Illegale Downloads:Profitieren vom Klau

Illegale Downloads von Film- und Musikdateien schaden nicht nur. Laut einer neuen Studie geben die Nutzer das so gesparte Geld kultur- und wohlstandsmehrend aus.

Bernd Graff

Glückliches Holland! Dort gibt es Ministerien, die ein Problem, das diffiziler und brisanter kaum sein könnte, originell angehen: Die vier Minister für Erziehung, Kultur, Wirtschaft und Justiz haben sich gemeinsam auf das Feld der illegalen Raubkopien im Internet begeben.

Illegale Downloads: Der Musik- und Filmindustire sind Raubkopien im Internet ein Dorn im Auge.

Der Musik- und Filmindustire sind Raubkopien im Internet ein Dorn im Auge.

(Foto: Foto: iStock)

Sie gaben eine Untersuchung in Auftrag, die ermitteln sollte, wie sich die illegalen Download-Aktivitäten der Niederländer volkswirtschaftlich auswirken: Welchen ökonomischen Effekt haben Tauschbörsen auf die Bilanz des Gemeinwesens? Denn es ist ja eines, den betroffenen Musik- und Filmindustrien beim Jammern darüber zuzuhören, dass Raubkopien ihre Umsätze zusammenschmelzen lassen, weil doch niemand mehr legal kaufe, was er illegal kostenlos bekommt.

Volkswirtschaftlicher Mehrwert von 200 Millionen Euro

Ein anderes aber ist es, sich zu fragen, was die Downloader denn mit dem so "gesparten" Geld machen, wofür sie es also stattdessen ausgeben - und ob sie es überhaupt ausgeben. Die Autoren der soeben auf Englisch erschienenen Studie "Ups and Downs" kommen zu dem verblüffenden Ergebnis, dass den mutmaßlich 100 Millionen Euro, die dem Musikbereich jährlich verlorengehen, ein volkswirtschaftlicher Mehrwert von 200 Millionen Euro gegenüberstehen.

Demnach verteilten die Piratennetze nicht nur Werte um - weg von den Erzeugern, hin zu den Piraten. Vielmehr seien sie sogar ein Motor gesellschaftlicher Wertschöpfung. Das Gemeinwohl profitiere vom Klau. Und zwar sowohl kurz- als auch langfristig.

Das zu belegen, also Aussagen darüber zu treffen, wie sich illegale Downloads auf das Kaufverhalten an sich auswirken, nennen die Autoren der Studie wohl zu Recht eine "tricky exercise", eine waghalsige Übung. Sie bemühen dafür die sogenannte "Rob and Waldfogel"-Theorie der allgemeinen Wohlfahrt, die vermutlich nicht jeder niederländische Minister und wohl auch sonst kaum jemand wirklich versteht.

Sie basiert auf der wohl richtigen Annahme, dass nicht jeder im Internet raubkopierte Song tatsächlich gekauft worden wäre, hätte es die Möglichkeit zum Klau nicht gegeben. So sind die Verluste der Musikfirmen viel niedriger anzusetzen, als immer behauptet wird.

Tatsächlich wäre aber auch nicht nichts für Musik ausgegeben worden. Vielmehr wird das gesparte Geld nun kultur- und wohlstandsmehrend ausgegeben: für Merchandising und Konzerte. Die Kollegen Rob und Waldfogel sollte man mit ihrer wundersamen Geldvermehrungstheorie auch in der Finanzkrise zu Rate ziehen.

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