Illegale Downloads:Grund zur Klage

Die deutsche Musikindustrie geht derzeit massiv gegen illegale Filesharer vor. Sie verschickt Tausende Strafanzeigen - zur Abschreckung.

Mirjam Hauck

Das rockt: Seit dem 1.11. heißt der Bundesverband der Phonoindustrie Bundesverband der Musikindustrie. Damit trägt der Lobbyverband der Musikindustrie, der nach eigenen Angaben 400 Labels und damit 90 Prozent des deutschen Marktes vertritt, dem Umstand Rechnung, dass die heutigen Kids, die er im Visier hat, diesen Namen gar nicht mehr verstehen würden: die Jugendlichen, die sich illegal Musikdateien im Internet beschaffen

Illegale Downloads: Die Internet-Tauschbörse Kazaa verpflichtete sich 2006, keine illegalen Musikstücke mehr anzubieten. Da aber nicht alle Plattformen mit der Musikindustrie zusammenarbeiten, gehen inzwischen verstärkt Anwälte gegen die illegalen Filesharer vor.

Die Internet-Tauschbörse Kazaa verpflichtete sich 2006, keine illegalen Musikstücke mehr anzubieten. Da aber nicht alle Plattformen mit der Musikindustrie zusammenarbeiten, gehen inzwischen verstärkt Anwälte gegen die illegalen Filesharer vor.

(Foto: Foto: dpa)

Aufgefallen ist der Verband Anfang des Jahrtausends durch Kampagnen wie "Copy Kills Music". Von den Plakaten guckten mehr oder weniger bekannte Musiker mit mitleidsheischendem Hundeblick auf den Betrachter. CD-Kopieren ruiniere ihre Existenz, so die Botschaft.

CD-Kopien gibt es zwar noch, aber das große Problem der Musikindustrie sind inzwischen die Filesharer, jene Menschen, die sich kostenlos Musikdateien aus dem Netz holen und anderen Nutzern ebenfalls kostenlos Songs zum Download bereitstellen. Verfolgt werden nur die, die Downloads anbieten. Trennen lässt sich das Anbieten von Downloads und Uploads nicht immer, da fast alle Filesharing-Netzwerke den Downloader gleichzeitig zum Anbieter von Dateien machen.

Die Musikindustrie will diesem Treiben nicht länger tatenlos zusehen. Nachdem Aufklärungskampagnen wenig fruchteten, geht sie inzwischen gezielt gegen illegale Downloadanbieter vor - mit Strafanzeigen. "Wir haben gar keine andere Wahl", sagt der vom Verband der Musikindustrie beauftragte Hamburger Rechtsanwalt Clemens Rasch.

Die Umsätze sinken kontinuierlich

"Nur so schaffen wir ein Bewusstsein über den Wert geistigen Eigentums". Dass es bei diesem Wert vor allem um Geld geht, versteht sich von selbst. Die Umsätze der Plattenfirmen sinken seit 1996 kontinuierlich. Inzwischen habe man das Niveau von vor 20 Jahren erreicht. Der Grund: der Filesharing-Boom.

Anwalt Rasch hat eine eigene Firma, die ProMedia GmbH, die im Auftrag der Musikindustrie Jagd auf Piraten macht. Die Mitarbeiter der Hamburger Firma durchkämmen Tauschbörsen, suchen illegale Downloads und spüren so die Filesharer auf.

Inzwischen schickt er zweimal am Tag Kuriere zu Staatsanwaltschaften. Auf die Frage, wie viele Anzeigen seine Kanzlei pro Tag verlassen, sagt Rasch "68", ein Mitarbeiter seiner Firma ProMedia ergänzt, dass diese Zahl bereits in einer Stunde erreicht werde.

Insgesamt 26.000 Strafanzeigen hat Rasch allein im ersten Halbjahr 2007 gestellt. "Es muss alles schnell gehen, weil die Provider nach sieben Tagen die Logdateien löschen und danach die Zuordnung von IP-Adresse zum Filesharer nicht mehr möglich ist."

Grund zur Klage

Ab circa 500 illegal zum Download bereitgestellten Musikdateien gelangt der Filesharer ins Visier der Musikindustrie: "Aber nicht jede Staatsanwaltschaft verfolgt dann unsere Strafanzeige", beklagt sich Rasch. Manche schreiten erst ab 3000 ein oder lehnen die Anzeigen gleich von vorneherein ab.

Die Geldstrafe, die den Filesharern wegen der Urheberrechtsverletzung aufgebrummt werde, soll abschrecken. "Wenn jeder einen kennt, der von uns verklagt wurde, haben wir unser Ziel erreicht", sagt Rasch. Die Summe um die es bei den Fällen geht, rangiert zwischen 500 und mehreren tausend Euro. "Wir berücksichtigen den sozialen Hintergrund und das Alter des Täters", sagt Rasch. "Wir wollen niemanden ruinieren."

Dass mit diesen Maßnahmen die Musikindustrie keine einzige CD, kein einziges Lied mehr verkauft, weiß auch der Piratenjäger Rasch. Er hofft auf eine Verhaltensänderung der Konsumenten durch Abschreckung. Das soll dann wieder Geld in die Kassen der Phono-, Pardon: Musikindustrie spülen. Dass Anwalt Rasch in der Zwischenzeit den einen oder anderen Euro mit abgemahnten Kids macht, darf als sicher gelten. Süßer die Kassen nie klingeln.

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