Krankenakte im Internet:Dr. med. Google

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Google startet in den USA ein Online-Gesundheitsportal, auf dem Patienten ihre Krankenakte ablegen können. Nutzer sollten sich gut überlegen, welche Daten sie preisgeben.

Helmut Martin-Jung

Kribbeln in den Beinen, Schwierigkeiten beim Stuhlgang - für solche und viele andere gesundheitliche Probleme haben die Nutzer von Suchmaschinen schon seit vielen Jahren im Internet nach Lösungen geforscht. Das blieb auch Marktführer Google nicht verborgen, der nun das seit langem erwartete Gesundheitsportal Health für Nutzer aus den USA freigegeben hat. Health ist allerdings - ebenso wie eine Reihe von Konkurrenzangeboten - nicht bloß ein Informationsangebot, auch wenn es dort Informationen in Hülle und Fülle gibt. Das anmeldepflichtige, aber kostenlose Angebot erfüllt darüber hinaus auch die Funktion der elektronischen Krankenakte und kann den Nutzer als eine Art elektronischer Pillendose daran erinnern, seine Medikamente einzunehmen oder Diätvorschriften einzuhalten.

Über Google Health können sich Amerikaner ab sofort ihre eigene Krankendaten ins Netz stellen. Der Sinn: Konsultierte Ärzte und Spezialisten haben Einblick. (Foto: Foto: Reuters)

Klinik stellt Daten ins Netz

Zum Start präsentierte der Internet-Konzern eine Reihe von Partnern, darunter beispielsweise die Cleveland Clinic, mit der Google schon während des Pilotprojektes zusammengearbeitet hatte. Alle Einträge in der elektronischen Patientenakte des Krankenhauses können - wenn der Patient das wünscht - automatisch in das Angebot von Google importiert werden. Der Internet-Konzern stellt dafür eine Programmierschnittstelle bereit, ein sogenanntes API.

Die Patienten können aber auch selbst Informationen hinzufügen, zum Beispiel, wenn sie einen Spezialisten außerhalb des Krankenhauses aufgesucht und von diesem ein Medikament verschrieben bekommen haben. "Wenn der Patient nicht daran denkt, es mir zu sagen, weiß ich nichts über Medikamente, die außerhalb des Krankenhauses verschrieben wurden", sagte Martin Harris, EDV-Chef der Cleveland Clinic, der New York Times. Dieses Wissen sei aber wichtig, weil das Risiko von Wechselwirkungen verschiedener Medikamente bestehe.

Dass der Internet-Konzern nun auf einem weiteren Feld große Mengen vertraulicher Daten ansammelt, steht im Zentrum der Kritik an dem neuen Angebot. Zwar verspricht Google, die Daten nicht weiterzuverkaufen und sie nur an solche Institutionen weiterzugeben, die der Patient auswählt. Die bei Health eingegebenen Informationen würden zwar, so Google, mit anderen Informationen verknüpft, aber nur anonym. In den Nutzungsbestimmungen bemüht sich der Konzern jedoch vor allem darum, sich selbst für den Fall der Fälle aus der Verantwortung zu nehmen.

Die Dienste und Angebote der Partnerfirmen zu nutzen, geschehe auf eigene Gefahr. Die Nutzer seien außerdem auch selbst verantwortlich für ihre Passwörter und die Nutzung ihres Zugangs. Angesichts der zahlreichen Fälle von Datendiebstählen, die in jüngerer Zeit bekanntgeworden sind, sollten es sich Nutzer gut überlegen, welche Daten sie über sich preisgeben wollen. Besonders auf Zugangsdaten und Passwörter haben es organisierte Internetkriminelle abgesehen.

Angebot ausschließlich für die USA

Google ist weder die erste, noch die einzige Firma, die vergleichbare Dienste anbietet. Auch der Software-Konzern Microsoft betreibt in HealthVault (etwa: Gesundheits-Safe) ein ähnliches Angebot. Durch seine Marktmacht und die Stärke der Marke Google im Internet ist dem Konzern allerdings Aufmerksamkeit sicher. In dem Angebot soll Google zufolge keine Werbung geschaltet werden.

Eine Möglichkeit, sich zu finanzieren, wären die Partnerfirmen, die in das Angebot eingebunden werden sollen. Eine Partnerfirma beispielsweise, die Ernährungspläne für Übergewichtige erstellt, könnte pro Kunden zahlen, der über Health gewonnen wurde. Bisher ist das Angebot ausschließlich auf US-Bürger begrenzt. In Deutschland wird seit Jahren über eine elektronische Gesundheitskarte diskutiert, auf der Notfall-Informationen gespeichert werden sollen, aber auch Codes zu umfangreicheren, verschlüsselten Patienten-Dateien auf Rechnern im Internet.

© SZ vom 21.05.2008/sam - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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