Mitschnitt veröffentlicht:Anonymous hackt FBI-Telefonkonferenz

Es ist der bisher härteste Schlag des Hacker-Kollektivs Anonymous gegen die Sicherheitsbehörden: Die Organisation veröffentlicht den Mitschnitt einer Telefonkonferenz zwischen FBI-Mitarbeitern und britischen Ermittlern - in dem diese über die Untersuchungen gegen Mitglieder der Gruppe berichten.

Johannes Kuhn

Noch zu Beginn der Woche erklärte FBI-Chef Robert Mueller in einer Senatsanhörung, dass Cyber-Attacken in wenigen Jahren eine größere Bedrohung als der internationale Terrorismus sein werden - und erwähnte dabei auch nichtstaatliche Gruppen wie Anonymous. Nun bekommt seine Behörde offenbar schon einmal einen Vorgeschmack, was kommen könnte.

Anonymous Screenshot

Screenshot des YouTube-Videos, das mit dem Mitschnitt der Telefonkonferenz unterlegt ist: Anonymous spioniert zurück.

(Foto: Screenshot YouTube)

Unbekannte haben am Freitag im Namen des Hackerkollektivs Anonymous eine fast 17-minütige Aufnahme einer FBI-Telefonkonferenz veröffentlicht, in die neben amerikanischen Ermittlern offenbar auch Vertreter der britischen Polizei zugeschaltet waren. In dem Gespräch debattieren die Teilnehmer über Ermittlungen gegen Mitglieder der Hackergruppen Anonymous, Antisec und Lulzsec.

Einer E-Mail zufolge, die von einem Mitarbeiter des FBI in Washington verschickt wurde, fand das Gespräch am 17. Januar 2012 statt. In der Nachricht, die ebenfalls im Web publiziert wurde, ist von einer Verlegung der Konferenz aufgrund eines amerikanischen Feiertags die Rede.

Hacker mit Spitznamen genannt

Inzwischen hat das FBI bestätigt, dass die E-Mail und der als MP3-Datei veröffentlichte Mitschnitt (hier bei YouTube) authentisch sind.

In der Telefonkonferenz sprechen die Ermittler, die offenbar in London, Los Angeles und Washington sitzen, nach einigen Scherzen zu Beginn über konkrete Fälle, die sie gerade untersuchen. Dort geht es um die Verschiebung von Verhaftungen bis zur Sichtung beschlagnahmter Festplatten, sowie Ermittlungen gegen einige Hacker, die mit ihren im Netz bekannten Spitznamen genannt werden. Die echten Namen wurden vor der Veröffentlichung offenbar in fast allen Fällen mit einem Piepton unkenntlich gemacht.

Vermeintlicher Verräter wird hart angegangen

So ist die Rede davon, man habe inzwischen die "unanständigen Bilder" vom Computer des mutmaßlichen Hackers Ryan C. erhalten. Sein Fall ist öffentlich bekannt: Dem 19-jährigen Briten wird vorgeworfen, als Mitglied der Splittergrupe Lulzsec zahlreiche Distributed-Denial-of-Service-Attacken (DDoS) ausgeführt zu haben und zudem ein Botnetz mit Tausenden gekaperten Rechnern zu betreiben. Bei DDoS-Attacken werden Webserver mit Anfragen von zahlreichen Computern überschwemmt, um Internetseiten zum Absturz zu bringen.

Ein weiterer Fall betrifft den Hacker TehWongZ, der aus Großbritannien stammen soll und auch bei Twitter aktiv ist. Die britischen Beamten berichten, dieser sei kurz vor Weihnachten festgenommen worden, nachdem er über Schulcomputer DDoS-Attacken koordiniert habe. Bei ihm handele es sich um einen 15-Jährigen, der nach Aussagen eines Ermittlers "Aufmerksamkeit sucht und ein bisschen ein Idiot ist". TehWongZ habe schriftlich zugegeben, bei einem Angriff auf den in Jamaika ansässigen Finanzdienst Manchester Credit Union etwa 2000 Kreditkartendaten, sowie Passwörter und Nutzernamen gestohlen zu haben.

TehWongZ, der auf Twitter 92.000 Follower hat, wird für sein vermeintliches Geständnis derzeit von anderen mutmaßlichen Lulzsec- und Anonymous-Mitgliedern heftig angegangen.

Über das Telefonpasswort eingeklinkt?

Die Aktion dürfte aber vor allem dem FBI und den britischen Sicherheitsbehörden Kopfschmerzen bereiten, denn noch ist unklar, wie der Mitschnitt entstand. Möglicherweise hatte ein Hacker die Termin-Mail abgefangen und sich über das angegebene Telefonpasswort unbemerkt eingeklinkt.

Erst am 19. Januar hatten Anonymous-Mitglieder nach der Abschaltung des umstrittenen Filehosters Megaupload Seiten von US-Justizministerium und FBI mit DDoS-Attacken zum Zusammenbruch gebracht. Das FBI nennt bereits seit längerem in Pressemeldungen zu Ermittlungen gegen Anonymous-Sympathisanten keine Ansprechpartner mehr, da dies Attacken gegen die entsprechenden Mitarbeiter zur Folge haben könnte.

Anonymous agiert bereits seit einigen Monaten im Rahmen einer "Fuck FBI Friday" genannten Aktion, legte dabei bisher allerdings meist einzelne Seiten lahm oder griff Subunternehmer an. Der Mitschnitt der Telefonkonferenz ist die bislang aufsehenerregendste Veröffentlichung dieser Art.

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