Lockheed Martin:Hacker am Herzen der Industriesicherheit

Wie sicher sind Computernetze abzuschotten - wenn Hacker nun sogar einen der größten US-Rüstungskonzerne attackieren können? Ein Cyberangriff auf Lockheed Martin beunruhigt Experten. Womöglich ist das weltweit verbreitete Token-Sicherheitssystem SecurID ramponiert.

Cyberkrieg gegen einen Rüstungskonzern: Lockheed Martin, der größte Vertragspartner des US-Militärs, hat am Wochenende einen "schwerwiegenden und hartnäckigen" Angriff auf sein Datennetz zugegeben. Die Attacke vor einer Woche, am 21. Mai, sei aber schnell entdeckt worden. Die Hacker hätten keine Daten über Kunden, Programme oder Mitarbeiter erbeutet - "unsere Systeme bleiben sicher".

Hacker greifen Lockheed Martin an

Lockheed-Martin-Technologiezentrum: Cyberangriff auf den Rüstungskonzern

(Foto: dpa)

Der Schaden könnte in Wahrheit allerdings größer sein. US-Medien berichten, der Angriff stehe vermutlich mit einem Hack bei der renommierten Sicherheitsfirma RSA im März in Verbindung. RSA beliefert viele Unternehmen mit dem Sicherheitssystem SecurID. Dieses besteht aus handlichen Displays (Tokens), die ständig wechselnde Zahlenkombinationen zeigen - nur wer diese und ein weiteres Passwort eingibt, bekommt Zugang zu internen Firmennetzen.

Beim Hackerangriff im März könnten US-Berichten zufolge Basisdaten abgegriffen worden sein, die zum Erzeugen der Zahlenkombinationen benötigt werden. Die Gefahr ist, dass das Sicherheitssystem damit geknackt ist. RSA hat selbst vor möglichen Problemen gewarnt, ohne aber das Ausmaß der abgegriffenen Daten bekanntzugeben.

Fest steht: SecurID wird auch bei Lockheed eingesetzt. Der Konzern hat nun den Netzzugriff von außen weitgehend gesperrt. "Ein Team arbeitet rund um die Uhr daran, unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen den Mitarbeitern wieder Zugang zu geben", teilte das Unternehmen mit. Man halte die Regierung darüber auf dem Laufenden. Erst sollen Zehntausende Mitarbeiter neue Tokens erhalten, bevor das System wieder zugänglich wird, was noch Tage dauern kann.

Insidern zufolge drangen die Hacker auch in die Systeme andere Vertragspartner des US-Militärs ein. Ob dort Daten gestohlen wurden, blieb unklar. Boeing und Northrop Grumman, die Nummern zwei und drei unter den Militärzulieferern, wollten sich nicht zu Fragen der Konzernsicherheit äußern.

Medien berichteten unter Berufung auf Regierungsvertreter, die Folgen des Angriffs für die Verteidigungsbehörden des Landes seien in jedem Fall "minimal". Folgen für die Arbeit der Sicherheitskräfte würden nicht erwartet. Sowohl das Verteidigungs- als auch das Heimatschutzministerium wollen Lockheed bei der Aufklärung helfen.

Unklar ist, was die Hacker bei Lockheed suchten. "Eine Möglichkeit ist, dass jemand für einen Staat agiert", sagte Sicherheitsexperte James Lewis vom Center for Strategic and International Studies der New York Times. Die US-Regierung vermutet China, Russland und andere Länder hinter vergangenen Hackerattacken zur Ausspähung militärischer oder industrieller Geheimnisse. Es könnten aber auch Kriminelle sein, die Kunden des Konzerns schaden wollten. Weder die Regierung noch das Unternehmen selbst machten Angaben über die möglichen Angreifer.

Lockheed Martin ist einer der größten Rüstungskonzerne der Welt. Insgesamt arbeiten rund 126.000 Menschen für das Unternehmen, das sich als Lieferant modernster Waffensysteme einen Namen gemacht hat. Es produziert für die USA unter anderem Kampfflugzeuge, Spionagesatelliten und weiteres teils hochgeheimes Kriegsgerät - aber auch andere Technologien. Erst in der vergangenen Woche hatte die Raumfahrtbehörde Nasa bekanntgegeben, eine neue Raumkapsel vom Typ Orion zu bestellen. Sie soll in der bemannten Raumfahrt zum Einsatz kommen.

In den Computernetzen von Lockheed und anderen Firmen befinden sich heikle Daten über neue Waffensysteme oder Technologien, die derzeit im Irak und Afghanistan eingesetzt werden. Der Konzern ist nicht das erste Mal Opfer von Hackern geworden. Datendiebe hatten sich US-Medien zufolge vor rund zwei Jahren Zugang zu Rechnern verschafft, auf denen Informationen zum F-35-Kampfjet-Programm lagen, das 380 Milliarden Dollar kostet.

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