iWatch-Konkurrent Pebble:Smart, aber wenig clever

Pebble

Eine Pebble

(Foto: Thorsten Riedl)

Apple zeigt kommende Woche - vielleicht - die iWatch. Mit der Pebble gibt es bereits jetzt eine Smartwach, die von Tausenden Usern innig geliebt wird. Doch was kann die schlaue Armbanduhr wirklich? Ein Selbstversuch.

Von Thorsten Riedl

In der kommenden Woche wird Tim Cook in San Francisco wieder auf der Bühne stehen. Auch wenn die Euphorie um neue Produkte von Apple nachgelassen hat, Konzernchef Cook wird wieder in Superlativen schwärmen: amazing, magic, wonderful. Und wird er auch die iWatch vorstellen?

Die lang erwartete Smartwatch des Hightech-Unternehmens, eine Uhr, die mehr kann, als nur die Zeit anzuzeigen. Zuletzt hat der Chef des notorisch verschwiegenen Unternehmens in diese Richtung gedeutet. Dann könnte sich wiederholen, was Apple schon im Musik-, Handy- und PC-Geschäft gelungen ist: eine kleine Revolution. Allerdings nur, wenn die iWatch mehr kann als meine Smartwatch, denn die ist zwar hübsch anzusehen, bislang aber alles andere als smart.

Seit einigen Wochen trage ich eine Pebble, übersetzt einen kleinen "Kieselstein". Laut Beschreibung des US-Herstellers handelt es sich um "die erste Uhr für das 21. Jahrhundert". Sie sei "unendlich anpassbar" mit austauschbaren digitalen Zifferblättern und "brauchbaren internetfähigen Apps".

Nun, vor allem steht hinter der Uhr eine kreative Werbeabteilung. Denn bis jetzt ist die Pebble ein Spaß für Gadgetfreaks wie mich. Als Smartwatch, die mehr kann als die Uhr anzeigen, enttäuscht sie. Meine 30-Euro-Puls-Uhr zum Joggen hat mehr Funktionen. Der einzige Lichtblick: Die Pebble lernt dazu, dank der Internet-Community - und das rasend schnell.

Mehr als 68.000 Unterstützer

Im vergangenen Jahr hat die Pebble für einiges Aufsehen gesorgt. Auf der Crowdsourcing-Plattform Kickstarter wollte Eric Migicovsky ursprünglich 100.000 Dollar für die Entwicklung einer cleveren Uhr einsammeln. Es wurden am Schluss mehr als zehn Millionen Dollar daraus. Mehr als 68.000 Unterstützer spendeten Geld für die Idee der Pebble. Ein Riesenerfolg für Pebble Technology, das Unternehmen hinter der Uhr, und auch die Plattform Kickstarter.

Nach einigen Verzögerungen startete die Auslieferung vor wenigen Wochen - zumindest für die Unterstützer außerhalb Deutschlands. Hier zu Lande machte sich der Zoll Sorgen um die "gemeingefährliche Armbanduhr". Jan Schweitzer von der Zeit hat seinen Leidensweg aufgeschrieben. Und es hakt noch immer. Bei den vielen deutschen Fans war die Enttäuschung riesig.

Nun, meine Uhr kam an, den Schweizer Zoll interessierte das Innenleben des Pebble-Päckchens nicht. Die Verpackung ist einfach, nichts erinnert an die Kunst, wie sie Hightech-Unternehmen heute zelebrieren. Bedienungsanleitung, Netzteil oder Lieferschein sucht man vergeblich. Einzig liegt ein Hinweis auf die Webseite bei und ein USB-Kabel zum Aufladen. Das Kabel ist mindestens so wertvoll wie die Uhr, es handelt sich um eine Eigenkreation der Pebble-Ingenieure und erinnert an die magnetischen Ladekabel der Mac-Computer.

Leider ist es aber mit denen nicht kompatibel. Wer das Kabel verliert, besitzt nur noch Hightech-Schrott. Diesen Weg haben die Pebble-Entwickler gewählt, um die Uhr wasserdicht zu machen. Wobei in Foren heiß diskutiert wird, wie weit das geht. Duschen beispielsweise scheint wenig ratsam, zumindest nicht heiß.

Die Uhr wiegt weniger als 40 Gram, das Display misst stolze 8,1 Zentimeter und stellt 144 mal 168 Pixel dar. Es benutzt eine ähnliche Technologie wie E-Book-Reader von Amazon oder Sony. So lässt sich die Uhrzeit auch im Sonnenschein gut ablesen. Wobei meine Pebble etwas fleckig wirkt. Darüber klagen einige. Bei Dunkelheit setzt eine Hintergrundbeleuchtung ein. Der Stromverbrauch des e-ink-Displays hält sich in Grenzen. Mit meiner Pebble komme ich problemlos eine Woche über die Runden. Das hängt allerdings stark davon ab, wie sehr die Benachrichtigungs- und Alarm-Funktion genutzt wird.

Einige Nachteile

Die Pebble vibriert, gibt aber leider keinen Ton von sich. Trotz der Größe trägt sich die Uhr zumindest am Männer-Handgelenk angenehm. Für manchen Frauen-Arm wird sie zu groß geraten sein. Neben Vibrationsmotor und Hintergrundlicht, die vielleicht auch eine normale Uhr noch an Bord haben, wartet die Pebble noch mit Sensoren für die Messung von Magnetfeldern, der Beleuchtung und der Beschleunigung auf. So etwas kennen wir inzwischen von unseren Smartphones. So erkennen die Geräte beispielsweise, wie hell oder dunkel es gerade ist, und regeln so die Displayhelligkeit. Oder sie bemerken Drehungen und schwenken gleich den Bildschirm mit.

Leider gibt es noch keine Apps, die das Innenleben clever nutzen - oder ich habe keine gefunden. Ein einheitlicher App-Store fehlt nämlich. Wer bei den Entwicklungen um seine Pebble am Ball bleiben will, muss sich durch einschlägige Foren wühlen.

Was gut funktioniert: Benachrichtigungen in Kombination mit dem Smartphone. Die Pebble selbst hat keine Internetverbindung, es lassen sich auch keine Telefonate in James-Bond-Manier führen. Mit Bluetooth-Funkverbindung zum Smartphone in der Tasche macht die Pebble aber auf neue E-Mails, SMS oder Anrufe aufmerksam.

Beim iPhone hakt es zwar noch, dank der Offenheit ihres Systems genießen Nutzer von Android-Mobiltelefonen aber ohnehin mehr Funktionen. Neben der offiziellen Pebble-App bin ich auf die empfehlenswerten Apps Pebble Notifier und Pebblify gestoßen. Auf diese Weise lassen sich jedwede Alarme, die das Smartphone ausgibt, auf der Smartwatch wiedergeben - von der Unwetterwarnung, über fallende Börsenkurse hin zur Benachrichtigung bei neuen Twitter-Followern. Mit beiden Apps lässt sich steuern, welche Benachrichtigungen genau auf das Display der Uhr kommen.

Großer Nachteil der Pebble: Eine alte Nachricht wird von einer neuen überschrieben, ohne Chance, diese noch einmal aufzurufen. Einen Blick als Android- und Pebble-Nutzer ist sicherlich auch der Pebble Tasker wert. In Verbindung mit dem mächtigen Automationsprogramm Tasker lassen sich über die Uhr verschiedene Aufgaben auf dem Handy anstoßen, beispielsweise ein Anruf, das Starten der Musik-App oder das Einstellen des Lautlos-Profils. Grenzen sind hier nur durch die eigene Phantasie gesetzt. Auch der Internet-Automatisierungsdienst IFTTT funktioniert mit Pebble.

Analog oder digital

Ebenfalls hübsch: digitale Zifferblätter. Die Pebble-Community hat eine Menge, teils sehr hübscher Watchfaces ins Netz gestellt. Täglich kommen neue hinzu. So kann man sich die Uhrzeit sekundengenau anzeigen lassen - oder nur ungefähr. In analoger Form, ganz digital oder in Schriftsprache. Je nach Lust und Laune. Drei Zifferblätter sind vorinstalliert, acht neue können schnell über das Smartphone hinzugeladen werden. Diese acht Speicherplätze müssen sich Zifferblätter und Apps teilen.

Von daher ist es ein Segen, dass es noch nicht so viele Smartwatch-Apps gibt. Eine zum Steuern der Musik ist vorinstalliert. Auch die Funktion, Lauftempo, -zeit und -strecke in Funktion mit der Smartphone-App Runkeeper anzuzeigen, benutzt keinen der vorhandenen Speicherplätze.

Seit April gibt es die Software, mit der jeder eigene Programme für die Pebble erstellen kann. Seither sind spaßige Progrämmchen erschienen, beispielsweise ein Tetris-Klon oder eine Imitation von Pong - dem ersten Telespiel. Keine App allerdings nutzt bisher die cleveren Funktionen der Uhr, beispielsweise den Beschleunigungsmesser. Auf diese Weise müsste man etwa Funktionen, wie sie Fitnesshelfer von Jawbone oder Fitbit bieten eigentlich in die Uhr integrieren können. Beim Tempo der Community rund um die Pebble scheint es nur eine Frage der Zeit, bis es so weit ist.

Cook mag die iWatch nun auf dieser oder auf seiner nächsten Produktshow vorstellen: Die Pebble hat schon jetzt eine treue Gemeinschaft an Entwicklern. Allerdings wird das nicht reichen, um Konzernen wie Apple, Google und Microsoft im Wettstreit um den Smartwatch-Markt lange standzuhalten. In kurzer Zeit werden wir uns im besten Fall noch an die Pebble als kleinen Meilenstein in der Technikgeschichte erinnern, die dank ihres Kickstarter-Erfolgs das Smartwatch-Segment nicht als erstes, aber als sehr spannendes Konzept wieder belebt hat.

Danke dafür, Pebble.

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