Konferenz in München:Start der Digitalisierung

DLD Konferenz München

Sprach ebenfalls auf der DLD Konferenz München: Ian Robertson, Vorstand des Autobauers BMW.

(Foto: dpa)

"Es hat gerade erst angefangen" - so lautet der Titel der alljährlichen DLD-Konferenz, die sich an einer Bestimmung der vernetzten Gegenwart versucht. Dabei geht man weit über Wirtschaftliches hinaus.

Von Johannes Boie

Ein Mann wird durch die Menge geleitet, unscheinbar, er lächelt. Das ist Ben Horowitz, einer der reichsten Menschen der Welt. Ein paar Milliarden Dollar besitzt Horowitz, Geld, das er als Investor ind kalifornischen Superfirmen investiert: Facebook, Twitter, die bekanntesten, die größten. Gerade ist er zu Besuch in, tatsächlich, München.

Anlass ist die jährlich im Januar stattfindende DLD-Konferenz, die Hubert Burda vor 10 Jahren ins Leben gerufen hat. Das Brummen, das die Konferenz ankündigt, kann man schon Tage, Wochen vorher in den sozialen Netzwerken hören. DLD steht für "Digital Life Design", eine Marke, die in der Digitalen Szene mit ihren Gründern und Investoren längst weltweit bekannt ist. 1000 Teilnehmer hat die Konferenz mittlerweile, 150 Sprecher reisen dafür an.

Denn Burda ist gelungen, Jahr für Jahr einen relevanten, zumindest angesagten Teil der digitalen Weltveränderung für drei Tage nach München zu laden. Dass zum Auftakt Ilse Aigner eine Rede vorliest, dass viele Stars vor allem nach Bayern kommen, um anschließend zum Weltwirtschaftsforum nach Davos weiterzureisen - geschenkt. Das macht alles nichts, das sind klassische personelle Verknotungen und Verstricklungen die sich aus Steffi Czernys unendlich großem Adressbuch ergeben. Und aus denen ergibt sich die gesamte Konferenz. Czerny, nicht nur Angestellte, sondern Vertraute von Hubert Burda, ist das Herz des DLD.

Uber-Gründer Kalanick ist ebenfalls gekommen

In diesem Jahr ist es ihr gelungen, neben Ben Horowitz auch Travis Kalanick einzuladen, den umstrittenen Gründer des Mitfahrdienstes Uber. Er gibt sich in München zurückhaltend; wie auch Oliver Samwer, ein bekannter deutscher Investor. Beide reden sonst eher selten vor Publikum.

In München aber diskutieren sie miteinander und mit den Gästen. Titel der diesjährigen Konferenz: "It's only the beginning" - Es hat gerade erst angefangen.

Man darf das wörtlich nehmen. Denn es wird deutlich, wie sehr die Digitalisierung noch am Anfang steht, obwohl sie doch bereits die Welt stark verändert.

Da ist zum Beispiel Samwers Idee von der Seriengründung. Wie Volkswagen auf einer Fahrzeugplattform mehrere Modelle bauen möchte, will Samwer Firmen am Fließband hochziehen. Andere Investoren reden darüber, welche Menschen das Zeug zum Gründer haben und ob Furcht eine nützliche oder eine hinderliche Komponente für Gründer ist. Dabei gleitet die wirtschaftliche Debatte leicht ab, in die jährlich diskutierte Aufteilung von Zerreißern und zerrissenen Marktteilnehmern; das englische Verb "to disrupt", mit dem die Neuordnung der Welt durch die Digitalisierung beschrieben wird, fällt zum Teil im Minutentakt.

Bessere, aber auch schwierigere Zukunft

Immer wieder sitzen Enthusiasten einer neuen, digitalen Welt auf den Podien, wie zum Beispiel der Pay-Pal-Mitgründer Max Levchin, und erzählen von einer besseren, manchmal auch schwierigeren Zukunft. In einer Diskussion ging es auch darum, wie man etwa noch Autos verkaufen soll, wenn die Hersteller zwar inzwischen sehr viele Fans auf Facebook haben, sich aber kaum mehr Besucher in den Niederlassungen der Händler einfinden.

Der Fokus geht über wirtschaftliche Aspekte hinaus, das tut der Konferenz gut. Etwa dann, wenn Journalisten darüber diskutieren, welche Effekte das Pariser Attentat wohl auf den Journalismus haben wird; immerhin waren die Leser bei diesem Anschlag über die sozialen Medien fast in Echtzeit mit Nachrichten - und Falschmeldungen - versorgt. Auch radikale Internetkritiker finden ihren Platz. Wo im vergangenen Jahr Evgeny Morozov seine Abneigung gegen die digitale Gesellschaft preisgeben durfte, sitzt heuer Andrew Keen, der das Netz in seiner aktuellen Form für eine Fehlentwicklung hält.

In den besten Momenten öffnet sich so im HVB-Forum in der Münchner Innenstadt ein schmaler Spalt in die Zukunft, der eine Ahnung darüber zulässt, wie wir einmal leben werden.

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