Handy-Reparaturdienst Reparando:"Männer sind oft ehrlicher und geben zu, dass ihr Smartphone im Klo gelandet ist"

Pieces of an iPhone are seen on a repair store in New York

Ein Oberklasse-Smartphone reparieren zu lassen, kann richtig teuer werden. (Symbolbild)

(Foto: REUTERS)

Die Techniker des Stuttgarter Start-ups Reparando reparieren im Außendienst Handys. Sie wollen deren Besitzern das nervige Hin und Her mit Apple und Samsung ersparen.

Von Mirjam Hauck

Sorgfältig legt Flamur Dervishaj die schwarze Matte auf den Tisch im Konferenzraum der Firma Netlight Consulting, daneben platziert er vier Schraubendreher. Zuvor hat er sich ein Metallarmband umgelegt, dessen Kabel an die Matte geklipst und diese mit einem zweiten Kabel mit der Steckdose im Tisch verbunden. Erst jetzt nimmt er das iPhone mit dem gesprungenen Display und legt es auf die Matte - das Handy ist geerdet. So kann das Smartphone keinen Schlag mehr bekommen, bei dem alle gespeicherten Daten verloren gehen - die Horrorvorstellung jedes Handy-Besitzers.

Flamur Dervishaj ist einer der fünf Techniker, die für das Stuttgarter Start-up Reparando gerade in München unterwegs sind. "Wir sind eine Art ADAC der Handy-Reparatur", sagt Vincent Osterloh. Er hat mit seinen Studienfreunden Jakob Schoroth und Till Kratochwill vor zwei Jahren das Unternehmen gegründet und zu Beginn auch selbst Handys repariert. Mittlerweile beschäftigt Reparando etwa 80 Mitarbeiter, davon sind 60 angestellte Techniker. Sie reparieren im Außendienst in 19 deutschen Städten bei Kunden kaputte iPhones und Samsung-Galaxy-Smartphones.

Innerhalb von 24 Stunden, das verspricht das Unternehmen, sind die Techniker vor Ort. Und das kaputte Handy soll in 30 Minuten wieder einsatzfähig sein, egal, ob das Display gesprungen ist, der Akku nicht mehr lädt oder das Handy ins Wasser gefallen ist. Was das kostet, kann jeder auf der Website nachlesen. So müssen iPhone-4-Besitzer 69 Euro für ein neues Display zahlen. Für Inhaber eines Samsung Galaxy S8 kostet diese Reparatur 369 Euro. Wasserschäden beheben die Techniker ab 39 Euro, der Akku wird ab 49 Euro getauscht. "Wir verwenden nur geprüfte Ersatzteile, und auf diese geben wir lebenslange Garantie", erklärt Osterloh das Geschäftsprinzip.

100 Euro kostet eine Reparatur laut Bitkom im Schnitt

Bei den Samsung-Geräten verbaut Reparando meist Original-Ersatzteile, für iPhones gibt es die sogenannte Apple-Qualität, weil das Unternehmen keine Ersatzteile an unabhängige Dienstleister liefert. Der Konzern beharrt auf seinem Reparaturmonopol, das neben den eigenen Stores nur autorisierte Dienstleister zulässt. Kunden, die die Garantie nicht verlieren wollen, bietet Apple die Versicherung Applecare+ für 150 Euro an. Damit können Käufer beispielsweise ein iPhone-Display für 29 statt der üblichen 150 Euro reparieren lassen.

Dass es einen Markt für Handyreparaturen gibt, zeigen auch Zahlen des Versicherungsunternehmens Square Trade. Seit 2007, als das erste iPhone auf den Markt kam und den Smartphone-Boom auslöste, hätten Verbraucher in Deutschland 5,2 Milliarden Euro an Kosten für defekte Geräte aufbringen müssen. Mittlerweile dürfte noch einiges dazugekommen sein, da diese Studie von 2014 stammt. Nach Angaben des Branchenverbands Bitkom kostet derzeit ein neues Smartphone durchschnittlich 395 Euro, eine Reparatur im Durchschnitt 100 Euro.

Um die 51 Millionen Smartphones gibt es hierzulande. Zwölf Prozent gehen jedes Jahr kaputt, 35 Prozent davon werden nach Angaben von Reparando wieder repariert. Die häufigsten Probleme sind dabei Displaybruch und Flüssigkeitsschäden. Das bestätigt auch Techniker Dervishaj: "Viele Frauen sagen dann, ihr Handy sei in den Kochtopf gefallen. Männer sind oft ehrlicher und geben zu, dass ihr Smartphone im Klo gelandet ist." Eklig findet Flamur Dervishaj das nicht. "Als gelernter Sanitäranlagenmechaniker habe ich viel Schlimmeres gesehen."

Dervishaj sagt, er könne ein iPhone-6-Display in 10 Minuten tauschen

Zielte Reparando zu Beginn vor allem auf Privatkunden, die nicht tagelang auf einen Termin im Apple-Store warten oder ihr kaputtes Handy umständlich einschicken wollen, sind es mittlerweile auch viele Firmen, die mit dem Stuttgarter Start-up Verträge für ihre Mitarbeiter-Handys abgeschlossen haben. Das findet Techniker Dervishaj an seinem Job reizvoll. "Ich lerne viele Unternehmen in der Stadt kennen." "Über 12 000 Smartphones haben Techniker wie Dervishaj schon repariert", sagt Osterloh. Finanziert wird das Start-up derzeit von diversen Venture-Capital-Gebern, aber auch von der Deutschen Telekom. Bei der neuesten Finanzierungsrunde im Juli hat man sich nach eigenen Angaben einen siebenstelligen Betrag gesichert.

Mittlerweile hat Flamur Dervishaj das Handy vorsichtig aufgehebelt und Akku und Display im Smartphone der Kundin ausgetauscht, nun schraubt er alles wieder zusammen. "Meine Bestzeit für den Tausch eines iPhone-6-Displays liegt bei 9 Minuten und 28 Sekunden", sagt er. "Und das, wenn man bedenkt, dass es genau 81 Schrauben hat. Die habe ich alle einmal gezählt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: