Künstliche Intelligenz bei Facebook:Maschinen sind einfach glaubwürdiger

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Facebook-Chef Mark Zuckerberg im Februar in Berlin mit einer Virtual-Reality-Brille. (Foto: AFP)

Hass, Lügen, Propaganda: Gegen Facebooks Probleme präsentiert Mark Zuckerberg ein Allheilmittel. Künstliche Intelligenz soll schaffen, wozu er nicht fähig ist.

Von Michael Moorstedt

Die Antwort, die Mark Zuckerberg zuletzt bei seiner Anhörung vor dem US-Kongress gab, war relativ eintönig, fast wirkte sie wie ein verbaler Tick. Sie lautete: Künstliche Intelligenz. In "fünf bis zehn Jahren" werde man so weit sein, dass die Maschine die Menschen schon in den Griff bekommt. Ein verdammt langer Zeitraum, wenn man bedenkt, was das für Dinge sind, die das Netzwerk momentan so plagen. Fake News? KI. Hasskommentare? KI. Terrorpropaganda, Wahlmanipulation und Datenlecks? KI!

Das hört sich zunächst einmal an wie eine billige Entschuldigung, um von den eigenen Verfehlungen abzulenken. Irgendeine neue Technologie werde alle Probleme lösen, die man mittels der aktuellen Technologie gerade angerichtet hat. Vor allem aber hilft keine noch so hoch entwickelte Technologie, wenn man sich dieser Probleme nicht bewusst ist.

Die Menschen redigieren nur noch die Resultate des Computers

Zuckerberg bittet um Geduld, und bis es so weit ist, behilft man sich bei Facebook mit erstaunlich niedrigschwelligen Notlösungen. Man nehme das Beispiel Fake News. Facebook will dem zukünftig durch die Einblendung von Wikipedia-Links begegnen, hieß es zuletzt. Nachdem ein entsprechender Test mit wenigen Nutzern schon im vergangenen Jahr gestartet war, wird das soziale Netzwerk in den USA zukünftig zu jeder Nachricht, die im Newsfeed auftaucht, einen Link zum Lexikon-Eintrag des jeweiligen Herausgebers einblenden.

Natürlich gibt es sogleich ein Start-up, das genau für dieses Problem die letztgültige Lösung gefunden haben will. Knowhere, so der Name der Plattform, möchte "der Welt unvoreingenommenste Nachrichtenseite" sein. Man kombiniere "menschliche Intuition mit algorithmenbasierter Recherche". Eine künstliche Intelligenz, so das Versprechen, arbeite sich durch das Netz und verarbeite unterschiedliche Variationen eines Themas zu echt neutralen Texten. Die KI bediene sich dabei ausschließlich "professioneller Quellen", was aber recht frei interpretiert zu werden scheint - die New York Times ist ebenso dabei wie die ultrarechten Nachrichtenportale Breitbart News und Infowars.

Wer sich nun auf das Angebot klickt, bekommt von jeder Geschichte drei Versionen präsentiert. Eine eher links-, eine rechtslastig und dann noch eine angeblich "unparteiische". Wenn man dann Artikel zu Trumps Russland-Affäre durchliest oder zu Nordkoreas Atomtests, wirken die unterschiedlichen Versionen wie vollkommen neue Geschichten. Es gibt dann bei Knowhere doch noch ein kleines Team von menschlichen Redakteuren - aber die sind vor allem dazu da, die Resultate des Computers zu redigieren. Die Menschen kümmern sich um solche Dinge wie Grammatik und generelle Sinnhaftigkeit. Gerade in diesen Bereichen hapert es in der maschinellen Nachrichtengenerierung nämlich noch gewaltig.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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