Neue Domains:Liebe zur Kürze

Ab Montag ist sueddeutsche.de auch unter sz.de erreichbar. Der Grund: Erstmals wurden in Deutschland Domainnamen mit zwei Buchstaben verkauft.

Christopher Schrader

Ungekrönte Könige der Abkürzungen waren bisher die Fantastischen Vier. Die deutsche Rap-Gruppe landete 1999 einen Hit mit dem Titel "MfG", in dem sie lauter Drei-Buchstaben-Kürzel zu gereimtem Sprechgesang formte: "BRD, DDR und USA; BSE, HIV und DRK", lautete ein Zeilenpaar.

An diesem Freitag jedoch ist eine Firma in Frankfurt zum neuen Star in Sachen Abkürzungen geworden. Die Denic, Verwalterin aller Internet-Seiten mit der Endung .de, hatte kurzfristig die Vergabe neuer - und sehr attraktiver - Namen für das Netz angesetzt.

Die sogenannten Domains dürfen neuerdings aus nur einem oder zwei Buchstaben bestehen oder nichts als Ziffern enthalten; außerdem fiel das Verbot, Autokennzeichen wie STA für Starnberg zu Internetadressen zu machen.

Insgesamt 1545 ein- oder zweistellige Adressen waren verfügbar; sie dürften innerhalb kurzer Zeit nach dem Start um neun Uhr am Freitag vergeben worden sein. Nach 90 Minuten hatte Denic 10.000 neue Adressen registriert, bis nachmittags erreichte die Zahl 30.000.

Dabei galt das Prinzip: Wer zuerst kommt, erhält den Zuschlag. Das habe sich für die Freigabe neuer Adressen bewährt, sagte Denic-Chefin Sabine Dolderer. Um die Priorität belegen zu können, drückte ihre Firma auf jeden Antrag einen "elektronischen Zeitstempel, der im Millisekundenbereich arbeitet".

Die Aktion hatte einen Goldrausch unter Domainhändlern ausgelöst. Nur die 274 Mitgliedsfirmen der Denic-Genossenschaft konnten ihre Anträge auf neue Adressen direkt in den Computer der Verwalterin einspeisen, jeweils vier pro Minute. Manches dieser Unternehmen berechnete seinen Kunden viel Geld, um eine attraktive Adresse durchzubringen: Eines verlangte eine Spende an die Kindernothilfe von bis zu 30.000 Euro. Ein anderes versteigerte bei E-Bay das Recht, den ersten Antrag zu stellen. Es bekam 37 Angebote und erzielte 8250 Euro.

Geschäftemacher deckten sich ein

Nur fünf kurze Adressen waren schon vor neun Uhr am Freitag registriert. Drei davon hatten historische Rechte wie die Deutsche Bahn (db.de). Hinzu kam Volkswagen: Der Konzern hatte sein vw.de über Jahre durch mehrere Gerichtsinstanzen erstritten und so den Gesinnungswandel bei Denic ausgelöst.

Die Internet-Verwalter in Frankfurt hatten die Registrierung kurzer Adressen zuvor mit dem Hinweis auf technische Probleme mit älteren Programmen verweigert. Unter Verweis auf das VW-Urteil sicherte sich schließlich auch die Mobilfunkfirma O2 eine Domain, bevor der Ansturm begann. Zehn weitere Adressen musste Denic nach einstweiligen Verfügungen sperren, zum Beispiel br.de auf Antrag des Bayerischen Rundfunks.

Zu den Gewinnern im regulären Verfahren zählen neben der Lufthansa (lh.de) und der Hansestadt Hamburg (hh.de) auch die Süddeutsche Zeitung (sz.de), die die neue Adresse ab Montag nutzt. Ansonsten haben sich offenbar viele Geschäftemacher für den lukrativen Weiterverkauf eingedeckt. Zum Beispiel ging 089.de an eine Firma in Las Vegas.

"Mindestens die Hälfte der neuen Domains dürften sich in Händen von Besitzern befinden, die keine Markenrechte an den Kürzeln haben", vermutet Andreas Bauer von der Rechtsanwalts-Kanzlei Taylor-Wessing. Wenn kleinere Firmen nachträglich versuchen wollen, eine dieser attraktiven Adressen zu bekommen, müssen sie entweder zahlen oder klagen. Die Gerichte machen sich dann zur endgültig letzten Instanz für Abkürzungen.

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