Kinofilm "Steve Jobs":Apple fehlen die Innovationen

Lesezeit: 2 min

In der neuesten Verfilmung von Steve Jobs' Leben spielt Michael Fassbender die Hauptrolle. (Foto: Universal Pictures/dpa)

Vom erfolgreichen Computerkonzern zum Unternehmen ohne neuen Ideen: Die Geschichte von Apple wiederholt sich gerade dramatisch. Der neue Film über Steve Jobs erinnert daran.

Analyse von Johannes Boie

Betriebswirtschaftler können stundenlang über die Zyklen streiten, die Unternehmen und Produkte durchlaufen, von ihrer Erfindung bis zu ihrem Ende, wenn die Konkurrenz sie kurzerhand vom Markt wischt. Oder sie sich einmal mehr berappeln und sich mit Innovationen aus der Patsche helfen.

Steve Jobs hat die Fahrt nach oben wie den freien Fall nach unten bei Apple mehr als einmal miterlebt. Zuletzt hat er die große Kurve nach oben verantwortet, die Revolution digitaler Geräte wie MP3-Player, Handys und tragbarer wie stationärer Computer. Das war das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, und selbst nach Jobs' Tod 2011 hielt der Aufschwung von Apple noch für ein paar Jahre an.

Heute aber befindet sich der Konzern an einer ähnlichen Stelle wie im Jahr 1998, als Steve Jobs den iMac vorstellte - der Moment, mit dem die neue Filmbiografie "Steve Jobs" endet: Innovation wird dringend benötigt.

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Natürlich gibt es ein paar Unterschiede. Damals war Apple finanziell am Boden, heute ist der Konzern reich genug, um (theoretisch) Google mit Bargeld zu kaufen. Einerseits. Andererseits sind die jüngsten Ideen von Apple diese: die Farbe "Gold". Die Farbe "Space Gray". Die Farbe "Rosengold". Und eine Uhr mit Display, deren Erfolg umstritten ist.

Die innovativsten Produkte kommen nicht mehr von Apple

Die Produktpalette sieht so aus: Das günstigste Notebook Macbook ist im Vergleich zu dem, was andere Anbieter verkaufen, ein teurer Witz. Die Technik der noch teureren Geräte wie des Macbook Pro und zunehmend auch der Telefone bieten andere Konzerne längst günstiger an und - anders als früher - genauso simpel bedienbar.

Der innovativste Rechner im Jahr 2015 kam ausgerechnet von Microsoft, jenem Konzern, der zu Jobs' Frühzeiten, von denen der Film erzählt, das Rennen machte. Auch Microsoft blieb von Ab- und Aufschwung nicht verschont. Das Betriebssystem Windows wurde über Jahre von Version zu Version schlechter, und tragbare Musikspieler floppten. Man konnte den ewigen Apple-Gegner über Jahre hinweg abschreiben. Jetzt setzt er vorsichtig zum Überholen an.

Längst füllt Apple nicht mehr das Versprechen, das das Marketing nach wie vor gibt: Die Geräte sind technisch keine Marktführer mehr. Dazu kommt, dass die "Early Adopters", also jene Nutzer, die Trends setzen, zu anderen Marken wechseln oder gewechselt haben.

Wer heute ein Hacker-Treffen besucht, sieht mit Sicherheit mehr Linux-betriebene Lenovo-Rechner als glimmende Apfel-Displays. Für sie ist Apple nicht mehr cool. Kein Wunder. Apple-Geräte stehen heute in jedem Mediamarkt direkt neben Plastik-Billigschrott. Von der Masse hebt sich ab, wer eben kein iPhone aus der Hosentasche zieht.

Den Scheitelpunkt erreicht zu haben, bedeutet eben auch: Ab jetzt geht es bergab

All diese Zeichen sind typisch für den Scheitelpunkt in der Kurve der Betriebswirtschaftler. Der Umsatz ist oben, der Mainstream ist erreicht. Das heißt aber auch: Ab jetzt geht es bergab.

Am Ende des Steve-Jobs-Films deutet Drehbuchschreiber Aaron Sorkin neben dem Computer iMac auch die Entstehung des tragbaren Musik-Players iPod an, den Jobs seiner Tochter verspricht. Gemeinsam mit den neuen Computern und dem iPhone wurde das Gerät zum Heilsbringer der Firma. Dem Erfolg aller drei Innovationen lag radikale Vereinfachung zu Grunde. Plötzlich konnte jeder einen MP3-Player bedienen oder E-Mails vom Handy verschicken. Das alles bieten die Produkte anderer Firmen mittlerweile günstiger.

Es ist eindeutig an der Zeit, dass ein neuer Steve Jobs auftaucht, der seiner Tochter ein paar wilde Versprechungen macht.

© SZ vom 11.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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