IT-Messe in Hannover:Cebit-Trends: Hype oder Hirngespinst?

Handy-Internet in Blitzgeschwindigkeit, denkende Häuser und Computer, die auf einen Fingerzeig reagieren: Die Cebit-Zukunftsvisionen versprechen ein digitales Paradies. Doch was ist dran? Ein Realitätstest

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Internetfernsehen

Quelle: iStock

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Fernsehen und Internet verschmelzen

Die Vision: Fernsehen über das Internet, Internet auf dem TV-Bildschirm. Zwei Medien sollen zusammenwachsen, um dem modernen Medienkonsum gerecht zu werden. Der Flachbildschirm im Wohnzimmer fungiert dabei auch als Steuerung für Stereoanlagen oder sogar Haushaltsgeräte.

Die Realität: Auch wenn es inzwischen Flachbildfernseher mit eingebautem Internetanschluss und Diensten wie Skype-Videotelefonie gibt - das TV-Gerät hat es bislang noch nicht geschafft, zum Medienzentrum zu werden. Ein ungelöstes Problem ist beispielsweise eine Benutzeroberfläche, die ein angenehmes Surfen während des TV-Konsums erlaubt.

Die Prognose: Dank wachsender Bandbreite werden Dienste wie das Internetfernsehen IPTV weiter wachsen, auch das Problem der Benutzeroberfläche wird bald gelöst. Bis zur kompletten Heimsteuerung aller Geräte über den Flachbildschirm wird es allerdings noch Jahre dauern, zumal einheitliche Softwarestandards sich nur langsam durchsetzen.

Adventskalender, Roboter, im Bild auf der Halbleiter-Messe 'Semicon' in Dresden

Quelle: dpa

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Roboter werden menschlicher

Die Vision: Der beste Freund des Menschen wird bald kein Hund mehr, sondern ein Roboter sein: Er kümmert sich um den Haushalt oder bucht unseren nächsten Urlaub, kann auf Sprachbefehle reagieren und lernt unsere Vorlieben.

Die Realität: Zwar können die bei der Cebit präsentierten Roboter tatsächlich besser auf menschliche Sprache reagieren, in der Realität werden elektronische Butler allerdings kaum genutzt. Die mit Abstand meisten Roboter werden in der Industrieproduktion eingesetzt.

Die Prognose: Der alleskönnende Robo-Assistent wird eine der Zukunftsvisionen bleiben, die niemals Realität werden. In bestimmten Einsatzfeldern wie der Pflege werden Roboter allerdings Nischen für bestimmte Spezialaufgaben finden.

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Quelle: SZ-Grafik

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Das vernetzte Haus

Die Vision: Unsere Wohnstätte denkt künftig für uns mit. Ausgestattet mit Sensoren und mit dem Internet verbunden sagt uns die Wohnung künftig, welchen Stromtarif wir gerade am besten nutzen, wo ein Wasserleck droht und welche Nahrungsmittel im Kühlschrank bald ihr Haltbarkeitsdatum überschreiten.

Die Realität: Langsam einigt sich die Industrie auf gemeinsame Standards für Haushaltsgeräte, die mit dem Internet verbunden sind, auch Sensoren werden preiswerter. Allerdings streiten sich die Gelehrten noch, ob eine solche Infrastruktur nicht ein eigenes Netz braucht, um nicht über das Internet angreifbar zu sein. Modellwohnungen gibt es zwar auch auf der Cebit zu sehen, diese sind allerdings derzeit noch viel zu teuer.

Die Prognose: Das vernetzte Haus kommt, aber weit später als angepriesen. Bis die "Smart Homes" halbwegs bezahlbar sind, werden noch vier bis fünf Jahre vergehen.

CeBIT 2011

Quelle: dpa

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Tablets lösen Laptops ab

Die Vision: Die Zukunft gehört der elektronischen Schiefertafel: Flachcomputer werden zu Arbeits- und multimedialem Spielgerät in einem und verdrängen dabei die klassischen Net- und Notebooks mit ihren Tastaturen.

Die Realität: Nach der Einführung des iPad im Jahre 2010 kommen immer mehr Tablet-PCs auf den Markt, meist mit Googles Android-Betriebssystem. Dem Markt werden hohe Wachstumsraten vorausgesagt, Prozessoren und Nutzerfreundlichkeit werden besser.

Die Prognose: Tablet-Computer werden sich durchsetzen, allerdings die rechenstärkeren Notebooks nicht verdrängen, sondern vielmehr als Couchgeräte eine neue Gattung bilden. Da sie durchaus ähnliche Funktionen wie Netbooks erfüllen, dürften diese am stärksten unter dem Tablet-Boom leiden.

Aufbau Computermesse CeBIT 2011

Quelle: dapd

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LTE: Handy-Breitband für alle

Die Vision: Der Funkstandard Long Term Evolution löst UMTS ab und macht das Internet noch schneller. Übertragungsraten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde werden auch im mobilen Internet erreicht und sorgen dafür, dass Videotelefonie und andere Breitbanddienste spielend leicht mit dem Smartphone genutzt werden können.

Die Realität: Die Mobilfunkanbieter haben die Lizenzen ersteigert, müssen LTE allerdings erst in den ländlichen Gebieten einführen, in denen es keine DSL-Verbindungen gibt. Erste LTE-Flatrates gibt es ab 30 bis 40 Euro, die ersten Städte mit dem neuen Standard werden Hamburg, Berlin, Köln und Bremen sein. Im Laufe des Jahres kommen die ersten LTE-Smartphones auf den Markt.

Die Prognose: LTE wird sich durchsetzen, ob damit allerdings auch die Datentarife preiswerter werden, steht in den Sternen.

Gamescom - Kinect für xbox ab November im Handel

Quelle: dpa

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Tastatur und Maus sind Vergangenheit

Die Vision: Die Benutzer-Menüs der Zukunft werden wir per Zuruf oder Geste steuern. Statt E-Mails schicken wir eine Sprachnachricht oder lassen unsere Worte in Text umwandeln, Computer, aber auch Fernseher und sogar Haushaltsgeräte reagieren auf unsere Handzeichen.

Die Realität: Maus, Touchscreen und Konsolen-Controller sind zwar immer noch die bevorzugten Steuerungselemente, doch die Technik entwickelt sich rasant weiter: Handys integrieren nach und nach zuverlässige Sprachsteuerungen, Microsofts Xbox-Gestensteuerung Kinect ist ein Verkaufsschlager.

Die Prognose: Gesten- und Sprachsteuerung werden schon in wenigen Jahren der Standard sein.

Buchmesse Frankfurt - Besucher

Quelle: dpa

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Alles wird dreidimensional

Die Vision: Ob Fußballübertragungen oder Actionfilm - Fernsehen und Kino ohne 3-D-Bild macht keinen Spaß mehr, selbst Computermonitore zeigen die Tiefe des Raumes. Eine Brille ist für den Blick in die dritte Dimension nicht mehr nötig.

Die Realität: Nach dem 3-D-Kassenschlager Avatar hat die Aufregung um das neue Format etwas nachgelassen. Zwar werden immer mehr Filme im neuen Format gedreht und auch Sportereignisse teilweise so übertragen, aber der Verkauf von 3-D-Flachbildfernsehern läuft schleppend.

Die Prognose: 3-D-Bildschirme und -Kameras bleiben Nischenprodukte, werden allerdings genügend Abnehmer finden, um die Produktion im aufwändigen Format zu rechtfertigen. Die wenig modische Brille wird für das dreidimensionale Erleben bald nicht mehr nötig sein.

CeBIT 2011 - Cloud Computing

Quelle: dpa

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Die Vision: Weil wir immer mehr unterschiedliche Endgeräte benutzen und häufiger mobil im Internet unterwegs sind, werden lokale Speichermedien wie die eigene Festplatte immer uninteressanter. In Zukunft lagern wir Daten - aber auch Programme - in der "Cloud", also Rechenzentren von Speicherplatz-Anbietern. Dadurch können wir ständig und überall auf diese Informationen zugreifen.

Die Realität: Cloud Computing ist für viele Internetnutzer bereits seit Jahren Realität - zum Beispiel bei Webmail-Diensten oder dem Speichern von Fotoalben bei Facebook oder Flickr. Die kompletten Daten lagern allerdings in den wenigsten Fällen im Internet. Auch bei Unternehmen stoßen Cloud-Lösungen aus finanziellen Gründen auf Interesse, aber auch noch auf Skepsis. Je sensibler die Daten, desto größer die Angst davor, sie einem Cloud-Anbieter im Netz zu überlassen.

Die Prognose: Cloud Computing wird in den kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen, vorausgesetzt, offene rechtliche Fragen werden geklärt und größere Datenlecks bleiben aus. Es bedarf allerdings noch mehr Vertrauen, damit Unternehmen und Privatleute tatsächlich ihre sensibelsten Informationen (Mitarbeiterdaten, Gesundheitsinformationen) samt und sonders im Netz lagern.

© sueddeutsche.de/joku/mri
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