Kurznachrichten-App Beam:Erst denken, dann schreiben

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Man verplappert sich so leicht im Gespräch. Zum Glück lassen sich Nachrichten im Netz vor dem Senden gegenlesen. Doch nun macht die Messaging-App Beam die Online-Kommunikation vollständig transparent.

Von Tobias Dorfer

Gespräche können mitunter eine ziemlich peinliche Wendung nehmen. Spätestens, wenn einem die Worte fehlen oder ein falscher Begriff herausrutscht, den man so eigentlich gar nicht sagen wollte, schaut man in fragende und erstaunte Gesichter oder sieht Augenrollen und würde sich am liebsten sofort auf die Zunge beißen.

Messenger wie Skype und Whatsapp bieten - ebenso wie die gute alte SMS - einen unschlagbaren Vorteil. Man kann im Kopf vorformulieren, dann schreiben, anschließend über die Nachricht lesen und sie dann abschicken. Und selbst wenn man sich verplappert - pardon: verschreibt - hat man in der Regel die Chance, das Geschriebene nachträglich zu löschen und neu zu formulieren. Solange der Empfänger die Nachricht noch nicht gelesen hat, ist alles okay und ungesagt.

Aber wie transparent soll Kommunikation sein? Whatsapp experimentiert gerade mit zwei blauen Häkchen, die im Chat erscheinen, wenn der Empfänger die Nachricht nicht nur empfangen, sondern auch gelesen hat. So wird jede Ausrede ("Hab' ich nicht gesehen") schnell als Lüge entlarvt.

Transparenter geht es nicht? Geht es doch. Mit der Messenger-App Beam, derzeit für Android verfügbar und demnächst auch für das iPhone, sieht der Empfänger was der Absender schreibt - während er schreibt. Also nicht mehr so:

Drei Pünktchen - gleich kommt was: Nachrichten schreiben mit dem iPhone. (Foto: Tobias Dorfer)

Sondern so:

Einer schreibt, der andere liest. In Echtzeit: So funktioniert Online-Kommunikation mit Beam. (Foto: Beam)

Beam wurde Anfang Oktober in den Play-Store von Google gestellt. Seit Buzzfeed vor zwei Tagen über den Messenger berichtete, schießt die Zahl der Downloads in die Höhe. Am Donnerstag reagierten die Macher mit einer Nachricht auf ihrer Website. "Es ist eine aufregende Zeit und arbeiten hart daran, den Ansturm zu bewältigen." Beam sei noch immer in der Beta-Phase, deshalb könnten Fehler auftreten oder das Programm die Nachrichten zeitweise zu langsam übermitteln.

Ist Beam damit nicht nur die konsequenteste Form der Online-Kommunikation? Oder ist das Ganze einfach nur erschreckend?

Es ist nicht einfach mit der Transparenz. Verschiedenen Medienberichten zufolge stellt Whatsapp die blauen Häkchen schon wieder in Frage. Beam hingegen geht in die Gegenrichtung und radikalisiert die Online-Kommunikation. Die App versucht, das echte Gespräch zu ersetzen. Mit all seinen Peinlichkeiten. Vielleicht kommt der Messenger-Dienst genau zur richtigen Zeit - und ermahnt zu einer im Netz fast schon in Vergessenheit geratenen Tugend: erst nachzudenken - und sich dann zu äußern.

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