Games:Diese Rentner zocken Counter-Strike auf einem Gaming-Festival

Silver Snipers

Die Mitglieder des Counter-Strike-Teams Silver Snipers sind zwischen 62 und 81 Jahre alt.

(Foto: Fotograf Andreas Nilsson AB; Silver Snipers)

Die Mitglieder der Silver Snipers sind zwischen 62 und 81 Jahre alt. Ihre Geschwindigkeitsnachteile wollen sie mit Lebenserfahrung wettmachen.

Von Marvin Strathmann

Der Schwede Öivind Toverud 75 ist Jahre alt, spielt Golf, wettet bei Pferderennen und geht gerne Skilanglaufen. Und wenn Toverud den Taktik-Shooter Counter-Strike: Global Offensive (CS:GO) startet, dann spielt er nach dem Motto "Lebe. Lache. Liebe. Und töte Terroristen". Außerdem heißt er im Spiel nicht mehr Öivind Toverud, sondern "Windy".

Er gehört zu den Silver Snipers, dem wohl ältesten CS:GO-Team der Welt. Die fünf Mitglieder sind zwischen 62 und 81 Jahre alt und haben sich dafür Namen wie "Knitting Knight" oder "Teen Slayer" gegeben. Trainiert werden die Rentner vom ehemaligen schwedischen Top-Spieler Tommy Ingemarsson, der auch unter dem Namen Potti bekannt ist. Ingemarsson gehörte Anfang der 2000er Jahre zu den besten Counter-Strike-Spielern weltweit.

Counter-Strike als E-Sport-Disziplin

Im Taktik-Shooter Counter-Strike: Global Offensive (CS:GO) kämpfen zwei Teams mit je fünf Spielern gegeneinander - die einen als Terroristen, die anderen als Antiterroreinheit. Während eines Spiels tauschen beide Teams mehrfach die Rollen. Ausgetragen werden die Kämpfe aus sogenannten Karten, begrenzte Spielfelder mit Kisten, Stufen, Vorsprüngen, um sich dahinter zu verstecken. Die Terroristen müssen eine Bombe an einer von zwei Stellen auf der Karte legen, die Counter-Terroristen müssen dies verhindern oder den Sprengsatz rechtzeitig entschärfen.

Dabei stehen im E-Sport Gewalt und virtuelles Töten weniger im Vordergrund. Für professionelle Spieler ist neben Reaktionsschnelligkeit und Präzision das taktische Verständnis des Spiels entscheidend. Die Teams trainieren täglich und studieren sekundengenau getimte Spielzüge ein.

Die Silver Snipers wurden vor knapp einem Monat von einem PC-Hersteller zusammengestellt. Auch Toverud wurde gecastet: "Bis vor ein paar Wochen habe ich noch nie Counter Strike gespielt", sagt der 75-Jährige. "Tatsächlich habe ich noch nie ein Computerspiel gespielt." Zu den Silver Snipern sei er über eine schwedische Webseite gekommen, die unter anderem Komparsen für Filme und Serien sucht - wie die anderen vier Mitglieder.

Die Silver Snipers treten gegen Besucher an

Das Team ist also eher für Werbezwecke gedacht, aber Toverud hat trotzdem Freude an dem Spiel. "Es macht sehr viel Spaß. Und es ist schön zu sehen, wie man mit jeder Trainingseinheit besser und besser wird. Wir haben mit Tommy Ingemarsson einen tollen Trainer, schließlich ist er mehrfacher Champion."

Die Silver Snipers treten auf dem Games-Festival Dreamhack an, das am Freitag im schwedischen Jönköping begonnen hat. Bis Montag finden dort E-Sport-Turniere, Konzerte und eine Messe statt. Wer seinen eigenen PC mitbringt, kann außerdem gegen andere Gamer zocken. Die Rentner-Truppe spielt einige Show-Matches gegen Besucher des Festivals. Ob sie auch gegen professionelle Teams antreten werden, konnte Toverud nicht sagen.

Öivind Toverud

Öivind "Windy" Toverud

(Foto: Fotograf Andreas Nilsson AB; Silver Snipers)

2010 ging Toverud in Rente. Davor hat er im öffentlichen Dienst gearbeitet und sich um Endlagerstätten für Atommüll gekümmert. Seine Frau freut sich eher nicht über sein neues Hobby: "Meine Frau mag es nicht, dass ich Counter-Strike spiele. Sie sagt: 'Du hast noch nie vorher Computerspiele gespielt, warum jetzt?' Aber meine Tochter unterstützt mich dabei." Seine Enkel seien aber noch etwas zu jung für Counter-Strike, sagt Toverud. Der Shooter ist in Deutschland erst ab 16 Jahren.

"Ich möchte in den nächsten Tagen Spaß haben"

Er spielt nur, wenn er sich mit seinen Teammitgliedern trifft, nicht Zuhause. Im letzten Monat haben sich die Silver Sniper drei Mal getroffen. Viele Spiele wird das Team auf dem Dreamhack-Festival vermutlich nicht für sich entscheiden können, denn wer bei CS:GO erfolgreich sein will, braucht gute Reflexe und eine schnelle Reaktionszeit. Die meisten Profi-Gamer sind in ihren 20ern und trainieren mehrere Stunden täglich. Dagegen kommen die fünf Silver Snipers nur auf jeweils 50 bis 70 Stunden Spielzeit insgesamt, laut der Webseite des Sponsors. Das ist nicht gerade viel, aber damit übertrumpfen sie wohl viele Gleichaltrige.

Toverud ist im Team der Ingame-Leader, der die Strategie vorgibt. Er hofft, dass die Silver Snipers mit einer guten Taktik die Gegner überraschen können: "Andere Spieler mögen jünger und schneller sein, aber wir haben sehr viel mehr Lebenserfahrung. Beispielsweise haben einige Männer im Team militärische Erfahrung." Ob Toverud nach dem Dreamhack-Festival weiter Counter-Strike spielen wird, weiß er noch nicht. "Ich möchte in den nächsten Tagen Spaß haben und dann sehen wir, ob ich weiter spiele."

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