Internet-Musikportal bald online:Google macht iTunes Konkurrenz

Googles langerwartetes Online-Musikkaufhaus steht offenbar vor dem Start. Doch Millionen Nutzer des Handy-Betriebssystems Android könnten dabei in die Röhre gucken.

Es ist eine Taktik der kleinen Schritte: Vor einigen Wochen eröffnete Google einen webbasierten App-Markt für sein Smartphone-Betriebssystem Android, am Mittwoch stellte der Konzern ein Bezahlsystem für den Vertrieb von Medieninhalten vor und nun verdichten sich die Anzeichen, dass der Internetkonzern bald einen eigenen Musikdienst an den Start bringt.

Der deutlichste Hinweis kommt von Sanjay Jha, dem Mobilchef des Hardware-Herstellers Motorola: Bei einer Präsentation im Rahmen des Mobile World Congress in Barcelona ließ er durchblicken, dass Android-Geräte bald mit einem integrierten Musik-Downloaddienst ausgestattet würden. Ein entscheidender Fortschritt von Honeycomb, der nächsten Version des Android-Betriebssystems, sei die "Ergänzung von Musik- und Videodiensten", sagte er. Motorola wird mit seinem Xoom den ersten Tablet-Computer mit Honeycomb veröffentlichen.

Der Musikdienst, der Branchenkreisen zufolge Google Music heißen soll, wird bereits seit längerem erwartet, allerdings verliefen die Verhandlungen zwischen Google und der Musikindustrie offenbar zäh.

Die zentrale Möglichkeit zum Download von MP3s oder dem Streamen von Videos direkt auf ein Android-Endgerät erinnert nicht zufällig an das Modell eines Konkurrenten: Apples iTunes bietet Videostreaming, MP3s und Apps auf einer einzigen Verkaufsplattform, die in die Geräte des Herstellers integriert ist. Inzwischen wurden über iTunes mehr als zehn Milliarden Songs und zehn Milliarden Apps heruntergeladen.

Neben den Einnahmen aus dem Hardware-Geschäft gilt der Digitalverkauf als Apples Kerngeschäft: Der Konzern erhält in der Regel 30 Prozent des Verkaufspreises einer App oder eines Musikstücks.

Musik aus der Wolke

Gelingt es Google, wo man sich bislang zu den Gerüchten nicht geäußert hat, eine solche Plattform bei den weit verbreiteten Android-Geräten zu etablieren, könnte das Unternehmen endlich eine weitere Einnahmequelle jenseits des Verkaufs von Online-Werbung erschließen.

Allerdings hat sich Googles Bezahlsystem Checkout bislang noch nicht etablieren können, Android blieb bislang weitestgehend eine Plattform für kostenlose Inhalte. Da es sich um ein offenes Betriebssystem handelt, können zudem auch andere Online-Verkäufer ihre eigene Download-Plattform anbieten. Im Laufe des Jahres will beispielsweise Amazon einen eigenen App-Store eröffnen.

Google dürfte deshalb versuchen, bei seinem Musikangebot auf der einen Seite weniger Umsatzprovision als Apple und Co zu nehmen, gleichzeitig aber möglichst schnell eine Streaming-Option einzurichten: Dann müssten Nutzer ihre Musiksammlung nicht mehr auf einem Gerät speichern, sondern könnten die Songs über das Internet abspielen. Auch Apple arbeitet an einer solchen Möglichkeit, allerdings ist bislang das mobile Breitband-Netz noch nicht für eine flächendeckende Musikstreaming-Kultur ausgelegt.

Googles Musikdienst könnte jedoch auch zahlreiche Kunden verärgern: Sollte er wirklich erst mit der neuesten, noch nicht verfügbaren Version des Android-Betriebssystems funktionieren, wären Millionen von Nutzern der alten Varianten außen vor. Bei inzwischen mehr als 70 Millionen Android-Geräten wäre dies keine kleine Randgruppe.

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