Musik-Downloads:Neue Töne im Netz

Lesezeit: 2 min

Der Widerstand der Musikindustrie gegen das Internet bröckelt: Unabhängige Plattenfirmen wollen ihr Angebot nun selbst online vertreiben.

Paul-Anton Krüger

Es ist zweifellos ein Geschäft zum beiderseitigen Nutzen: Unabhängige Musiklabels haben sich zusammengeschlossen, um ihr Angebot künftig im Internet zu vermarkten.

Die Einigung könnte im Streit um Urheberrechtsverletzungen zwischen Musikindustrie und Internetfirmen eine Wende bedeuten. Waren bislang die Großen der Musikbranche Internetfirmen wie MySpace oder YouTube nicht wohlgesonnen, erschließen die unabhängigen Produzenten die populären Online-Plattformen als neuen Vertriebsweg und neue Einnahmequelle.

Merlin haben sie ihren Zusammenschluss getauft, der bei der internationalen Musikmesse Midem in Cannes vorgestellt wurde. Zusammen mit der Firma Snocap wird die Lizensierungsagentur künftig Downloads von tausenden Independent-Labels im Internet vermarkten.

Die im MP3-Format angebotenen Lieder lassen sich auf jedem gängigen Musikspieler wiedergeben. Die Independent-Firmen versprechen sich derart großen Erfolg, dass sie Merlin schon zum ,,fünften Major'' neben den Branchengrößen Universal, Sony BMG, EMI und Warner Music stilisieren. ,,Merlin eröffnet den unabhängigen Labels den sofortigen Zugang zur derzeit populärsten Internetseite der Welt'', sagte Merlin-Chef Charles Caldas. Einmal von Snocap erfasste Musik können die Labels auch auf anderen Internet-Seiten vertreiben.

Eines der erklärten Ziele der mittlerweile von mehr 140 Millionen Menschen genutzten Plattform MySpace.com ist es, zu einem großen digitalen Musikhändler aufzusteigen. Bislang scheiterte dies vor allem an ungeklärten juristischen Fragen. Noch im November hatte Branchenprimus Universal MySpace wegen Urheberrechtsverletzungen verklagt, weil die Nutzer der Plattform Lieder und Videos von Universal-Künstler ins Netz stellten, ohne dafür zu zahlen.

Doch werden die neuen interaktiven Treffpunkte für die Plattenfirmen immer attraktiver: Dort tummelt sich die junge Kundschaft, die schon lange nicht mehr den Weg in den Plattenladen findet.

YouTube zahlt pauschal

In den als Web 2.0 bezeichneten sozialen Netzwerken, in denen die Nutzer selbst die Inhalte entwickeln, hoffen die krisengeschüttelten Plattenfirmen darauf, einen Teil der entgangenen Einnahmen zurückgewinnen zu können. Die Nutzer verwenden in ihren privaten Videos und Internetauftritten millionenfach urheberrechtlich geschützte Lieder.

,,Derzeit werden weltweit pro Monat zehn Milliarden selbstproduzierte Videos von Internetnutzern abgespielt. Die meisten davon enthalten Musik, aber für die wenigsten fließen Lizenzgebühren an Plattenfirmen oder Verlage'', sagte Michael Downing, Geschäftsführer des US-Portals GoFish in Cannes.

Doch hat Universal etwa mit der Video-Börse YouTube mittlerweile einen Vertrag geschlossen. ,,Wir stellen den Nutzern unsere Aufnahmen zur Verfügung. Diese können damit ihre eigenen Videos unterlegen oder sie bearbeiten. Für die Nutzer ist das kostenlos, YouTube zahlt direkt an uns'', erläutert Larry Kenswil von der Internet-Abteilung des Labels.

In Deutschland nahm vergangene Woche das Landgericht Köln die Betreiber von Internetportalen stärker in die Haftung. Per einstweiliger Verfügung verbot es den Download-Seiten rapidshare.de und rapidshare.com die Nutzung von Musik-Dateien. Geklagt hatte die Verwertungsgesellschaft Gema.

Sie vertritt in Deutschland die Rechte von mehr als 60.000 Komponisten, Textautoren und Musikverlegern. Nutzer können auf den Plattformen Dateien kostenlos speichern und mit anderen Nutzern teilen. ,,Diese Entscheidungen sind auch für den künftigen Umgang mit Web-2.0-Diensten wie YouTube und MySpace von großer Bedeutung'', sagte Gema-Vorstandschef Harald Heker.

Das Gericht habe klargestellt, dass der Dienstbetreiber für die Verletzung des Urheberrechts hafte und die Verantwortung nicht auf den Nutzer abwälzen dürfe.

© SZ vom 22. Januar 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: