Männerliebe in 3D:Sex mit Tentakelmonstern

Verlieben, heiraten, Kinder erziehen: Im Nintendo-Spiel "Tomodachi Collection" wird in 3D geübt, was im realen Leben wichtig wird. Eine Simulation für Frauen und Männer - und Männer und Männer. Letztes ist laut Spielehersteller jedoch ein "Programmierfehler", der behoben wurde. Game-Experte Dennis Kogel würde am liebsten ein Computerspiel mit homosexuellen Charakteren programmieren. Ein Gespräch.

Von Fumiko Lipp

Das Nintendo-Spiel "Tomodachi Collection" ist eine Simulation für Frauen und Männer - und Männer und Männer. Was in Zeiten der deutschen Gleichstellungsdebatte fortschrittlich klingt, ist laut Nintendo ein "Programmierfehler". Die (H)omodachi Collection ist ein "Bug", ein Programmierfehler, der umgehend behoben wurde. Dennis Kogel, 24, Game-Experte beim rbb-Jugendradio Fritz, würde am liebsten ein Computerspiel mit homosexuellen Charakteren programmieren, die gegen den "Feind Kirche" kämpfen: "Das wäre ein Hit".

SZ.de: Nintendo hat für "Tomodachi Collection" schnell ein Update entwickelt, das die Männerliebe technisch unmöglich macht. Ist die Game-Branche homophob?

Dennis Kogel: Die Game-Branche ist in Teilen homophob, aber es wird besser. Was Nintendo sich da geleistet hat, ist furchtbar. Aber Nintendo ist ein erzkonservatives Unternehmen. Das Spiel ist für den noch konservativeren japanischen Markt. "Sonderbaren Beziehungen" zwischen zwei männlichen Charakteren haben da keinen Platz. Das war ein Fehler im System, den sie nicht hinnehmen konnten. Dabei wird in der Branche immer öfter auf die Interessen und Befindlichkeiten von Homosexuellen und Transgender-Menschen geachtet. Es gibt Spiele wie Dragon Age, in denen man als homosexueller Held die Fantasywelt vor bösen Monstern retten kann.

In Fantasy-Spielen sind homosexuelle Charaktere also kein Problem, nur in Real-Live-Spielen?

Im Computerspiel Sims gibt es die gleichgeschlechtliche Ehe - aber auch nur da. Ich finde es witzig und spannend als Hetero in die Haut eines Homosexuellen zu schlüpfen. Unternehmen haben vermutlich Angst, dass sie mit Spielen für Homosexuelle den Core-Gamer verschrecken, also die Zielgruppe. Die ist männlich, zwischen 14 und 28 Jahren und steht auf Silikonbrüste. Die meisten Game-Entwickler bedienen genau diesen Markt des männlichen, heterosexuellen Spielers. Der will hübsche Frauen haben.

Apropos hübsche Frauen und Silikonbrüste. Wie sieht es denn sonst mit der Gender-Verträglichkeit von Games aus?

Es gibt fast so viele weibliche wie männliche Spieler. Trotzdem sind fast alle Spiele auf Männer zugeschnitten, die Game-Helden sind fast immer nackte Frauen. Allerdings gibt es erfreuliche Ausnahmen wie Devil may Cry, da ist der Held das Sexobjekt und schwingt sich in einer Szene nackt über den Bildschirm. Sein Penis ist dabei von einem Pizzastück bedeckt - großartig! Es kommt allerdings sehr selten vor, dass Game-Entwickler versuchen, Frauen den selben Sex-Mist anzudrehen.

Oft sehen Charaktere in Spielen wie Zwillinge aus - wieso wird in Real-Live-Spielen nicht über Inzest debattiert?

Inzest? Nein. Klar sind die Möglichkeiten, sich einen individuellen Charakter zu basteln, in manchen Spielen gering. Bei Nintendo gibt's wenige Möglichkeiten, bei Second Live sehr viele. Da kann ich mir Tierkostüme überziehen zum Beispiel.

Tierkostüme ... wie sieht es mit Sodomie-Games aus?

Das wäre möglich, aber ob das gut wäre? Der Markt dafür ist auf jeden Fall da. Eigentlich gibt es das jetzt schon - vor allem in Japan. Die spielen gerne so komische Dating-Simulatoren mit Tieren und anthropomorphen Tieren, also Tieren, die sich menschlich verhalten.

In Japan ist es also okay, wenn Menschen in Spielen Tiere daten, aber nicht, wenn sich in einem Nintendo-Spiel zwei Männer lieben?

Ja, dort ist es okay, wenn Frauen in Games Sex mit Tentakelmonstern haben und Männer mit Fuchsmädchen ausgehen. Aber es ist ein Problem, wenn im Videospiel zwei Männer miteinander ausgehen.

Computerspiele werden gerne für gesellschaftliche Phänomene verantwortlich gemacht wie Gewalt zum Beispiel. Hat die Branche Angst vor einer Klage der katholischen Kirche oder der CSU wegen Förderung von Homosexualität?

Darauf würden die voll abfahren, das wäre mega Publicity: Die Kirche hasst dieses Spiel! Wie viel besser geht's denn dann? Da wird der böse Feind den Computerspielern und Machern sofort mitgeliefert. Am besten ein Game mit homosexuellen Charakteren und dem Pfarrer als Feind. Das gäbe maximalen Support in der Szene.

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