Google:Die Split-Strategie des Larry Page

Mit der Einführung von C-Aktien zementieren die Google-Gründer Larry Page und Sergej Brin ihre Macht im Konzern. Die neuen Papiere sollen als Währung für weitere Übernahmen dienen und es Google ermöglichen, Talente an sich zu binden.

Varinia Bernau

Google solle wieder die Leidenschaft und das Tempo eines Start-ups haben. Das war das Versprechen von Larry Page. Damals, vor etwas mehr als einem Jahr, als der Gründer des Internetunternehmens wieder als Chef antrat. Und der 39-Jährige hat seither einiges getan, um Google in die kreative Kultur zurückzuführen. In jene Zeit, als er schon einmal Chef war - damals von 200 Mitarbeitern. Heute stehen weltweit mehr als 30 000 auf der Gehaltsliste.

Larry Page, Google

Google-Mitgründer Larry Page (Foto aus dem Jahr 2007): Leidenschaft und Tempo eines Start-ups.

(Foto: AP)

Page warf den Produktvorstand raus und beförderte ein halbes Dutzend Manager, die meisten Softwareentwickler - so wie er selbst. Er sortierte einige mit viel Tamtam gestartete, aber letztlich unrentable Projekte aus. "Frühjahrsputz im Herbst", nannte er das. Er startete mit dem sozialen Netzwerk Google+ die einzig ernstzunehmende Attacke auf Facebook. Und er legte 12,5 Milliarden Dollar auf den Tisch, um sich die Mobilfunksparte von Motorola zu sichern. Das war ziemlich viel Kreativität.

Und nun dreht Page an einem weiteren wichtigen Regler: Mit einem Aktiensplit zementiert er die Macht der Gründer.

Jeder Aktionär soll nun ein weiteres Papier erhalten. Diese neue Aktie soll zwar auch an der Börse gehandelt werden, allerdings hat sie kein Stimmrecht. Sie ist vielmehr eine Art Dividende auf Abruf: Wer sie verkauft, kann damit Gewinn machen, vorausgesetzt, der Börsenkurs steigt. Aber mehr Einfluss auf die Strategie des Unternehmens hat der Anleger dadurch nicht.

Einfluss gesichert per Aktiensplit

Page und sein Mitgründer Sergej Brin sichern sich so ihren Einfluss. Bislang halten sie gemeinsam 56,7 Prozent der Stimmrechte - und damit die Hoheit über die wichtigsten Entscheidungen im Google-Plex, dem Hauptquartier im kalifornischen Mountain View.

Die neuen Aktien sollen als Währung für weitere Übernahmen dienen, wobei Page betont, bislang sei nichts dergleichen geplant. Und die neuen Papiere sollen auch dazu dienen, die Mitarbeiter zu bezahlen. Dies ist üblich in der Branche: Die besten Talente werden im Silicon Valley von vielen umgarnt, und so versuchen Firmen, mit Aktien das Personal dauerhaft an sich zu binden.

Weil mit den neuen Aktien aber keinerlei Stimmrecht verbunden sind, wird die Dominanz von Brin und Page nicht aufgeweicht. Der gründerbasierte Ansatz sei im besten Interesse für Google, schreiben die beiden in einem Brief an die Investoren. An Sendungsbewusstsein fehlt es ihnen nicht.

Sie sind nicht mal 40

Je besser Brin und Page, die gemeinsam die Suchmaschine Google Mitte der neunziger Jahre in ihrer Studienzeit in Stanford entwickelten, nun ihr gemeinsames Unternehmen steuern, desto höher ist potenziell der Wert der Aktien: Um fast um ein Fünftel stieg der Kurs allein im Laufe des vergangenen Jahres - und sicherte Brin und Page mit einem Vermögen von jeweils 19,8 Milliarden Dollar Platz 24 der Forbes-Liste der reichsten Menschen. Jeder von ihnen verfügte über etwa zwei Milliarden Dollar mehr als noch im Jahr zuvor. Und kein anderer, der so weit oben stand in den Charts der Superreichen, war so jung wie sie. Sie sind nicht mal 40.

Jeff Bezos, der das Internetkaufhaus Amazon gegründet hat und es noch immer führt, liegt einige Plätze hinter den beiden. Er hält 19,3 Prozent der Amazon-Aktien - und konnte sein Vermögen nicht zuletzt dadurch auf 18,1 Milliarden Dollar steigern.

Ein eindrucksvolleres Bild gibt Larry Ellisson, 67, ab: Er hat Mitte der siebziger Jahre den Grundstein zu jenem Unternehmen gelegt, das heute einer der größten Softwareanbieter ist: Oracle. Er führt den Konzern, an dem er 22,2 Prozent hält, noch immer. Und er ist mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 30 Milliarden Dollar einer der reichsten Männer der Welt.

Die Gründer müssen Google für die Zukunft rüsten

Davon ist Page weit entfernt. Doch der Informatiker, der als gelegentlich aufbrausend und abweisend beschrieben wird, will sich nicht treiben lassen vom hohen Tempo der Wall Street. "Unser Herz hängt an Google", betonen die Gründer. Ihnen geht es um die Macht, und die ist im Zweifel noch süßer als Geld.

Schon als die zwei ihr Google vor acht Jahren an die Börse brachten, achteten sie genau darauf, nicht mehr Einfluss abzutreten als nötig. Schon damals gab es Super-Aktien, die zehn Mal mehr Stimmrechte haben als gewöhnliche Anteile; über diese kontrollierten die Gründer zusammen mit dem langjährigen Konzernchef Eric Schmidt, inzwischen Chef des Verwaltungsrats, die Firma. Nun gibt es nicht nur A-Aktien und B-Aktien, sondern auch C-Aktien - und damit eine Klassengesellschaft der Investoren.

Bislang hat sich die Gründer-Strategie für Google ausgezahlt. Bislang haben auch Anleger keinen Grund zur Klage: In den ersten drei Monaten des Jahres stieg der Gewinn des Konzerns auf 2,89 Milliarden Dollar. Doch ein tieferer Blick in die Bilanz zeigt, dass längst nicht alles rund läuft: Die Werbeeinnahmen - also das, was Kunden zahlen für jeden Klick auf eine von Google generierte Anzeige - sind um mehr als ein Zehntel gesunken.

Noch immer landet das meiste Geld, das für Werbung im Netz ausgegeben wird, bei Google, und selbst Facebook kommt dagegen nicht an. Mancher aber betrachtet mit Sorge, dass das soziale Netzwerk immer mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht - und damit womöglich irgendwann einmal mehr Geld für Werbeanzeigen. Google muss also vorbeugen, schließlich macht der Konzern 97 Prozent seiner Umsätze mit Werbung im Netz. Die Gründer müssen ihr Google für die Zukunft rüsten.

Mega-ehrgeizige Träume

Es sei oft leichter, so hat Larry Page einmal vor Studenten gesagt, an "mega-ehrgeizigen Träumen" zu arbeiten. "Weil sonst niemand so verrückt ist, es zu tun, gibt es wenig Wettbewerb." Zu diesen Träumen gehört es, ganze Bibliotheken einzuscannen, führerlose Autos über die Golden Gate Bridge sausen zu lassen oder eine Wegbeschreibung auf eine Brille zu bringen.

All dies sind Projekte aus dem Google-Plex. Projekte, die für andere zunächst wie Science-Fiction wirken. Projekte, wie sie Daniel Düsentrieb liebt, nicht aber ein Anleger. Auch in Android habe man sechs Jahre investiert, sagt Page - in jenes Betriebssystem, das inzwischen auf jedem zweiten Smartphone läuft und das den Zugang zum Werbegeschäft im mobilen Internet sichert. Am Anfang sei es dabei weniger Geld als um Aufmerksamkeit gegangen, sagt Page. Und letzteres sei für das Unternehmen immens wichtig.

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