Allo:Googles Messenger ist smart - aber nicht privat

Google Allo

Google Whatsapp-Alternative heißt Allo und will mit künstlicher Intelligenz überzeugen.

(Foto: dpa)

Bei Allo liest künstliche Intelligenz jede Nachricht mit. Auch deshalb warnt Edward Snowden eindringlich und bezeichnet die App als "Google-Überwachung".

Von Michael Moorstedt

Höchste Begeisterung oder tiefste Bestürzung, das sind gemeinhin die beiden Emotionen, die sämtliche Aktivitäten von Google bei der Öffentlichkeit auslösen. So war es auch in der vergangenen Woche, als der Konzern seine neue Messaging-Plattform Allo zum Download freigab. Die Nutzeroberfläche sieht erst einmal unspektakulär aus, nicht viel anders als das weithin bekannte Whatsapp.

Doch mit Allo können die Nutzer nicht nur andere Menschen kontaktieren, sondern zum Beispiel auch Informationen zu Reiserouten, Wetter und Restaurants in der näheren Umgebung abrufen oder auch Wissensfragen stellen. Außerdem mischt sich der neue Messenger aus dem Hause Google auch in Unterhaltungen mit anderen Menschen mit möglichen passenden Antworten ein.

Der Google-Assistent liest mit - permanent

Wie das geht? Hinter Allo steckt ein sogenannter Bot. Der Google-Assistent liest permanent mit und sendet die eingegebenen Texte an einen Google-Server. Im Zeitalter der Bots gilt ein ungeschriebenes Gesetz, das so alt ist wie das Internet selbst: Je mehr Komfort man im Netz haben will, desto mehr Hoheit über seine eigenen Daten muss man als Nutzer abgeben. Aus diesem Grund, und weil Google keine adäquate Verschlüsselung für all die sensiblen Informationen anbietet, meldete sich kurz nach der Veröffentlichung sogar Edward Snowden zu Wort, sozusagen als fleischgewordenes Über-Ich der Informationsgesellschaft, und verkündete auf Twitter: Die Menschen könnten alles tun, aber Allo sollten sie nicht benutzen.

Es ist eher zweifelhaft, dass Snowdens Bedenken den Siegeszug der Bots aufhalten werden. Auf Facebooks Messenger-Plattform tummeln sich inzwischen mehr als 30 000 der halbautonomen Programme. Im vergangenen Juli waren es noch knapp 10 000. Im gleichen Zeitraum bedeutet das einen doppelt so großen Zuwachs, als Smartphone-Apps in ihrem Anfangsstadium 2007 verzeichnen konnten. Man kann Flüge buchen, ein Uber-Taxi bestellen und seine Bankgeschäfte abwickeln. Alles mit einer kurzen Nachricht an die Rechner. Ausgerechnet der Mann, der in nicht geringem Maße für den Hype verantwortlich ist, hat in der letzten Woche die Erwartungen jedoch gebremst: David Marcus, seines Zeichens Chef von Facebook Messenger, sagte, die Bots seien im Moment "overhyped and underpowered".

Bots könnten Apps und sogar Webseiten ersetzen

Doch weil man es hier mit dem Silicon Valley im weitesten Sinne zu hat, ist die Sache mit den Bots trotz allem selbstverständlich nicht weniger als eine Revolution. Von "conversational commerce" ist da die Rede und davon, dass Bots schon bald Apps und sogar Websites selbst ersetzen könnten. Es ist also kein Wunder, dass so gut wie jedes Unternehmen, das halbwegs Wert auf Zeitgeist-Glaubwürdigkeit legt, inzwischen sein eigenes Bot-Programm entwickelt. Immerhin verspricht die neue Software etwas, das gemeinhin als Königsdisziplin des Marketing verstanden wird.

Will er ein Produkt kaufen, eine Reise buchen oder Mittagessen bestellen, muss der Nutzer nicht mehr sein eigentliches Handeln unterbrechen, eine App öffnen und sein Anliegen formulieren. Stattdessen injizieren die Bots die Markenbotschaften an den Ort, an dem Menschen ohnehin schon kommunizieren. In die Messenger- und SMS-Konversationen auf deren Smartphones. Durch ihre Bots bleiben die Firmen im wahrsten Sinne des Wortes im Gespräch.

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