Missfallens-App "EnemyGraph":Facebook bekommt eine Feindesliste

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Weil Mark Zuckerberg sich weiter weigert, Facebook einen "Gefällt-mir-nicht"-Knopf zu spendieren, greift ein Team der University of Texas zur Selbsthilfe: Sie haben eine App gebaut, die Nutzer ihre Feinde markieren lässt. Ist das Ende des konfliktlosen Facebook-Lebens gekommen?

Johannes Kuhn

Daumen runter: Einen Dislike-Button bekommt Facebook nicht - dafür aber eine Feindesliste. (Foto: REUTERS)

Die 3,2 Millionen Facebook-Nutzer, die sich einen Dislike-Button wünschen, dürften hocherfreut sein. Nicht, dass Mark Zuckerberg ihrem flehentlichen Bitten nachgeben würde - aber Dean Terry und Bradley Griffith vom "Emerging Media Program" der Universität Texas haben nun eine Applikation entwickelt, die dem Dislike-Button recht nahe kommt.

Das Programm heißt " EnemyGraph" und erlaubt es Nutzern, ihre Feinde bei Facebook zu markieren.* Die können aus der Freundesliste stammen (was nebenbei das Facebook-Freundeskonzept ad absurdum führt), per Suchfunktion lassen sich Fanseiten, Gruppen oder auch Interessen hinzufügen. Wer möchte, kann auch seinen Erzfeind markieren oder sehen, wer die Feinde von Freunden sind. Vervollständig wird die App von Trend- und Bestenlisten, in denen sich derzeit unter anderem Rick Santorum, Justin Bieber, Rassismus und der Internet Explorer finden.

Im Gespräch mit dem Chronicle of Higher Education erklären die beiden Macher ihre Motivation: "Ich denke, Social Media braucht eine Störung. Es braucht seine Dosis Johnny Rotten", sagt Dozent Dean Terry, der das Projekt "Social-Media-Blasphemy" nennt. Sein Student Bradley Griffith ergänzt, es sei gefährlich, "wenn sich die Dinge dahin entwickeln, dass die schlechtesten Eigenschaften einfach beseitigt werden." Zum Online-Mobbing soll EnemyGraph allerdings nicht dienen - wer die App nicht nutzt, soll nicht markiert werden können, ebensowenig Nutzer, die nicht in den eigenen Freundeslisten erscheinen.

Kein Streit im Freunde-Disneyland

Dass Facebook mit dem "Gefällt-mir-Knopf" rein funktional ein Königreich der Freundlichkeiten ist, wird niemand bestreiten. Diese Einschränkungen führen zu der abstrusen Situation, dass es jenseits eines Kommentars keine adäquate Reaktion auf negative Statusmeldungen gibt. In der SZ-Facebook-Gruppe tauchen unter Schreckensnachrichten beispielsweise regelmäßig versprengte Gefällt-mirs auf, die Betroffenheit ausdrücken, aber vor allem zynisch wirken ("Explosion erschüttert Fukushima-Reaktor" - 5 Personen gefällt dies)

Der Wunsch nach einer Möglichkeit zur Missfallensbekundung ist für Facebook allerdings gefährlich, immerhin eröffnet diese so eine subtile wie direkte Chance zu Konfrontation, Mobbing und generell negativere Erfahrungen für die Nutzer. Und so sehr das Unternehmen betont, dass künftig "alles sozial" werde - Konflikte sollen im digitalen Disneyland tunlichst vermieden werden (man arbeite derzeit an "wichtigeren Funktionen" als dem Gefällt-mir-nicht-Knopf, heißt es laut Chronicle in einer Stellungnahme).

Dazu passt, dass Facebook den Begriff "Dislike" für App-Entwickler gesperrt hat - weshalb Terry und Griffith ihre App EnemyGraph getauft haben. Wenn die immer länger werdenden Ladezeiten und häufigen Serverausfälle ein Kriterium sind, gewinnt die App gerade massiv an Popularität. Über die Halbwertszeit des Programms machen die Entwickler sich allerdings keine Illusionen. "Es wird höchstens ein paar Wochen dauern, bis sie uns ausknipsen."

Anmerkung: Ein Nutzer bei SZ-Facebook berichtet, die App stelle das Profil automatisch auf die neue Chronik um. Wir können dies nicht verzifieren, bitten aber, dies vor einer möglichen Installation zu beachten.

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