Microsoft:Windows 10 - was hinter den Neuheiten steckt

Joe Belfiore, Alex Kipman, Terry Myerson

Interessant für Entertainment- und Geschäftskunden: Microsoft präsentiert HoloLens.

(Foto: AP)
  • Microsoft stellt weitere Details zu Windows 10 vor. Das Betriebssystem soll nun auf PC, Smartphone und Tablet funktionieren.
  • Der Konzern präsentiert mit "HoloLens" eine Brille für Hologramme und mit "Surface Hub" einen riesigen Konferenzraum-Bildschirm.
  • Nutzer von Windows 7, Windows 8.1 und Windows Phone 8.1 erhalten ein kostenloses Update auf Windows 10.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Am Ende der zweistündigen Präsentation trat Microsoft-Chef Satya Nadella auf die Bühne und sagte etwas Unerhörtes: "Wir wollen, dass die Menschen Windows nicht nur brauchen, sondern es wählen und lieben."

Windows lieben? Nach regelmäßigen Flops wie Vista oder Windows 8 eine sehr kuriose Vorstellung. Doch in den 120 Minuten, die Nadellas Auftritt vorangingen, hatten die Microsoft-Vertreter intensiv versucht, wieder Interesse an ihrem Betriebssystem und Ideen wie die einer Hologramm-Brille zu wecken. Die Neuheiten sind ambitioniert, auch wenn viele Details wie Preise und Erscheinungsdatum noch nicht bekannt gegeben wurden.

Was neu ist, was daran für Endnutzer interessant ist und wie es in die Microsoft-Strategie passt: Ein Überblick.

Kostenloses Update auf Windows 10

Joe Belfiore

Joe Belfiore, Chef der Microsoft-Betriebssysteme, während seiner Präsentation.

(Foto: AP)

Aus der Sicht der Nutzer: Wer einen PC mit Windows 7 oder Windows 8.1 besitzt (oder ein Smartphone mit Windows Phone 8.1), kann in den kommenden zwölf Monaten ein kostenloses Update auf Windows 10 erhalten. Wer sich also über Windows 8 ärgert (und das sind viele Microsoft-Kunden) oder angesichts der schlechten Kritiken Windows 7 nicht aufgeben wollte, kann auf Windows 10 umsatteln - vorausgesetzt, die Hardware reicht aus.

Die strategische Bedeutung: Der Schritt ist ungewöhnlich, verdient Microsoft mit dem Verkauf seines Betriebssystems doch Geld. Allerdings stammt ein Großteil der Einnahmen aus Lizenzgebühren der Computer-Hersteller, die weiterhin fließen werden. Weil Windows inzwischen nur noch auf 15 Prozent aller Computer (Mobilgeräte mitgerechnet) installiert ist, muss Microsoft so viele Menschen wie möglich an sein Ökosystem binden. Zudem erspart sich der Konzern damit mittelfristig, seine Software auch für alte Windows-Versionen anzupassen.

Neue Funktionen und ein Siri-Rivale für Windows 10

Aus Sicht der Nutzer: Ein Mitteilungszentrum für Apps, ein auf Vollbild vergrößerbares Startmenü und ein Start-Button für die Tablet-Version, Schnellzugriffe für Funktionen wie Wlan; dazu mit Cortana ein Windows-Siri, das nun auch auf den PC kommt - Nutzer von Windows 10 dürfen sich an neue Elemente gewöhnen. Viele davon kennen sie allerdings bereits aus den iOS- oder Android-Betriebssystemen.

Aus strategischer Sicht: Microsoft beerdigt Windows 8 und vieles, was das Betriebssystem problematisch machte. Nicht alles wird zünden: Wer schon nicht mit Siri reden möchte, wird sich kaum mit Cortana unterhalten.

Windows 10 kommt auf Smartphones und Tablets, auch die Xbox ist integriert

Joe Belfiore

Bitte lächeln: Im Tablet-Markt hat Microsoft trotz großer Anstrengungen noch viel aufzuholen.

(Foto: AP)

Aus Sicht der Nutzer: Aus "Windows Phone" wird Windows 10. Einige "Universal-Apps" lassen sich dadurch reibungsfrei auf PC, Tablet, Smartphone benutzen: Die Microsoft-Cloud synchronisiert die Daten. Das Gerät ist nicht mehr wichtig - solange es Windows 10 installiert hat oder Microsofts Xbox ist. So sollen künftig auch einige Konsolen-Spiele über alle Geräte hinweg verwendbar werden, wenn die Hersteller dies anbieten.

Auch die Xbox selbst wird näher an das Betriebssystem geholt: Windows 10 erhält eine Xbox-App, zudem sollen die Spiele künftig auf Windows-Tablets und PCs gestreamt werden und damit dort gespielt werden können.

Aus strategischer Sicht: "Windows ist ein Service", heißt das neue Motto. Auch für Apple-Produkte ermöglichen einige Programme den reibungsfreie Übergang von Mac auf iPhone und iPad, allerdings legt Microsoft einen größeren Fokus darauf, dass Entwickler wirklich Windows-Software für alle Geräte basteln. Sowohl Gamer, als auch Geschäftskunden sind mögliche Einwohner des neuen Windows-Universums, die ihre Daten in Microsofts Cloud-Dienst speichern.

Damit könnten theoretisch auch Windows Smartphones wieder attraktiver werden, die bislang einen verschwindend geringen Marktanteil haben. Wie einfach die plattformübergreifende Entwicklung von Programmen ist (und wie gut diese funktionieren), wird sich allerdings erst zeigen.

Ein Windows-Riesenbildschirm für Konferenzen

Aus Sicht der Nutzer: Microsoft verschmilzt digitales Whiteboard und Videokonferenz-Bildschirm in seinem neuen "Surface Hub" (84 Zoll). Das ist für Geschäftskunden interessant, die ihren Konferenzraum mit modernem Equipment ausstatten möchten und statt auf Whiteboards lieber auf Touchscreens kritzeln. Skype erhält mit "Business" eine Version für die gemeinsame Projektarbeit.

Aus strategischer Sicht: Der Geschäftskundenbereich ist für Microsoft äußerst wichtig, doch der Markt ist hart umkämpft. Der Riesenbildschirm fügt Office-Anwendungen und Skype in einem Konferenz-Umfeld zusammen und verspricht bessere Produktivität in Meetings und Videokonferenzen - eines der wichtigsten Versprechen in der dezentralisierten Arbeitswelt von 2015.

HoloLens, Microsofts Hologramm-Brille

Microsoft: Microsoft-Managerin Lorraine Bardeen sieht etwas, was wir nicht sehen.

Microsoft-Managerin Lorraine Bardeen sieht etwas, was wir nicht sehen.

(Foto: AP)

Aus Sicht der Nutzer: Eine Brille, die nicht Google Glass ist, und Hologramme in der Umgebung erscheinen lässt: Das ist nicht für jeden Geschmack, aber in der Theorie bietet diese Form der "Augmented Reality" eine Alternative zu den "Virtual Reality"-Brillen, für die Nutzer Helme aufsetzen müssen (auch HoloLens ist, anders als Google Glass, für den Heimgebrauch gedacht). Allerdings ist der Preis noch völlig unklar, das Gadget soll im Herbst erscheinen.

Aus strategischer Sicht: Seit fünf Jahren arbeitet Microsoft an dem Projekt - und zumindest die Demonstrationen machten einen guten Eindruck. Mit dieser Idee signalisiert der Konzern, nicht nur hinterherzuhecheln, und will Entertainment-Konsumenten genauso wie Geschäftskunden anlocken. Die können über Hologramme Minecraft spielen oder im Büro 3-D-Entwürfe von Produkt-Prototypen betrachten.

Project Spartan, ein neuer Browser

Aus Sicht der Nutzer: Microsoft beerdigt den Internet Explorer und veröffentlicht einen neuen Browser. Project Spartan hat mit der gemeinsamen Annotation von Webseiten eine nette Funktion. In der Realität wird aber die Geschwindigkeit den Ausschlag geben, ob Project Spartan zur Alternative wird.

Aus strategischer Sicht: Der Tod des Internet Explorer dürfte selbst für Microsoft etwas Erleichterndes haben, hatte der Browser doch in der Post-Windows-Welt extrem gegenüber Chrome und Firefox verloren. Der Browser dient auch dazu, das Surferlebenis von Tablet, PC und Smartphone zu vereinheitlichen.

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