Mensch vs. Maschine:Knobel-Roboter auf Siegeszug

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Gadgets bringen nervige Plaudertaschen zum Schweigen, Roboter schlagen den Menschen im Schnick-Schnack-Schnuck: Was wie überdrehte japanische Ingenieurskunst aussieht, deutet in Wirklichkeit ein neues Verhältnis zwischen Mensch und Maschine an.

Schnick, Schnack, Schnuck ist das Schach des kleinen Mannes: Fast alle essentiellen Mini-Konflikte (Wer bringt den Müll raus? Wer wechselt die vollen Babywindeln? Wer geht in die 16-Uhr-Redaktionskonferenz?) lassen sich über das auch als "Schere, Stein, Papier" bekannte Spiel entscheiden.

Ganze Strategiepläne wurden bereits für diese simplen Duelle entworfen, nun haben japanische Forscher an einer Universität in Tokio die ultimative Siegesgarantie entwickelt: Eine Roboterhand gewinnt jeden Schnick-Schnack-Schnuck-Zweikampf.

Nun ist der Knobel-Roboter kein Deep Fritz, er berechnet nicht aus Millionen von Möglichkeiten den besten Zug, sondern nutzt schlicht seine Schnelligkeit: Über die Handstellung erkennt seine Kamera innerhalb einer Millisekunde, ob sein menschliches Gegenüber Schere, Stein oder Papier zeigen wird. Der Roboter wählt daraufhin innerhalb einer weiteren Millisekunde seine Siegerstellung aus.

Schnick-Schnack-Schnuck ist nicht das einzige kuriose Anwendungsgebiet, für das japanische Ingenieure Roboter entwickelt haben. Bereits seit längerem ist der Torwart-Roboter bekannt, der reaktionsschnell jeden Elfmeter hält. Eine mögliche Einwechslung bei Spielen der englischen Fußball-Nationalmannschaft läge eigentlich nahe.

Mitarbeiter statt Robo-Butler

Kein Roboter, aber ebenfalls auf schnelle Reaktion ausgerichtet: der Speech Jammer. Das vor kurzem an einer anderen Universität in Tokio entwickelte Gerät ist eine Art digitaler Flüstertüte, die nervende Plaudertaschen zum Schweigen bringt. Ein Richtmikrofon nimmt die Sprache eines Menschen auf und gibt sie als um wenige Millisekunden versetztes Echo wieder.

Der Effekt ist ein psychologischer: Weil wir es nicht gewohnt sind, unsere Worte und Sätze nach der Aussprache direkt noch einmal zu hören, reagieren wir verunsichert und schweigen. Das System funktioniert Berichten zufolge auch über größere Entfernungen.

Hinter all dem steht nicht nur die japanische Tradition, ungewöhnliche Roboter und hochtechnische wie häufig skurrile Geräte zu bauen, sondern auch der Versuch, die Interaktionen zwischen Mensch und Maschine zu analysieren und so neue Anwendungsgebiete für Technologie zu schaffen.

Dabei geht es inzwischen nicht nur darum, Roboter zu "Dienern" des Menschen zu machen - vielmehr sollen die Voraussetzungen für eine Art gleichberechtigter Kollaborationsform geschaffen werden. Wenn aber Roboter wirklich mit Menschen interagieren und gemeinsam an Aufgaben arbeiten sollen, müssen sie ein bestimmtes Verständnis des menschlichen Handelns und von nonverbaler Kommunikation erhalten - und umgekehrt klare und für Menschen verständliche Signale senden, was sie gerade vorhaben.

Linktipps: Wer sich für das Thema näher interessiert, dem seien dieses Interview mit Chris Parker und dieser Artikel im Economist ("Automation: Making the Future") empfohlen.

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