Games:Far Cry Primal: Dieses Spiel weckt Urtriebe

Ubisoft schickt seine erfolgreiche Actionserie "Far Cry" in die Steinzeit. Das bringt den Höhlenmenschen im Spieler zum Vorschein.

Von Jan Bojaryn

Der Stamm der Wenja lebt den Trend zur Steinzeit-Diät. Seine Mitglieder schlingen das rohe Fleisch frisch erlegter Tiere herunter, sie sammeln Wildpflanzen. Sie basteln Werkzeuge und behaupten sich gegen feindliche Stämme. "Far Cry Primal" ist keine Fortsetzung des 2014 erschienen "Far Cry 4", sondern ein Frühgeschichts-Abenteuer, das aus der Reihe fällt. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Wenja und muss seinem versprengten Stamm wieder ein Zuhause schaffen.

Das Setting von "Primal", das im Februar erscheint, ist eine Chance. Die Serie spielte bisher meist in der Gegenwart, einmal in der Zukunft. Spieler schleppten Schrotflinten, Sturmgewehre, Granaten und Raketenwerfer mit sich herum, das typische Arsenal moderner Egoshooter. Mit dem Ausflug in die Steinzeit zwingen sich die Entwickler zur Innovation.

Narrative-Director Jean-Sébastien Decant verkauft das neue Spiel als Besinnung auf das Wesentliche: "Im Kern war Far Cry immer eine Jäger- und Sammler-Fantasie", sagt er. Bringt "Primal" also einfach nur das Beste der Serie zum Vorschein?

Verzicht auf die Moderne

Tatsächlich verändert sich "Far Cry" verblüffend wenig, auch wenn die Schnellfeuerwaffen fehlen. Erkunden, Ressourcen sammeln, Werkzeug herstellen - das hat man auch in früheren Spielen getan. Aber gerade die Bastelarbeiten fühlen sich nun sinnvoller an als in früheren Folgen. Schon in Teil 3 und 4 wurden Tiere gejagt und gehäutet, um aus dem Leder absurde Tragetaschen herzustellen. "Primal" wirkt, als wäre die Serie endlich bei sich selbst angekommen. Auch wenn man das Anschleichen im hohen Gras, sorgfältige Angriffsplanung auf feindliche Lager und Chaos, wenn man während dieser Planung plötzlich attackiert wird, so ähnlich bereits in früheren Versionen erlebt hat..

"Primal" konzentriert sich nun endlich auf das Besondere der "Far Cry"-Serie. Weniger Scharmützel, wie sie auch andere Egoshooter inszenieren, mehr Überlebenskampf in einer Welt voller hungriger, riesiger Raubtiere. Mit dem Verzicht auf die Moderne geht wenig verloren. Volle Feuerkraft war in der Serie schon immer die sichere, langweilige Option - jetzt wird sie reduziert. Die Dialoge waren nie besonders inspiriert - jetzt grunzen alle Charaktere in schlichter Ur-Sprache.

far cry

Wilde Steinzeit-Tiere können dem Spieler gefährlich werden.

(Foto: Ubisoft)

Eine Eule, die Bomben wirft? "Das ist natürlich völliger Wahnsinn"

"Primal" hätte ein reduziertes, härteres Proto-Far-Cry werden können. Aber allzu realistisch war die Serie nie. Decant erklärt das mit "einem Hang zur Übertreibung." In den ersten Stunden trifft der Held auf einen benebelten Schamanen, der ihm Zaubertrank einflößt. Nach dem Drogentrip kann er Wölfe zähmen und kommandieren, später auch Bären und Säbelzahntiger. Er kann sein Seelentier, die Eule, als Kundschafter vorausschicken. Der Vogel markiert nicht nur die Standorte aller Gegner auf einer Karte, er kann sie auch mit einem gezielten Sturzflug ausschalten oder primitive Bomben werfen. "Das ist natürlich völliger Wahnsinn", gibt Decant zu. "Aber es macht Spaß."

Decant hat recht. "Primal" macht zumindest anfangs viel Spaß. Gerade beim Angriff auf übermächtige Gruppen von Gegnern sind die gezähmten Raubtiere ein nützliches Mittel. Weil sich mit ihnen die Optionen vervielfältigen, kann jeder Kampf überraschend und anders ablaufen. Aber jede neue Fähigkeit des Spielers nimmt der Welt auch etwas von ihrer Gefahr. Das schadet der Spannung. Warum noch selber kämpfen, wenn man den Säbelzahntiger schicken kann? Mit wachsendem Arsenal aus Waffen und Raubtieren nähert sich "Primal" immer weiter den anderen "Far-Cry-Versionen" an.

Die Ähnlichkeiten werden schon nach wenigen Spielstunden deutlich. Dressierte Tiere gab es zuletzt nicht nur in "Fallout 4", auch in "Far Cry 4" stand dem Spieler mitunter ein "magischer" Tiger zur Seite. Die Eule funktioniert wie eine Aufklärungsdrohne. Und die primitiven Waffen werden immer raffinierter, bis sie Ende doch wieder wie steinzeitliche Schrotflinten und Gewehre wirken. Das fällt schon beim kurzen Anspielen auf. Bleibt abzuwarten, wie deutlich sich "Primal" über die volle Strecke noch von seinen Vorgängern unterscheidet. Jetzt schon entlarvt es aber die beschränkten Funktionen moderner Open-World-Spiele: Jagen und Sammeln, Schleichen und Zuschlagen. So könnte "Primal" am Ende wenigstens als das ehrliche Original dastehen.

"Far Cry Primal" erscheint am 23. Februar für Playstation 4 und Xbox One, am 1. März für PC.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: