Tier-Gadgets:Jetzt gibt es Fitness-Tracker auch für Haustiere

Tier-Gadgets: In einem Park in San Francisco demonstriert Firmengründer Russell Gipson Shearer an seinem Hund einen GPS-Tracker.

In einem Park in San Francisco demonstriert Firmengründer Russell Gipson Shearer an seinem Hund einen GPS-Tracker.

(Foto: Eric Risberg/AP)
  • Immer mehr Unternehmen stellen Gadgets für Haustiere her, um ihren Aufenthaltsort zu erfassen oder ihren Kalorienverbrauch zu messen.
  • Es gibt äußerst fragwürdige Produkte, etwa Halsbänder, die Hunden mit Stromstößen das Bellen abgewöhnen sollen.
  • Katzen und Hunde brauchen menschliche Zuwendung, die keine Technik der Welt adäquat ersetzen kann.

Von Katharina Kutsche

Der Hund, der wieder das Katzenfutter weggefressen hat. Oder das Baby, das auf dem Küchenboden sitzt und in die Schüssel mit dem Trockenfutter greift. Oder die Katze, die ihr Futter so lange stehen lässt, bis es ungenießbar ist. Mit diesen Szenarien wirbt das britische Unternehmen Surefeed für seinen Futternapf. Der ist so intelligent, dass er seinen Deckel nur dann automatisch öffnet, wenn die Katze sich nähert. Ob sie fressen darf, erkennt der Apparat an ihrem Mikrochip.

Nachdem bereits der Mensch hinreichend digitalisiert wurde, sollen nun auch Hund und Katze digital bespaßt, überwacht und versorgt werden. Schon bei der diesjährigen Ifa gehörte Technik für Haustiere zu den Trends. Der Netzbetreiber Vodafone bewirbt derzeit einen sogenannten Pet-Tracker, mit dem Frauchen und Herrchen ihr Tier jederzeit orten können, wenn es verloren geht.

Wie bei jeder neuen Technik, sollten sich Anwender allerdings fragen, wem sie nützt und ob das überhaupt der Fall ist. Fachleute sind da skeptisch. Daphne Ketter ist Tierärztin und Verhaltensmedizinerin an der Ludwigs-Maximilians-Universität München. Sie sagt, "die Frage muss immer sein: Ist das ein Gadget für den Besitzer oder für das Tier, und ist es für das Tier sogar schädlich?"

Ein implantierter Mikrochip hilft, entlaufene Tiere ihrem Besitzer zuzuordnen

Der smarte Futternapf dürfte für beide Seiten interessant sein. Etwa, wenn in einem Haushalt mehrere Katzen leben, doch eine Medikamente ins Futter gemischt bekommt, das die anderen nicht fressen dürfen. Auch Katzen, deren Fressnapf draußen steht, können so ohne Mitesser versorgt werden. Fraglich ist, wie schnell das Tier das Prinzip versteht und annimmt.

Ähnlich sinnvoll sind Haustierklappen, die sicherstellen, dass nur das eigene Tier ins Haus kommt. Dabei fungieren die Mikrochips der Tiere, meist an der Schulter unter die Haut implantiert, als Türöffner. Ihre Transponder übermitteln per Funk Informationen zur Identität. Zudem hilft der Mikrochip, entlaufene Tiere ihrem Besitzer zuzuordnen oder zeigt an, wann Hund oder Katze zuletzt geimpft wurden.

Forscher nutzen technische Mittel, um kranke Tiere zu überwachen. Studien über Herzschlagmessungen zeigen, dass etwa Brustgurte zuverlässig messen. Aber die Aussagen seien mit Vorsicht zu genießen, sagt Ketter. Man lese zwar den erhöhten Herzschlag ab, wisse aber nicht, in welcher Situation das Tier zu dem Zeitpunkt war, ob es sich aufgeregt hat, verängstigt war oder der hohe Puls tatsächlich auf eine Krankheit zurückzuführen ist.

Um einen übergewichtigen und zu erkennen, braucht es keinen Fitness-Tracker

Dieses Problem entsteht auch bei Trackern, die zwar alle mögliche Daten erfassen, aber nicht den Kontext: Wo genau ist meine Tier gerade, draußen im Wald, im Keller, im Nachbarshaus? Wie viel hat es sich heute bewegt, wie viele Kalorien verbrannt? Wie lange und wie gut hat es geschlafen?

Tipps für Halter

1. Wer Technik einsetzen möchte, sollte zunächst überlegen, ob sie seinem Tier schaden könnte.

2. Was bei Tieren anderer Halter erfolgreich war, muss noch lange nicht beim eigenen Tier funktionieren, je nach Art, Rasse und Charakter. Ein Hund wird immer anders reagieren als eine Katze, ein Dalmatiner anders als ein Dackel. Auch die Zucht spielt eine Rolle: Was hat ein Welpe von seiner Mutter gelernt?

3. Selbst ein speziell für Tiere entwickeltes Fernsehprogramm mit verschiedenen Frequenzen gefällt nicht pauschal allen Hunden. Jedes Tier muss an neue Technik und Hilfsmittel behutsam gewöhnt werden. Das kann dauern. Und manchmal klappt es eben nie.

4. Wer Gadgets im Ausland bestellt, sollte prüfen, ob sie in Deutschland nach den Tierschutzgesetzen erlaubt sind. Oft ist zwar der Kauf erlaubt, die Verwendung aber nicht.

5. Wichtig ist, das Tier und sein Ausdrucksverhalten zu kennen. Dafür fehlt Haltern allerdings meist die Sachkenntnis. Hier können Verhaltensmediziner, also spezialisierte Tierärzte helfen, vor allem vorsorglich vorab. Informationen und eine Liste von Ansprechpartnern, sortiert nach Postleitzahlen, finden sich auf der Webseite der Gesellschaft für Tierverhaltensmedizin und -therapie unter gtvmt.de. kut

The Whistle und Fitbark sind nur zwei Beispiele für Tracker, die die Aktivität überwachen und für unter hundert Euro zu haben sind. Fitbark etwa ist ein Ableger von Fitbit, einem amerikanischen Unternehmen, das Tracker für Menschen vertreibt und nun Hund und Herrchen gemeinsam trainieren lassen will. Fragt sich nur, wer die Daten hinterher auswertet, Experte oder Laie. Und ob ein Hund übergewichtig ist, ist ihm in aller Regel anzusehen, dafür braucht es keine Technik.

Eine spezielle Variante der Aktivitäts-Messer sind Geo-Tracker. Sie erfassen wie Geräte von Garmin oder Tractive entweder per GPS, wo sich Mieze und Bello gerade bewegen und schicken die Daten in eine App auf dem Smartphone. Oder sie senden wie Miaufinder ein permanentes Funksignal auf ein Empfangsgerät beim Halter. Beide Varianten richten zudem unsichtbare Zäune ein. So können Frauchen und Herrchen ihr Tier jederzeit orten, falls es verschwunden ist und bekommen ein Warnsignal, wenn es die Grenze überschreitet.

Speziell bei Katzen sind Halsbänder und Brustgurte problematisch

Doch egal welches Gerät - speziell für Katzen sind Halsbänder oder Brustgurte generell ein Problem, egal ob Freigänger- oder Wohnungskatze. Nicht nur, dass sie oder andere Katzen vor dem Fremdkörper Angst haben und aggressiv werden könnten. Die Gefahr ist auch groß, dass sie damit an Sträuchern, Ästen oder Zäunen hängen bleiben oder sich beim Putzen verheddern. Immer wieder bringen Halter Tiere in die Arztpraxen, die sich auf diese Art schwer verletzt haben.

Hunde und Katzen müssen allmählich an die Fremdkörper gewöhnt werden. Die müssen passen und dürfen nicht zu schwer sein. "Man kann nicht davon ausgehen, dass die Tiere das so annehmen", so Tierärztin Ketter. Zwar gibt es Sicherheitshalsbänder wie von Catlife, die aufgehen, sobald ein Tier sich damit verhakt. Doch diese Halsbänder werden auf das Gewicht eines Tieres eingestellt - wenn es nicht mit dem ganzen Körper festhängt, sondern nur mit einer Pfote, öffnet sich der Verschluss nicht.

Stromstöße sollen Hunden das Bellen abgewöhnen

Und dann gibt es Funktionen, die höchst fragwürdig sind: Halsbänder etwa, die versprechen, Hunden das Bellen abzugewöhnen. Sie nutzen elektrische Impulse, Töne oder Sprühstöße, was aber für die Tiere extrem unangenehm ist. Zum einen sei Bellen die natürliche Kommunikationsform eines Hundes, sagt Ketter: "So nehme ich ihm die Möglichkeit, zu kommunizieren." Jeder Hund habe individuelle Gründe, aus denen er anschlage. Dafür gebe es Verhaltensmediziner, die die Ursache für das Bellen hinterfragen. Zum anderen gilt: Die Bell-Stop-Geräte, aber auch unsichtbare Zäune, die per Ton oder Stromstoß bestrafen, sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz per Gesetz verboten.

Letztlich müssen Tierhalter Nutzen und negative Folgen abwägen. Intelligentes, aus der Ferne bedienbares Spielzeug wie iFetch, OneFastCat oder Furbo - eine intelligente Haustier-Kamera, über die Besitzer mit ihrem Hund sprechen und spielen können, selbst wenn sie gerade in der Arbeit sind - kann Wartezeiten überbrücken. Geistig-körperliche Auslastung ist für Tiere wichtig, auch Hunde können dement werden.

Doch das Spielzeug sollte an das jeweilige Tier und die Rasse angepasst sein. "Im Endeffekt muss ich alles kontrollieren - wie bei kleinen Kindern auch. Da sagt man ja auch nicht, 'da ist das Klettergerüst, ich lese jetzt Zeitung'", so Ketter. Gerade Hunde können eigentlich nicht gut allein bleiben, das müssen sie lernen. "Ein Sozialpartner ist das A und O, den kann ich durch Technik nicht ersetzen", sagt die Tierärztin.

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