Nachfolger von kino.to:Erbfolgekrieg im Internet

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Noch ist die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen zu kino.to beschäftigt. Im Netz starteten derweil mehrere neue Webseiten, die sich alle als legitimer Nachfolger des Videoportals bezeichnen. Die Ermittler sind von diesem Katz-und-Maus-Spiel überfordert.

Frederik Obermaier

Für die Polizei war es ein Schlag gegen Urheberrechtsverletzung, die Szene sah es als Kriegserklärung: Als Ermittler Anfang Juni das Filmportal kino.to abschalteten, auf dem Nutzer kostenlos Filme sehen konnten, und 13 mutmaßliche Hintermänner verhafteten, war der Aufschrei groß.

Für das Videoportal kino.to gibt es nach wenigen Wochen bereits mehrere Nachfolger. (Foto: dpa)

Hacker legten die Homepage der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) lahm - es war die Rache der Netzgemeinde an Staat und Filmindustrie. Und am Dienstag dieser Woche fand sich dann plötzlich die Seite kinox.to im Netz - die sich selbst zum legitimen Nachfolger erklärte.

Was sich nun, ein paar Wochen nach der Razzia, im Internet abspielt, lässt sich wohl am ehesten als Katz- und Mausspiel beschreiben - zwischen den Behörden und der GVU auf der einen, und den Filmpiraten auf der anderen Seite. Während die Ermittlungen andauern und immer neue Details zu den Betreibern von kino.to ans Licht kommen, ist im Netz eine regelrechte Erbfolgeschlacht ausgebrochen, oder, wie es in den einschlägigen Blogs heißt, ein "Krieg der Klone".

Neben kinox.to beansprucht auch das Portal video2k.tv für sich, Nachfolger von kino.to zu sein. Vor einigen Wochen war plötzlich die Seite kino.chill.to online - auch die ist mittlerweile gesperrt. Da kino.to lediglich auf die Filme verlinkte und sie nicht selbst auf der Seite gespeichert hatte, ist es technisch nicht allzu schwer, eine gesperrte Website durch eine neue zu ersetzen.

Wer hinter den neuen Seiten steckt, bleibt ein Rätsel - und wird es wohl vorerst auch bleiben. Der Fall um kino.to und seine Nachfolger zeigt deutlich, wie schwer sich die Behörden mit der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet tun. "Wir haben schon jetzt alle Hände voll zu tun", sagt Wolfgang Klein von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden.

Externe Computer-Spezialisten im Ermittlerteam

Die Behörde ermittelt bereits gegen kino.to, ein möglicher Zusammenhang zu kinox.to soll laut Klein auch geprüft werden. Für noch mehr Katz-und-Maus-Spiel im Internet fehlt jedoch das Personal. Noch immer sitzen zehn mutmaßliche kino.to-Hintermänner in Haft, die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihnen neben Urheberrechtsverletzungen auch die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung vor.

Drei Verdächtige wurden nach umfangreichen Geständnissen bereits freigelassen. Dutzende beschlagnahmte Computer und Festplatten warten auf ihre Auswertung. Wie aus Ermittlerkreisen zu hören ist, waren einige Polizisten mit der digitalen Schnipseljagd schnell überfordert.

Zusätzlich zu den Experten von Landeskriminalamt und Bundeskriminalamt mussten deshalb externe Computer-Spezialisten ins Ermittlerteam geholt werden. Mit dem vermeintlichen Coup könnte sich die Polizei übernommen haben.

Während es zu Beginn der Ermittlungen noch hieß, auch Werbepartner von kino.to müssten Anklagen fürchten, erklärt die Generalstaatsanwaltschaft mittlerweile: "Im Fokus steht jetzt erst mal die Anbieterseite von kino.to." Die GVU schätzt, dass der Filmindustrie durch Anbieter wie kino.to jedes Jahr hunderte Millionen Euro an Einnahmen entgehen.

© SZ vom 14.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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