Handy-Akkus:Mehr Saft!

Handy-Akkus: Illustration: Stefan Dimitrov

Illustration: Stefan Dimitrov

Schon wieder leer? Smartphones mit großem Bildschirm und datenhungrigen Apps sind Stromfresser. Wenn bloß mal jemand bessere Akkus erfinden würde! Doch das ist gar nicht so einfach.

Von Mirjam Hauck

So kennt man das: Morgens während man auf die S-Bahn wartet, werden mit dem Smartphone die Nachrichtenseiten abgesurft, mittags im Büro mit dem Handy telefonisch Kino-Karten bestellt und am Nachmittag während eines langweiligen Meetings ein paar Runden Scrabble gespielt. Und schon ist es soweit: Die Akkuanzeige des Gerätes leuchtet rot auf, als Warnung, dass ihm bald der Saft ausgeht. Bekommt es nicht bald sein Ladekabel mit Anschluss an eine Stromquelle, dann ist Schluss. Aber nicht nur Smartphone-Akkus kommen schneller an ihre Grenzen, als es den Nutzern lieb ist, auch seine Kollegen vom Laptop oder der neuesten Gadget-Erfindung, der Smartwatch, müssen häufig, wenn nicht täglich, nachgeladen werden.

Und so entsteht beim Nutzer der Eindruck, dass die Geräte technisch zwar immer besser und schneller werden, immer mehr Daten speichern und Funktionen bieten, aber die Akkutechnologie mit diesem Fortschritt nicht mithalten kann. Warum erfindet eigentlich keiner einen Super-Akku mit langer Laufzeit und einer sekundenschnellen Ladezeit?

In Smartphones und Tablets stecken Lithium-Ionen Akkus. Das sind Batterien, in denen Lithium-Ionen die elektrische Ladung zwischen Kathode und Anode transportieren. Auf dem Markt sind sie seit Anfang der 1990er Jahre. Der japanische Technologiekonzern Sony hat sie zur Marktreife entwickelt. In den Jahren davor haben viele Firmen - unter anderem auch der deutsche Batteriehersteller Varta - an der neuen Technologie gearbeitet, die Materialien für die Lithium-Ionen-Reaktion waren seit den 1970ern bekannt. Doch nur Sony hat solange weitergemacht, bis es geklappt hat. Das Ziel der Firma: Eine gute Batterie zu finden, die sich in portable Geräte einbauen lässt. Damit hat Sony einen Standard gesetzt, der bis heute gilt und bei dem sich in den vergangenen Jahren erstaunlich wenig getan hat. Die Kapazität von Lithium-Ionen-Akkus ist seitdem nur um vier Prozent pro Jahr gestiegen.

Hochvolt-Batterien werden mit der Zeit instabil

Gibt es also tatsächlich nicht Besseres als diese Technologie? "Lithium-Ionen-Batterien sind schon sehr gut", sagt Martin Winter, Professor für Physikalische Chemie an der Universität Münster. So bieten sie einfach viel Sicherheit, man müsse sich keine Sorgen machen, dass beispielsweise das Handy explodieren könne. Für die weitere Entwicklung der Batterietechnik sieht Winter zwei Möglichkeiten. Zum einen lässt sich die Reaktivität der Reaktionsteilnehmer durch eine höhere Spannung steigern. Allerdings haben diese Hochvolt-Batterien ein Problem: Sie werden irgendwann instabil, das Elektrolyt zersetzt sich. Eine andere Möglichkeit ist es, Materialien zu verwenden, die mehr Ladung pro Masse und Volumen speichern können. Derzeit arbeiten Forscher an Lithium-Luft-Batterien und an Lithium-Schwefel-Batterien.

Bei letzteren findet eine normale chemische Reaktion zu Lithiumsulfid und wieder zurück statt, allerdings ist die Energiedichte nicht sehr viel höher als bei der Lithium-Ionen-Batterie. Bis diese Technologie marktreif sein wird, dauert es nach Schätzungen von Hubert Gasteiger, Professor für Elektrochemie an der TU München, noch rund zehn Jahre.

Aber könnte man Handys nicht wenigstens auch mit anderen Methoden laden? Mit Geräten etwa, die Vibrationen in Energie umwandeln oder die den Unterschied zwischen der Hauttemperatur und der Umgebung nutzen? Das funktioniert im Prinzip schon, doch die multifunktionalen Kleincomputer mit ihren großen Bildschirmen brauchen viel mehr Strom, als durch solche Methoden gewonnen werden kann. Bleibt als bequeme Möglichkeit noch das induktive Laden. Dazu muss man entsprechend vorbereitete Handys nur noch auf eine Ladefläche legen, der Ladestrom wird dann durch die Luft übertragen, ähnlich wie bei einer elektrischen Zahnbürste.

Ernüchterung über Leistung alternativer Technologie

Für großes Aufsehen in der Forschungswelt sorgte vor wenigen Jahren die Lithium-Luft-Technologie. Hier reagiert Lithium mit Sauerstoff. Rund zehnmal mehr Energie als Lithium-Ionen sollte sie speichern können. Doch mittlerweile ist Ernüchterung eingetreten. So rechnen Forscher derzeit maximal noch mit dem Faktor zwei. "Hier sind Faktoren unterschlagen oder falsch berechnet worden wie beispielsweise die Rückreaktion", sagt Gasteiger. Auch sei noch ungeklärt, wie man überhaupt die Luft in die Batterie hineinbringt. "Auch ist Sauerstoff wie ein Monster. Das Material reagiert wahnsinnig aggressiv." Es gebe daher noch viele Sicherheitsfragen, da Lithium-Luft-Batterien explodieren und brennen können.

Die Lithium-Ionen-Batterien funktionieren im Gegensatz dazu auch nur deshalb so stabil, weil sehr darauf geachtet werde, dass Sauerstoff niemals in die Zelle gelangt. "Diese ist quasi hermetisch abgeriegelt." Es werde bestimmt noch Jahrzehnte dauern, bis die Lithium-Luft-Technologie marktreif ist, da ist sich Gasteiger sicher. "So schnell und einfach wie sich manche Laien das vorstellen, geht es in der Wissenschaft nicht voran". Gasteiger hat selbst einige Zeit im Bereich Lithium-Luft geforscht, jetzt arbeiten er und sein Team an der nächsten Generation der Lithium-Ionen-Batterien für Autos und für kleine Kraftwerke.

In Deutschland wird die universitäre Batterieforschung erst seit wenigen Jahren wieder verstärkt gefördert. Bis zum Jahr 2008/2009 wurden viele Lehrstühle für Elektrochemie geschlossen, da Batterieforschung als altmodisches Gebiet mit wenig Forschungsbedarf galt. So ist eine der ältesten Batterien, die Bleibatterie, in jedem Auto verbaut und damit sicher eine der am weitesten verbreiteten Batterien. Aber hier sind die Prozesse bekannt, die Industrie ist etabliert und daher gibt es keinen wirklichen Forschungsbedarf mehr. Bei der Lithium-Ionen-Batterie hatte Deutschland in den 2000ern den Anschluss an den Handymarkt schon längst verloren. Vor allem in Frankreich, USA und in Japan wurde dazu geforscht. Produziert wurden und werden diese Batterie-Zellen vor allem in Japan, Südkorea und mittlerweile auch in China. "Investitionen für die Fertigung von Lithium-Ionen-Zellen sind in Deutschland nicht mehr zu stemmen", sagt Hubert Gasteiger.

Eine Fertigung aufzubauen, würde Hunderte von Millionen Euro kosten

Die Anlagen, wie sie in Japan oder Südkorea von Samsung, Sony, LG oder Panasonic gebaut wurden, werden immer größer und komplexer. Zudem ist die Produktion sehr teuer. Es gibt hohe intrinsische Materialkosten, auch die organischen Elektrolyte sind nicht billig. Hierzulande versucht Varta Microbatteries wieder in diesen Markt hineinzukommen, vor allem um Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos zu entwickeln. Aber eine Fertigung aufzubauen, wie sie die Technologiekonzerne in Fernost bereits haben, würde einige hundert Millionen Euro kosten. Gasteiger hält es nicht für realisierbar, dass diese Zellen dann zu einem wettbewerbsfähigen Preis verkauft werden könnten. Auch wenn der Markt für Lithium-Ionen-Batterien nach Prognosen des US-Analysehauses Bernstein Resarch von derzeit rund 20 Milliarden Dollar auf mehr als 80 Milliarden Dollar steigen soll.

Die Wende für die Batterieforschung hierzulande brachten dann auch nicht der Smartphone-Akku, sondern ein Lithium-Ionen-Akku, den die US-Firma Tesla 2008 in ihr Elektro-Auto verbaute. Gab es seinerzeit in den USA viele industriell geförderte Brennstoffzellenprogramme, wurden diese nun gestoppt und wieder in die Batterie-Zellenforschung investiert.

Diese Welle schwappte dann auch nach Deutschland herüber. Bis 2014 wurden wieder so viele Professuren geschaffen, wie in den 30 Jahren davor geschlossen wurden. Allerdings konzentrieren sich diese wie in anderen Ländern auch vor allem auf den Bereich Elektromobilität, da es hier Herausforderungen zu meistern gilt, die den normalen Handynutzer nicht besonders berühren.

Ein Fahrzeug muss tausendmal mehr Energie speichern als ein Smartphone. Anders als ein Auto muss das Telefon jedoch nicht mindestens zehn Jahre halten. Nach zwei, drei Jahren kaufen sich viele ein neues. Die Entwicklungszyklen sind so, dass das Gerät veraltet ist, bevor die Batterie kaputt ist. Auch ist es beim Handy unwesentlich, ob es wegen der höheren Energiedichte jetzt fünf oder zehn Gramm mehr wiegt. "Die meisten Menschen haben sich inzwischen an das Nachladen gewöhnt", ist sich der Münchner Forscher sicher. Auch weil es keine Alternative gibt - und es in naher Zukunft wohl auch nicht geben wird.

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