Internetgipfel der Telekom:Machtkampf um das Netz

Hoettges, CEO of Germany's telecommunications giant Deutsche Telekom AG uses his tablet computer at the CyberSecurity summit in Bonn

Telekom-Chef Timotheus Höttges am Montag beim Cyber Security Summit in Bonn.

(Foto: Wolfgang Rattay/Reuters)

Die Telekom lädt ein, um über die Sicherheit im Internet zu diskutieren. Die Veranstaltung zeigt, wie stark Politik und Wirtschaft noch immer um das Thema kämpfen.

Von Varinia Bernau, Bonn

Eine Zahl zeigt, wie gut Deutschland vor all den Gefahren im Netz geschützt ist - vor Datendieben, maßlosen Behörden oder Wirtschaftsspionen: zehn Millionen Euro. Das ist der Wert der Waren, den auf Sicherheit spezialisierte deutsche IT-Unternehmen im vergangenen Jahr gefertigt haben. Und es dürfte kein Zufall sein, dass Brigitte Zypries, als Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium für Digitales zuständig, diese Zahl auf dem Cyber Security Summit nennt. Die SPD-Politikerin will Stärke zeigen.

Bereits zum dritten Mal sind an diesem Montag auf Einladung der Deutschen Telekom Unternehmer und Politiker, Berater und Bürger zusammengekommen, um über die drängendsten Sicherheitsfragen im digitalen Raum zu diskutieren. Zehn Millionen Euro also. Das klingt, als wäre Deutschland gut geschützt. Doch wie wenig diese zehn Millionen Euro wert sind, wird auf den zweiten Blick deutlich. Einige Minuten später nämlich, als Zypries die Aufzählung all der politischen Anstrengungen beendet hat, auf den Entwurf eines neuen IT-Sicherheitsgesetzes und die Fördergelder für neue Dienstleister um die vernetzte Fabrik verwiesen sowie eine weitere "Dialogplattform" angekündigt hat. Dann ergreift Andy Müller-Maguhn das Wort.

Der Mann war lange Sprecher des Chaos-Computer-Clubs, hat gemeinsam mit Wikileaks-Gründer Julian Assange ein Buch geschrieben und bietet inzwischen in Berlin in seinem Datenreisebüro Schulungen zum Datenschutz. Auch er spricht von zehn Millionen, wenn auch Dollar und somit etwas weniger. So viel Geld, ruft er seinem Publikum einen Bericht des Guardian in Erinnerung, haben die amerikanischen Behörden dem Software-Anbieter RSA gezahlt, um sich in dessen Sicherheitsprogrammen, die Unternehmen, Behörden und Verbraucher weltweit vor fremdem Zugriff schützen sollen, eine Hintertür einzubauen. Es sind vor allem die US-Anbieter, die die Welt mit Sicherheitssoftware versorgen. Und sie sind, wenn auch eher unfreiwillig, zu Gehilfen der US-Behörden geworden. Das ist die Botschaft hinter der Zahl, die Müller-Maguhn nennt.

Der Sicherheitsexperte überlässt es seinen Zuhörern, in Gedanken jene Frage zu formulieren, die sich an diesen Befund anschließt: Warum tut Deutschlands Gesetzgeber nicht mehr? Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), die wohl wichtigste Instanz für den digitalen Schutz Deutschlands, so berichtet Müller-Maguhn, habe eine höfliche Warnung herausgegeben, dass Microsofts neues Betriebssystem Windows 8 zur Sabotage genutzt werden könne. "China hat die Software einfach nicht auf den Rechnern seiner staatlichen Mitarbeiter zugelassen."

Karl-Theodor zu Guttenberg, einst Bundesverteidigungsminister und inzwischen als Sicherheitsberater auch in Technologiefragen unterwegs, mahnt dann auch an, dass es bislang an Institutionen fehlt, die aufstrebende IT-Nationen wie China oder Indien überhaupt einbindet. Telekom-Chef Tim Höttges hatte sich für "eine Art Nato der Datensicherheit" ausgesprochen. Guttenberg aber äußerst seine Zweifel, ob die Konflikte der Zukunft überhaupt mit den Mitteln der Vergangenheit gelöst werden können. Ihm bereite Sorgen, was er den "Übergang von Government zu Googlement" nennt, die Tatsache nämlich, dass private Unternehmen - Google vor allem, aber längst nicht nur Google - inzwischen einen enormen Vorsprung gegenüber dem Staat haben, wenn es um das Wissen geht, was Millionen Menschen im Netz machen.

Politiker, die Stärke demonstrieren, und Unternehmer, die immer wieder an diesem Bild rütteln, das sind die beiden Pole, zwischen denen die Diskussion um die Sicherheit im Netz derzeit pendelt. Fortsetzung folgt.

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