Kooperation mit der Telekom:Charmeoffensive gegen Twitter-Muffel

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Alles soll "noch besser, noch einfacher" werden: Die Telekom und Twitter wollen in Zukunft zusammenarbeiten und stellen das als eine ganz natürliche Idee dar. Dabei sind die beiden Unternehmen extrem unterschiedlich - und auf den jeweils anderen dringend angewiesen. Besonders in Deutschland.

Von Varinia Bernau

Eine glückliche Partnerschaft, man kann das gar nicht oft genug sagen, das ist keine einfache Angelegenheit. Erst recht nicht in der Wirtschaft. Denn da geht es um Geld und Macht, um so viel mehr also als nur um die Frage, ob die Zahnpastatube nun gedrückt oder aufgerollt wird. Kann eine Partnerschaft in solch einer Welt wirklich glücken?

Nun wagen es die Deutsche Telekom und Twitter: Auf bestimmten Smartphones bietet die Telekom zum Frühjahr "einen direkten Blick auf das aktuelle Geschehen" an. Spannendes aus Politik und Wirtschaft, Sport und Unterhaltung soll auf den Bildschirmen zu finden sein - alles mit Twitters Hilfe.

Zunächst einmal ist diese Liaison der Beleg dafür, dass sich Gegensätze anziehen: Da ist der ehemalige Staatskonzern mit seinen 229 000 Mitarbeitern und all der Trägheit, die solch eine Größe und solche eine Geschichte nun einmal mit sich bringt. Immerhin, kein anderer Mobilfunkanbieter hat hierzulande so viele Kunden. Dummerweise ist das ein umkämpfter Markt, in dem nicht mehr viel zu holen ist. Und da ist das wendige Start-up, gerade mal sieben Jahre alt, 2000 Mitarbeiter, noch nie Gewinn gemacht - aber für die Zukunft eine Story parat, die Anleger so sehr begeistert, dass der Kurs fast drei mal so hoch liegt wie der der T-Aktie.

Telekom und Twitter brauchen einander

Wenn sich so zwei zusammentun, dann verspricht es, nun ja, Optimisten würden wohl sagen: munter zu werden. Chaos, Hickhack - großer Knall, das würden die Pessimisten erwarten. Es gibt aber einen entscheidenden Punkt, der Anlass zum Optimismus gibt. Denn Telekom und Twitter haben auch eine große Gemeinsamkeit: Sie brauchen einander.

"Durch die Zusammenarbeit mit Twitter können wir künftig noch mehr Menschen noch besser erreichen", schwärmt Telekom-Chef René Obermann. Für ihn sind Internetdienste längst mehr als nur ein paar böse Buden, die all die Werbegelder im Netz abschöpfen, während sein Konzern den undankbaren Job des Klempners für eben dieses Netz erledigen muss. Sie sind ein süßer Lockstoff: Denn die Menschen wollen heute mit einem Handy nicht mehr nur telefonieren. Sie wollen unterhalten werden. Und sie werden ihren Mobilfunkvertrag deshalb bei dem Anbieter abschließen, der ihnen die beste Unterhaltung bietet. Im besten Falle sogar zu einem etwas teureren Tarif. All das weiß Obermann. Er setzt deshalb bereits seit einiger Zeit auf die Charmeoffensive.

Und sein Gegenüber, Twitter-Chef Dick Costolo, pariert höflich: "Wann immer wichtige Dinge in Europa stattfinden, werden sie umgehend live auf Twitter diskutiert. Durch die Telekom wird es für Kunden noch einfacher, solche Momente zu teilen". So selbstbewusst der erste Satz, so entlarvend der zweite: Offenbart er doch, dass es bislang nicht so einfach ist, wichtige Momente via Twitter zu teilen. Zumindest nicht so einfach, dass es viele tun. Die Deutschen sind Twitter-Muffel. Wenn Costolo aber hierzulande ein gutes Geschäft machen will, muss er die Leute für Twitter begeistern. Und dazu braucht er einen Partner, der einen möglichst guten Draht zu möglichst vielen Menschen hat. Er braucht: die Telekom.

© SZ vom 06.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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