Musik vom Ego:Die Persönlichkeits-Jukebox

Ein Bild, ein paar Sätze, ein Geräusch und einen Rhythmus - mehr braucht es nicht, um sein eigenes musikalisches Portrait zu entwerfen. Das verspricht zumindest die Firma Eel Pie des The Who-Gitarristen Pete Townshend.

Jörg Donner

Um sein persönliches Lied zu komponieren, muss man weder Noten lesen können, noch musikalisch sein. Statt dessen kann man jetzt Modell stehen, ähnlich wie für einen Maler, und der Computer entwirft ein einzigartiges, individuelles Musikstück.

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(Foto: Foto: iStockPhoto)

Das zumindest verspricht die Firma Eel Pie, die 1970 von Pete Townshend gegründet wurde, dem Gitarristen der Band The Who. Zusammen mit anderen Musikern und Programmieren tüftelt Townshend angeblich schon seit 30 Jahren an einer Möglichkeit, musikalische Portraits zu erstellen. Mit der "Lifehouse"-Methode hat nun jeder die Möglichkeit, auf der Webseite des Unternehmens sein eigenes Werk zu generieren.

Dazu muss man lediglich ein Foto von sich hochladen, einige Sätze der eigenen Stimme, einen Klopf-Rhythmus und ein persönliches Geräusch. Diese Informationen benutzt das Programm als Persönlichkeitsmerkmale, für die es dann ein Lied komponiert, das man sich im mp3-Format herunterladen kann. Die so generierten Lieder können nach Belieben kopiert und verteilt werden.

"Egal ob Ihnen das Lied gefällt oder nicht, es ist auf jeden Fall ein einzigartiges Portrait, erstellt aus Ihren persönlichen Informationen", heißt es auf der Webseite. Bis zum 31. Juli kann jeder Benutzer drei Songs produzieren, danach bekommt man ein Angebot für ein bezahltes Abonnement. Die Preise dafür sind nicht genannt.

Nutzer sollen beteiligt werden

Allerdings versprechen die Macher, alle Portraits von Produzenten und Komponisten, darunter auch Pete Townshend, wohlwollend prüfen zu lassen. Ein paar davon würden möglicherweise benutzt, um sie weiterzuentwickeln und zu bearbeiten.

Sollten sich daraus womöglich Gewinne erzielen lassen, beispielsweise aus Werbeeinnahmen oder sogar als Teil eines "echten" Musikstücks, sollen die Nutzer mit einem Drittel an den Einnahmen beteiligt werden, verspricht die Webseite.

Ob die Musiksoftware funktioniert, hat sueddeutsche.de getestet. Auf den folgenden Seiten finden Sie drei exemplarische Musik-Portraits von prominenten Persönlichkeiten: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Musiker Eric Clapton und Serien-Schauspieler David Hasselhoff.

Die Persönlichkeits-Jukebox

Testperson eins: Angela Merkel

Musik vom Ego: Bundeskanzlerin Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel

(Foto: Foto: dpa)

Das Foto: topaktuell, vom vergangenen Montag, aufgenommen während eines Gesprächs mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) im Bundeskanzleramt in Berlin.

Das gesprochene Wort: Die ersten Sätze aus dem eigenen Podcast der Kanzlerin. Nicht ganz aktuell, dafür aber sehr optimistisch: die ersten Sätze der Video-Botschaft vom 4. November 2006 zur guten Wirtschaftsentwicklung.

Das Geräusch: Der 30. Juni 2006, die deutsche Nationalmannschaft spielt im Viertelfinale gegen Argentinien. Als Lehmann im Elfmeterschießen den Schuss eines Argentiniers hält, ist Deutschland im Halbfinale - und die Menge außer Rand und Band. Die Kanzlerin jubelt mit und macht Sympathiepunkte gut. Deshalb ist der Torjubel ihr Geräusch. Exemplarisch der aus einer Lokalität namens "Sudhaus".

Der Rhythmus: Wieder aus dem Podcast der Kanzlerin, die Eröffnungsmelodie.

Die Persönlichkeits-Jukebox

Musik vom Ego: Eric Clapton

Eric Clapton

(Foto: Foto: AP)

Das persönliche Musik-Portrait

Das Ergebnis für Angela Merkel spiegelt ein bisschen den Widerspruch zwischen Fröhlichkeit und ernsthafter Politik wieder. Die disharmonischen Streicher in endloser Wiederholung erinnern stark an Debatten um Klimaschutz und Steuersenkungen, hin und wieder schleicht sich auch ein verirrter Dur-Ton in die fünfminütige Moll-Symphonie ein.

Insgesamt kaum Neues, wenig Pepp und ein leicht verbitterter Nachgeschmack.

Die Persönlichkeits-Jukebox

Musik vom Ego: David Hasselhoff alias Mtich Buchannon in "Baywatch".

David Hasselhoff alias Mtich Buchannon in "Baywatch".

(Foto: Foto: Sat1)

Testperson zwei: Eric Clapton

Das Foto: Nicht mehr ganz neu, sondern schon zwei Jahre alt: Mr. Slowhand auf der Bühne in Dallas, am 5. Juni 2005.

Das gesprochene Wort: Aus einem Interview des Senders CBS. Dort erzählt Clapton dem Reporter John Blackstone von der Arbeit an seinem Album "The Road to Escondido".

Das Geräusch: Einem Musiker von der Güte Claptons einfach ein Geräusch zuzuordnen, wäre etwas zu banal gewesen. Daher ist das Geräusch eine Melodie: Ein Ausschnitt aus einem Gitarrenduo mit Pete Townshend, ebenfalls im amerikanischen Fernsehen.

Der Rhythmus: Eine schwere Entscheidung. In den Test schafften es die ersten 15 Sekunden der Unplugged-Version von "Tears in Heaven".

Die Persönlichkeits-Jukebox

Das persönliche Musik-Portrait

Das Ergebnis für Eric Clapton klingt deutlich harmonischer als das Portrait von Angela Merkel, besticht aber trotzdem nicht wirklich durch Vielfältigkeit oder besondere Individualität. Die Genialität des Künstlers kommt definitiv nicht zum Ausdruck. Schade, schließlich steckt zumindest im Geräusch auch ein bisschen von Pete Townshend, dem gedanklichen Vater des Projekts.

Die Persönlichkeits-Jukebox

Testperson drei: David Hasselhoff

Ausgesucht aus dem einfachen Grund, weil es bei ihm leicht fiel, Geräusche, Bilder und Rhythmen zu finden.

Das Foto: Als Mitch Buchannon, Rettungsschwimmer von Malibu, zog er zwölf Jahre lang ertrinkende Menschen aus den Fluten.

Das gesprochene Wort: In der RTL-Serie "Hape trifft..." zeigt Hasselhoff der holländischen Sexualtherapeutin Efje van Dampen (Hape Kerkeling), wie man als Rettungsschwimmer arbeitet. Fünfzehn Sekunden davon sind für das Analyse-Tool genug.

Das Geräusch: In "Knight Rider", der Serie, mit der Hasselhoff als Michael Knight bekannt wurde, spricht er mit seinem Auto K.I.T.T. Viel interessanter ist aber das Geräusch, das K.I.T.T. produziert, wenn es mit seinen roten Leuchtdioden in der Motorhaube die Umgebung scannt.

Der Rhythmus: In den USA glauben die Menschen vielerorts noch immer, dass Hasselhoff in Deutschland ein Star ist. Der Grund dafür liegt im Top-Ten-Hit "I've been looking for freedom". Die ersten 15 Sekunden daraus haben wir für den Test als Rhythmus gelten lassen.

Die Persönlichkeits-Jukebox

Das persönliche Musik-Portrait

David Hasselhoff ist vom computergenerierten Portrait am besten getroffen: Ein bisschen dies, ein wenig das, alles in allem nicht wirklich stimmig und auf Dauer unglaublich nervtötend.

Fazit: Die musikalischen Portraits von Eel Pie sind vielleicht einzigartig, Hit-Charakter kann man allerdings nur sehr schwer ausmachen. Nur gut, dass keines der Testobjekte auf die Tantiemen aus einer eventuellen Weiterverwendung angewiesen ist.

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