Internetseite Suite101:Auf den zweiten Klick

Die neue Internetseite Suite101.de entlohnt Autoren nach Erfolg. Man findet auf der Seite zwar viel, aber selten das, wonach man sucht.

Simon Feldmer

Auf der Internetseite Suite101.de, man muss es so sagen, ist für alles Platz. Aktualität oder Relevanz spielen in dem sogenannten "Netzwerk der Autoren" keine Rolle. Solange die Texte nicht ungesetzlich, rassistisch oder anderweitig anstößig sind, können Autoren hier weitgehend zusammenhangslos ein General-Interest-Magazin im Internet volltexten, wie es ihnen in den Sinn kommt. Eine Abhandlung über den syrischen Goldhamster oder ein Bericht von der Barfuß-Wasserski-WM 2008 in Otaki/Neuseeland sind zu finden. Man kann über Ciceros Staatstheorie schreiben oder Tipps fürs Bärlauchsammeln loswerden. Wer das alles lesen will, ist eine andere Frage.

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Internetseite Suite101: Auf den zweiten Klick

(Foto: Screenshot: sde)

Mitte Februar startete das Internetportal seine deutsche Ausgabe. Sie ist der erste Ableger der englischsprachigen Plattform Suite101.com, auf der aktuell mehr als 100.000 Sachartikel zu finden sind. Von sieben Millionen Lesern im Monat berichten die Macher. "Wir wachsen auf breiter Front", behauptet Peter Berger, 32, ein ehemaliger Unternehmensberater aus Hamburg. Berger führt die Geschäfte am Firmensitz in Vancouver. Seit zweieinhalb Jahren schreibe man schwarze Zahlen, sagt er. Suite101 ist kein klassisches Internet-Start up, sondern hat eine wechselhafte Geschichte mit Börsennotierung und anschließender Krise hinter sich. Die Seite ist elf Jahre alt.

Im April 2006 kaufte sich Burda Digital Ventures, eine Beteiligungsgesellschaft der Hubert Burda Media, mit einer "signifikanten Minderheitsbeteiligung" bei dem kanadischen Unternehmen ein. Weitere Anteile hält der Investor Boris Wertz, mit dem Burda weitere Internetprojekte wie die Gebrauchtbuchbörse abebooks.com betreibt. Die deutsch-kanadische Connection will weiter wachsen - und lässt nun auch hierzulande für sich arbeiten.

Während in Amerika auch Seiten wie about.com oder ehow.com freie Schreiber für ihre Klickzahlen einspannen, wähnen sich die Macher von Suite 101 in Deutschland weitgehend konkurrenzlos. "Wir wurden überschüttet mit Bewerbungen", berichtet Chefredakteur Dirk Westphal, 35. Zunächst seien 140 Autoren, freie Journalisten, Rentner, Studenten anhand ihrer Textproben ausgewählt worden. Die Plattform verlangt für jeden Text ein Jahr exklusives Nutzungsrecht im Internet. Eine Zweitverwertung in Printmagazinen ist erlaubt. Und so sieht der deutsche Suite101-Chef die Seite vor allem als Plattform für die große Zahl von freien Journalisten im Land. "Die dürfen hier zeigen, was sie können", sagt Westphal.

Ratlos angesichts willkürlicher Textsammlung

Nach den ersten Besuchen lässt einen die Seite dennoch ratlos zurück. Geist & Seele, Wirtschaft & Geld, Essen & Trinken heißen die Ressorts. Zwanzig Rubriken gibt es allein auf der Startseite. Welche Themen sich dahinter verbergen, sieht man erst auf den zweiten Klick. Die bisher angehäuften 2500 Artikel verbinden sich nicht zu einem großen Ganzen, sie ergeben bestenfalls eine willkürliche Textsammlung.

Hier Generelles über Platon, dort Spezielles über die Altersvorsorge für Selbstständige: Nachdem die Suchfunktion auch fast zwei Wochen nach dem Start noch nicht aktiv ist, findet man auf Suite101.de zwar viel, aber selten das, wonach man sucht. Auch das geplante Kommentar- und Diskussionsforum ist noch nicht aktiviert.

Ein wenig erinnert Suite101 an die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Doch während Wikipedia als unkommerzielles Angebot versucht, Wissen zu bündeln, werden die Suite101-Autoren nach einem ganz speziellen Schlüssel entlohnt: Grundhonorar gibt es keines, abgerechnet wird über eine Beteiligung an den Werbeumsätzen pro Artikel. Neben den Geschichten stehen Google-Textanzeigen. Schreibt ein Autor über künstliche Intelligenz, wirbt daneben ein Anbieter von Industrierobotern.

Die Höhe des Honorars ist abhängig davon, wie oft ein Artikel angeklickt wird. Der Autor weiß immer erst hinterher, ob sich sein Einsatz gelohnt hat. Eine seriöse Schätzung zu Verdienstmöglichkeiten können die Suite101-Macher nicht abgeben. 3,50 Dollar pro tausend Seitenabrufe, so die Erfahrung mit der englischen Seite, seien aber mittelfristig realistisch. Für den Deutschen Journalistenverband (DJV) Grund genug, Position zu beziehen. "Diese Honorarvereinbarung hat nichts mit einem gerechten Entlohnungssystem zu tun", so ein DJV-Sprecher. Freie Autoren müssten schon wissen, was sie für ihre Arbeit bekommen. Man rate von einer Mitarbeit ab.

Chefredakteur Westphal kann die Kritik nicht verstehen. "Wir haben niemandem versprochen, dass er mit den Honoraren seine Miete zahlen kann", sagt er. Auf diese absurde Idee wäre aber wohl auch niemand gekommen.

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