Mobilfunkfirmen insbesondere über Flatrates für unbegrenztes Verschicken der Kurznachrichten hohe Rabatte anbieten mussten. Längst nämlich gibt es zahlreiche Alternativen zur SMS, die weit mehr bieten, dafür aber nichts kosten.

Konkurrenz machen der Kurznachricht die mobilen Messenger, die inzwischen weit verbreitet sind. Freilich existieren solche Programme zum Austausch privater Nachrichten für den PC schon seit den neunziger Jahren, doch auf so richtig breiter Front haben sich ICQ, der Yahoo Messenger und ähnliche Software nie durchsetzen können. Denn dazu benötigte man stets eine spezielle programmspezifische Nummer oder den passenden Nicknamen seines Gegenübers.

Es reicht die Handynummer

Bei den mobilen Versionen ist das überflüssig: Es reicht - wie bei der SMS - die Handynummer. Seine Freunde und Geschäftspartner hat man schließlich ohnehin im Telefonbuch des Handys gespeichert. Installiert man eine solche App auf dem Smartphone und meldet sich beim Betreiber an, überprüft der neue Messenger automatisch alle vorhandenen Telefonbucheinträge daraufhin, ob sie ebenfalls bei dem Nachrichtendienst aktiv sind. Das alles funktioniert ohne eigenes Zutun, man kann seinen Bekannten also sofort neue Nachrichten schicken.

Neben den sozialen Netzwerken wie Facebook, über die sich ebenfalls Nachrichten verschicken lassen, ist die Anwendung WhatsApp in Deutschland besonders populär. WhatsApp existiert für alle gängigen mobilen Betriebssysteme und kostet fürs iPhone und iPad einmalig 79 Cent. Auf Android-, Symbian- und Windows-Phone-Geräten ist die Nutzung im ersten Jahr gratis, danach beschränken sich die Nutzungsgebühren auf rund 80 Cent - pro Jahr. Blackberry-Nutzer erhalten WhatsApp sogar gratis. Damit lassen sich zwar anders als bei der SMS noch nicht mit wirklich jedem Handybesitzer Nachrichten austauschen, doch inzwischen besitzen viele ein Smartphone.

Dienste von Apple, Google und Microsoft

Apple, Google und Microsoft bieten als Hersteller der Handy-Betriebssysteme ähnliche Dienste an, doch deren Messenger laufen wiederum nur auf Telefonen mit dem gleichen System. Der Versand und Empfang der Nachrichten über die mobilen Messenger läuft über das Internet und stellt somit keine gesonderte Dienstleistung der Netzbetreiber wie beim SMS-Versand dar.

Folglich kosten die einzelnen Nachrichten auch nichts, vorausgesetzt man hat auf seinem Handy einen Online-Zugang. Ohne mobiles Internet aber macht ein modernes Smartphone ohnehin kaum Sinn, sodass praktisch alle Besitzer eine Online-Flatrate buchen. Mit dem Datentarif, den es von fünf Euro pro Monat an gibt, sind alle Kosten abgegolten, sofern man das im jeweiligen Tarif enthaltene Datenvolumen nicht überschreitet.

Keine Längenbeschränkung

Neben dem deutlichen Preisvorteil bieten die mobilen Messenger weitere Vorzüge gegenüber der SMS: So existiert keine Längenbeschränkung auf 160 Zeichen, zudem lassen sich Internet-Links zum direkten Anklicken verschicken, ebenso wie Bilder, Videos und vieles mehr. Bei den Telefonprovidern dagegen muss man für das Gleiche nochmals extra bezahlen, denn der Versand einer MMS (Multimedia Messaging Service) kostet in Deutschland einheitlich 39 Cent.

Im Prinzip spricht damit vieles für einen der Messenger-Dienste, die die Tabelle unten auflistet. Allerdings handelt es sich bei den Anbietern um private Unternehmen, welche die Daten häufig auf Servern in den USA speichern. Damit unterliegen die Inhalte auch nicht den deutschen Datenschutzbestimmungen, Geschäftsgeheimnisse gehören deshalb nicht hierher. Die Mobilfunkanbieter sehen die Entwicklung mit Sorge. Mehr und mehr Nutzer fragen sich, weshalb sie für etwas bezahlen sollen, was sie woanders kostenlos und gleichzeitig komfortabler bekommen.

Drei der vier Mobilnetzbetreiber, die Deutsche Telekom, Vodafone und O2-Telefonica, wollen deshalb mit einem eigenen neuen Multimediadienst dagegen setzen. Der neue, ursprünglich RCS-e (Rich Communication Suite-enhanced) genannte Dienst wird unter dem Begriff Joyn vermarktet. Zusätzlich zum Text lassen sich mit Joyn wie bei den meisten anderen Messengern auch Musik, Bilder und Filme übertragen.

Vodafone prescht vor und will Joyn auf dem Samsung-Smartphone Galaxy S2 vorinstallieren. Später soll der neue Dienst als App für andere Geräte sowie für die anderen Mobilfunk-Betriebssysteme, also Windows Phone und für das iPhone von Apple, hinzukommen. Die anderen beiden Provider wollen Joyn auch noch in diesem Jahr starten, mehrere große Smartphone-Hersteller haben zugesagt, den Dienst in ihre neuen Geräte zu integrieren. Wie viel Joyn kosten soll, steht noch nicht fest.

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