Marktmacht von Internetkonzernen:Alle gegen Google

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Bereit zur Suche: Googles Marktanteil liegt in Deutschland bei 90 Prozent. Politiker und Wettbewerbshüter stören sich an der Macht des Riesen. (Foto: AFP)

Zerschlagen oder nicht? Wirtschaftsminister Gabriel ist für ein hartes Vorgehen gegen den Internetgiganten Google. Nun mischt sich auch der Chef des Bundeskartellamts in die Debatte ein. Andreas Mundt kritisiert die Marktmacht des Internetkonzerns - und fordert strengere Gesetze für Firmen im Netz.

Von Caspar Busse, München

Lange soll es nicht mehr dauern: Das Verfahren der EU-Kommission gegen Google wegen möglichen Machtmissbrauchs soll in den nächsten Monaten abgeschlossen sein. Er strebe ein Ende der Ermittlungen nach der Sommerpause an, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag in Brüssel. Dabei geht es unter anderem um Vorwürfe, dass Google Suchergebnisse zu eigenen Gunsten manipuliert. Die EU ermittelt bereits seit 2010 gegen den Suchmaschinenbetreiber aus Kalifornien.

Es ist ein Verfahren, das derzeit viel Aufsehen erregt - auch in Deutschland. Zuletzt hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ein härteres Vorgehen gegen Google und eine kartellrechtliche Prüfung gefordert, ob die Marktmacht zu groß sei.

Nun äußert auch Andreas Mundt, 53, Präsident des Bundeskartellamts, Sorge: "Google ist ein marktbeherrschendes Unternehmen", sagte Mundt der Süddeutschen Zeitung. Die Marktanteile der Amerikaner bei Suchanfragen liegen weltweit bei etwa 70 Prozent , in Deutschland sogar bei 90 Prozent. Die Position verfestige sich sogar. "Google war bislang auch erfolgreich dabei, seine Marktmacht auf andere Bereiche zu übertragen", stellte Mundt fest.

"Dem Diktat der Internetmonopolisten widersetzen"

Allerdings werde man Google, so machte der Chef des Kartellamts deutlich, nicht allein mit dem Kartellrecht beikommen, etwa wenn es um Daten-, Verbraucherschutz oder um die schiere Größe geht: "Das laufende Verfahren gegen Google wird nicht alle Probleme lösen," sagte er: "Wenn man darüber hinaus möchte, muss man über gesetzgeberische Maßnahmen diskutieren." Und weiter: "Das Wettbewerbsrecht kann im Fall Google nur ein Teil der Lösung sein. Aber es muss auch Teil einer ganzheitlichen Lösung sein."

Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) hat erst Ende vergangener Woche eine Zerschlagung des Konzerns ins Gespräch gebracht. Deutschland wolle sich "dem Diktat der Internetmonopolisten" widersetzen, hatte er in der FAZ geschrieben. Denkbar für ihn wäre eine Entflechtung, wie sie bei Strom- und Gasnetzen durchgesetzt wurde.

Gabriel hatte sich zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Arnaud Montebourg in der Sache auch an die EU-Kommission gewandt. Die Forderung nach einer Zerschlagung halte er aber nicht für mehrheitsfähig, teilte Almunia dazu mit. Ohnehin sitzt Google in den USA.

Mundt unterstützt den Bundeswirtschaftsminister bei seinem Vorstoß gegen Google ausdrücklich. "Gabriel liegt mit seiner Analyse richtig", sagte er. Beim Thema Google handele es sich aber um verschiedene, getrennt voneinander zu betrachtende Problemfelder. Deshalb brauche man neben dem Kartellrecht andere Maßnahmen.

Ein eigenes Verfahren gegen Google kann die deutsche Kartellbehörde derzeit aber nicht einleiten. "Das Bundeskartellamt begleitet das laufende Wettbewerbsverfahren der EU-Kommission gegen Google. So lange das läuft, sind wir gesperrt", sagte Mundt. Ihm ist aber auch wichtig, dass der Abschluss des laufenden Verfahrens und eine mögliche Einigung mit Google andere Kartellbehörden, also auch die deutsche, nicht zu lange daran hindern dürfe, selbst tätig zu werden: "Der Markt entwickelt sich sehr dynamisch, die Tür darf nicht endgültig zugemacht werden", sagte Mundt.

Die Deutsche Telekom hat gerade in Brüssel gegen Google eine Beschwerde eingereicht wegen wettbewerbswidriger Praktiken, davor waren schon rund 400 europäische Internetakteure vorstellig geworden. Google hatte in Brüssel auch Zugeständnisse angekündigt.

Das Internet und die Marktmacht der großen Anbieter rückt immer mehr in den Fokus der Wettbewerbsbehörden. Das Bundeskartellamt hatte im vergangenen Jahr mehrfach die Praktiken von Onlineanbietern unter die Lupe genommen und teilweise untersagt.

"Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch hier müssen Regeln gelten"

Gegen Amazon beispielsweise haben die Bonner Wettbewerbshüter neun Monate lang ermittelt. Ende 2013 hat das Kartellamt den weltgrößten Onlinehändler dazu gezwungen, seine umstrittenen Preisregeln EU-weit abzuschaffen. Amazon hatte Händlern, die ihre Waren auch über Amazon verkauften, vorgeschrieben, dass sie ihre Produkte nirgendwo günstiger anbieten dürfen. Das Kartellamt stufte dies als wettbewerbsbehindernd ein. Amazon stellte diese Regel am Ende auf Druck aus Bonn ab.

Auch gegen das Onlinehotelportal HRS sind die deutschen Kartellwächter vorgegangen. Das Unternehmen verpflichtete seine Vertragspartner, also die Hotels, dazu, auf HRS immer den günstigsten Preis anzubieten. Das Kartellamt hat dies nun verboten. Den Onlinehandel der Sportartikelkonzerne Adidas und Ascis untersucht die Behörde ebenfalls. Das Ergebnis ist noch offen.

Besonders im Internet sieht Mundt die Gefahr, dass immer wieder Monopole entstehen. "Wir werden es gerade in der Internetwirtschaft aufgrund der Netzwerkeffekte immer wieder mit dominanten Marktteilnehmern zu tun haben", so Mundt. Das ändere aber nichts daran, dass sich alle Akteure gesetzeskonform verhalten müssten. "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch hier müssen Regeln und Gesetze gelten. Ich finde es unverständlich, wenn die Netzgemeinde immer gleich 'Zensur' ruft, wenn auf die Einhaltung der Gesetze gedrängt wird, sei es das Wettbewerbsrecht, das Urheberrecht oder der Daten- oder Jugendschutz."

© SZ vom 21.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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