Musik-Streaming:Wunschkonzert mieten

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Mieten statt Tonträger kaufen: Streamingdienste bieten Millionen Musikstücke zum Abruf im Internet. Doch ist das eigentlich legal? Und welches Gerät eignet sich dafür am besten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Von Helmut Martin-Jung

Im Zeitalter der Schallplatten, Kassetten und Tonbänder war die Sache klar: Um zu Hause jederzeit ein bestimmtes Musikstück abspielen zu können, brauchte man einen Tonträger. Sonst blieb nur: selber musizieren. Im Zeitalter des Internets löst sich diese Bindung auf. Musik kann man heute auch in elektronischer Form kaufen. Oder auch nur den Zugang dazu - die wichtigsten Fragen dazu im Überblick.

Was ist Musikstreaming?

Streamingdienste könnte man vergleichen mit einem Radio-Wunschkonzert auf Abruf: Die Anbieter halten in großen Rechenzentren bis zu 25 Millionen digitalisierte Musikstücke bereit. Wählt ein Kunde einen bestimmten Song aus, wird er in kleine Datenpäckchen zerlegt und als Strom von Daten - daher der Name - über das Internet auf ein Gerät des Nutzers übertragen. Auf diesem Gerät wird zunächst eine gewisse Menge dieser Datenpäckchen als Puffer gespeichert, dann wird das Stück abgespielt. Während es läuft, werden im Hintergrund weiter neue Daten geladen. Auf dem Gerät des Nutzers bleibt in der Regel nichts zurück. Einige Anbieter nutzen auch eine Technik, bei der Musikdaten auf den Geräten der Nutzer bleiben und von dort aus zu anderen Nutzern übertragen werden.

Welche Anbieter gibt es?

Allein in Deutschland konkurrieren mittlerweile etwa 20 verschiedene Anbieter von Streamingdiensten für Musik miteinander. Zu den Größten gehören Spotify, Napster, Rara, Deezer, Simfy, Rdio, Juke, Amypa und Wimp. Auch Google bietet seit einigen Wochen Musikstreaming an.

Ist Musikstreaming legal?

Ja, alle Anbieter haben Verträge mit der Musikindustrie abgeschlossen, die es ihnen erlauben, die Daten auszuliefern. Das gilt auch für Napster. Der Streamingdienst war einst als sogenannte Tauschbörse gestartet, bei der Nutzer untereinander kostenlos Daten austauschen konnten. Der Streamingdienst, der mittlerweile zum amerikanischen Dienst Rhapsody gehört, hat mit dem ursprünglichen Unternehmen nur noch den Namen gemein.

Welche Geräte braucht man?

Streams können auf Smartphones, Tablets und Computern abgespielt werden. Für manche Dienste muss ein eigenes Programm installiert werden, manche - wie etwa der von Google - lassen sich auch über einen Browser abrufen. Darüber hinaus etabliert sich eine neue Klasse von Musik-Abspielgeräten, die ans Internet angeschlossen werden und Musik auch auf mehreren dieser Abspieler wiedergeben können. Ältere Stereoanlagen können Streams nicht ohne Weiteres abspielen, es gibt aber Zusatzgeräte, die man anschließen kann und die diese Fähigkeiten nachrüsten.

Was kostet Musikstreaming?

Die meisten Anbieter verlangen für eine Basis-Version fünf Euro pro Monat, für zehn Euro im Monat darf der Dienst auch auf mobilen Geräten genutzt werden. Einige der Dienste erlauben auch, eine begrenzte Anzahl von Titeln auf einem Gerät zu speichern, zum Beispiel, wenn man in den Urlaub fahren will und im Ausland kein mobiles Datennetz zur Verfügung hat. Einige Streamingdienste bieten auch ein sogenanntes Freemium-Modell an. Eine etwas eingeschränkte Version des Dienstes steht dabei kostenlos zur Verfügung, zusätzlich müssen die Nutzer auch Werbeeinblendungen hinnehmen.

Was bekommen die Künstler ab?

Während eine Band von einer verkauften CD bis zu drei Euro erhält, sind es bestenfalls einige Cent, wenn dasselbe Album gestreamt wird. Es macht also die Masse das Geschäft. Künstler, die eher kleinere Nischen bedienen, schneiden daher beim Streaming schlecht ab. Manche Künstler haben daher untersagt, dass ihre Musik gestreamt wird. Die Streamingdienste bezahlen auch die Gebühren für Verwertungsgesellschaften wie die Gema.

Wie viel Datenverkehr verursacht Musikstreaming?

Im Durchschnitt geht pro Minute Musik etwa ein Megabyte an Daten über die Leitung, je nachdem, mit welcher Qualität die Daten gestreamt werden. Wer die Dienste intensiv nutzt, sollte deshalb über eine Flatrate mit dem Internet verbunden sein, sonst kann es bei der Monatsabrechnung zu bösen Überraschungen kommen. Bei mobilen Datentarifen gibt es zwar auch Flatrates, doch in aller Regel sind diese nicht wirklich unlimitiert, sondern bieten zügige Anbindung nur bis zu einer gewissen Grenze, zum Beispiel 500 Megabytes pro Monat. Danach wird die Verbindungsgeschwindigkeit stark gedrosselt, für Streaming reicht es dann meistens nicht mehr. Um das Problem zu umgehen, bietet beispielsweise die Telekom einen speziellen Tarif in Kooperation mit dem Streamingdienst Spotify an. Die Streaming-Daten werden dabei nicht in das normale Datenkontingent eingerechnet. Um Daten zu sparen, werden an mobile Geräte in der Regel stärker komprimierte Musikdateien ausgeliefert.

Wie ist die Klangqualität?

Für Klangästheten ist schon der Kompromiss, den die Industrie für das CD-Format einging, zu weitgehend, weil er zum Beispiel die Dynamik - den Unterschied zwischen laut und leise - begrenzt. Die Qualität der meisten Streamingdienste liegt noch einmal darunter, weil die Musik von CDs vor der Übertragung komprimiert, also zusammengequetscht wird, um Datenvolumen einzusparen. Dabei geht immer etwas Klangqualität verloren, je nachdem wir stark die Dateien komprimiert werden. Eine der Ausnahmen ist der Dienst Wimp, der ausschließlich verlustfrei gespeicherte Musikdateien im Angebot hat.

Wie findet man seine Lieblingsstücke?

Elektronische Musikdateien enthalten auch Informationen zum Beispiel über den Titel des Stücks, des Albums und den Künstler. In den riesigen Datenbanken der Anbieter werden die Stücke nach diesen Oberbegriffen gespeichert. Für klassische Musik taugt dieses System allerdings nicht so gut, weil dasselbe Stück oft von vielen Künstlern aufgenommen wurde. Das Gewünschte zu finden, ist dann nicht immer einfach. Viele Dienste beziehen ihren Reiz jedoch daraus, dass sie Vorschläge machen, die zu den musikalischen Vorlieben der jeweiligen Nutzer passen. Sie erlauben es auch, Listen von Stücken anzulegen, sogenannte Playlists, die dann nacheinander abgespielt werden.

© SZ vom 13.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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