Kanzlerinnen-Handy:Der hohe Preis der Sicherheit

Angela Merkel telefoniert

Kanzlerin Angela Merkel am Telefon: Die Telekom stoppt die Entwicklung eines verschlüsselten Handys.

(Foto: Rainer Jensen/dpa)

Zu langsam, zu wenig Speicherplatz: Die Krypto-Handys der Telekom sind bei den deutschen Spitzenpolitikern unbeliebt. Das Unternehmen legt die Entwicklung der abhörsicheren Smartphones deshalb nun auf Eis - ein Problem für die Bundesregierung.

Von Varinia Bernau und Benedikt Strunz

Vielleicht wird die Bundeskanzlerin, um Staatsgeheimnisse zu schützen, in Zukunft ganz und gar aufs Telefonieren verzichten müssen. Mit Simko 3 steht nun nämlich die letzte Entwicklung eines abhörsicheren Smartphones unter deutscher Führung auf der Kippe. Der Fall zeigt, wie kostspielig Kommunikation wird, wenn sie sicher sein soll - und wie abhängig von ausländischen Herstellern Deutschland in den vergangenen Jahren bereits geworden ist.

Dabei hatte die Deutsche Telekom, die die Entwicklung von Simko 3 maßgeblich betrieben hatte, für ihre abhörsicheren Handys große Pläne. Der Konzern hat im vergangenen Jahr einen Rahmenvertrag des Innenministeriums über die Lieferung von Krypto-Handys unterzeichnet - ebenso wie der Düsseldorfer Konkurrent Secusmart. Nach den Enthüllungen des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden schien das Geschäft mit verschlüsselter Kommunikation lukrativ. Allein über den Rahmenvertrag sollten bis zu 10 000 Handys verkauft werden. Da ein einzelnes Gerät knapp 2000 Euro kostet, wäre das ein Millionengeschäft. Doch daraus wird nun nichts. Nach Informationen von NDR Info wird die Telekom die Produktion der so genannten Simko-3-Handys offenbar einstellen. Die zuständige Telekom-Tochter Trust 2 Core wird aufgelöst. Ein Telekom-Sprecher bestätigte dies, betonte aber, dass die Telekom die Auslieferung der bereits entwickelten Geräte zunächst aufrecht erhalte.

Verschlüsselte Handys sind unbeliebt

Die Telekom zieht damit die Konsequenzen aus dem schleppenden Absatz der Geräte. Mehr als ein Jahr nach den ersten Enthüllungen im NSA-Spähskandal zeigt sich, dass die Annahmen über die Nachfrage der abhörsicheren Geräte viel zu optimistisch waren - und die beiden deutschen Anbieter die weitere Entwicklung offenbar nicht mehr allein stemmen können.

Die Telekom arbeitet seit Jahren daran, Samsung Galaxy-Handys mit der so genannten Microkernel-Technik gegen Abhörangriffe zu schützen. Bislang aber wurden nur knapp 600 derartige Krypto-Handys an die Regierung geliefert. Die Geräte sind in den Ministerien schlichtweg unbeliebt, da sie zu langsam seien und zu wenig Speicherplatz bieten. Stärker nachgefragt seien demnach die abhörsicheren Geräte der Düsseldorfer Firma Secusmart. Diese basieren auf nachgerüsteten Blackberry-Geräten.

Problem für die Bundesregierung

Die Bundesregierung steht damit vor einem Problem. Denn immer wieder forderten deutsche Politiker und Experten, als Reaktion auf die NSA-Affäre stärker auf technische Lösungen aus Deutschland zu setzen. Im Sommer war aber bekannt geworden, dass der kanadische Blackberry-Konzern Secusmart übernehmen will. Derzeit wird im Bundeswirtschaftsministerium geprüft, ob eine solche Übernahme die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik gefährdet. Schließlich bekäme Blackberry durch den Kauf Zugriff auf eben jene Technik, mit der sich deutsche Politiker vor Abhörangriffen schützen wollen. Und Kanada ist Teil jener auch als Five Eyes bekannten Staatengruppe, zu der auch Australien, Neuseeland, Großbritannien sowie die USA gehören und die den Unterlagen des Whistleblowers Snowden zufolge das Wissen ihrer Geheimdienste untereinander austauschen.

Mittlerweile sind etwa 2500 Geräte mit Secusmart-Technik sowie etwa 600 Geräte mit der von der Telekom entwickelten Verschlüsselungstechnik in deutschen Ministerien und Behörden im Einsatz. Auf Nachfrage teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums mit, man wolle weiterhin in Sachen Krypto-Telefonie auch mit der Telekom zusammenarbeiten.

Doch wie eine solche Zusammenarbeit aussehen soll, ist unklar. Derzeit scheint nicht einmal festzustehen, inwieweit die Telekom an der Microkernel-Technik festhalten will. Die Entwicklung der Verschlüsselung erfordert viel Zeit, zu viel, um mithalten zu können mit dem hohen Takt, in dem die Hersteller neue Modelle herausbringen. Und sie macht auch eine enge Abstimmung mit den Herstellern einzelner Komponenten nötig - etwa den Anbietern von Chips. Ein Telekom-Sprecher erklärte dazu, man prüfe, wie neue Lösungen für sichere Kommunikationsangebote aussehen könnten. Derzeit liegt aber offenbar noch kein Konzept vor. Gleichwohl wolle die Telekom weiterhin in den Bereich der Krypto-Telefonie investieren. Unter anderem sollen künftig Mittelstands- und Privatkunden stärker angesprochen werden.

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