Apple gegen Samsung:Showdown um Milliarden

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Zwischen den vielen Technologieunternehmen der Welt tobt ein erbitterter Streit um Patente. Mit Apple und Samsung treffen nun die bedeutendsten Protagonisten beim bislang wichtigsten Prozess in Kalifornien aufeinander. Es geht um die Frage, wer Smartphones und Tablets erfunden hat - und um Milliarden von Dollar.

Varinia Bernau

Jeder kämpft gegen jeden, und zwar mit allen Mitteln. Quer über den Globus zerren sich die Technologieunternehmen gegenseitig vors Gericht. Es geht um geklaute Ideen und abgekupferte Designs, um Verkaufsverbote und Importstopps - und die entscheidende Frage, wer den boomenden Markt mit Smartphones, Tablets oder Spielekonsolen beherrscht.

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Es geht um Millionen.

Je mehr Technologien in all den Spielzeugen steckt, desto mehr müssen die Hersteller allein an Lizenzgebühren an jene zahlen, die diese Technologien entwickelt haben - und darauf die Patente halten. Wer viele Patente besitzt, kann die Technologie nicht nur selbst nutzen, sie weiterentwickeln und so auf dem Markt mit seinem hohen Tempo den Takt vorgeben. Er kassiert auch noch Gebühren, wenn Konkurrenten sie in ihre Geräte einbauen.

Mehr als 200.000 Patente können heutzutage allein in einem Handy stecken. Mit einem einzigen Patent kann ein Unternehmen alle anderen blockieren. Es kann seine Lizenzforderungen in die Höhe schrauben oder Verkaufsstopps verhängen lassen. Patente sind zu einer Waffe geworden, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten.

Schweres Geschütz im Patentstreit

Am Montag hat nun in einem Gerichtssaal in Kalifornien eine der wohl entscheidenden Schlachten begonnen: Auf der einen Seite steht Apple, jenes Unternehmen, das vor fünf Jahren mit seinem iPhone und drei Jahre später mit seinem iPad einen ganz neuen und mittlerweile äußerst lukrativen Markt geschaffen hat.

Auf der anderen Seite: Samsung, der Rivale aus Südkorea, der Apple bei den Smartphones bereits von der Führungsposition verdrängt hat - und sich nun anschickt, dies bei den Tablets zu wiederholen. Alle anderen Scharmützel werden lediglich im Schatten dieses Streits ausgetragen.

2,5 Milliarden Dollar Schadenersatz

Ein Urteil wird in dem Prozess nicht vor Mitte August erwartet. Doch schon jetzt ist klar, das beide Seiten schweres Geschütz auffahren. Mehr als 2,5 Milliarden Dollar Schadenersatz fordert Apple von Samsung. Einige der Beweise, auf die sich die Kontrahenten stützen wollen, ließ die Richterin bereits vor Prozessbeginn veröffentlichen: So schreiben die Anwälte Apples, dass Google während der Entwicklung von Samsungs Tablet gewarnt habe, dass die Geräte Apples iPad zu ähnlich sehen.

Der Internetkonzern liefert mit seinem mobilen Betriebssystem Android jene Software, die die Geräte von Samsung und zahlreichen anderen Apple-Herausforderern antreiben. Dafür nimmt Google zwar keine Lizenzen, hofft aber, so sein wichtiges Werbegeschäft in jene Zeit zu retten, in der die Menschen mit ihren Mobiltelefonen statt am heimischen PC im Internet surfen.

Google, so schreiben die Apple-Anwälte, forderte bei Samsung Nachbesserung: Das Tablet solle besser vom iPad zu unterscheiden sein. Und selbst Samsungs eigene Designer sollen demnach im vergangenen Jahr angemerkt haben, dass es "bedauerlich" sei, dass das Smartphone der Galaxy-S-Reihe älteren iPhones so ähnlich sehe.

Samsungs Anwälte halten dagegen und verweisen auf eine E-Mail von Tony Fadell, einem Ingenieur aus dem Hause Apple, der als Erfinder des Musikspielers iPod gilt. Er soll dem damaligen Apple-Chef Steve Jobs bereits im Februar 2006, also einige Monate, bevor das iPhone vorgestellt wurde, auf ein Design für ein Gerät des japanischen Sony-Konzerns hingewiesen haben: Das Ding passte locker in eine Hand, kam fast vollständig ohne Knöpfe aus - und hatte auch noch die abgerundeten Ecken, wie sie später auch Apples iPhone hatte.

Das Geschäft mit den Smartphones und Tablets ist millionenschwer: Samsung verkauft 380 Alleskönner-Handys. In einer einzigen Minute. Kein anderer Anbieter kommt auf so hohe Verkaufszahlen, auch Apple nicht. Auf den meisten Tablets, die über die Ladentische gehen, prangt allerdings auch in den nächsten Jahren noch das Logo mit dem angebissenen Apfel.

Nun geht es um die Kodak-Patente

Doch der Anteil der Geräte, auf denen die Software von Google läuft und die deshalb zumeist preiswerter sind, steigt stetig: Allein in diesem Jahr sollen 119 Millionen Tablets und damit etwa doppelt so viele wie im vergangenen Jahr verkauft werden, schätzen die Analysten des Marktforschungsinstituts Gartner.

Und so bringen sich die großen Technologieunternehmen bereits für die nächste Schlacht in Stellung: In etwa einer Woche sollen 1100 Patente des insolventen Foto- und Kameraherstellers Kodak versteigert werden. Es geht einerseits um Technologien zur Aufnahme und Bearbeitung von Bildern, anderseits zur Speicherung und Auswertung. Technologien also, die nicht nur ein fester Bestandteil von Smartphones sind, sondern die auch gut in die Rüstungskammer für die nächste Patentschlacht passen.

Wie weit gehen die Verbündeten?

Ähnlich wie vor einem Jahr beim Bieterwettbewerb um das Patentarsenal des gescheiterten Telekom-Ausrüsters Nortel haben sich einem Bericht des Wall Street Journals zufolge bereits zwei Lager gebildet, die um Kodaks Schatzkästchen wetteifern: Apple und Microsoft, die auch damals den Zuschlag bekamen, stehen auf der einen Seite; der Internetkonzern Google, der mit Android den Kampf um Apples Vormacht angetreten hat, steht mit einigen Verbündeten auf der anderen. Kodak schätzt den Wert seines Patentpakets auf 2,6 Milliarden Dollar.

Zum Vergleich: Das Paket von Nortel, das 6000 Patente und Anträge vor allem auf Technologien für Mobilfunk und kabellose Internetverbindungen umfasste, wechselte damals für 4,5 Milliarden Dollar den Besitzer. Dabei hatte das Anfangsgebot gerade mal bei 900 Millionen Dollar gelegen.

© SZ vom 06.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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